III. subst. uneig. comp. -- subst. mit subst. gen.
zwischen eigentlicher und uneigentlicher zus. setzung bis auf den heutigen tag fort. Mit verkennung jeder dersel- ben sind erst neulich unbefugte, hoffentlich erfolglose angriffe gegen das genitivische -s gerichtet worden, ein- gebildetem wohllaut *) zu gefallen sollte es aus den mei- sten compositis getilgt werden. Von so kränklicher an- sicht der lebenden sprache wißen sich unsere nachbarn frei zu halten; keinem Holländer oder Dänen wird es einfallen, sein konings-zon, vaurs-nod in koning-zon, vaur- nod, sein ilds-noed in ild-noed zu verderben, und com- posita wie heims-skaut, hirdis-skreppa haben bei Biörn nicht das geringste bedenken.
5) daß bei uneigentlicher composition das zweite wort nicht abstract werden könne, ist bereits s. 544. angemerkt. Wenn daher Beov. 154. sveordes had und im c. p. 113, 33b 114, 189b (prosa, gegen die mitte des 14. jh.) gotis heit (neben seines heit und irs heit) gebraucht wird; so hat hier had, heit die volle, lebendige bedeutung von ordo, status und ist mit den vorausstehenden genitiven gar nicht zus. gesetzt. Bei den im plattd. nnl. und schwed. hänfigen, mit -son (filius) gebildeten mannsnamen, z. b. stephans-son, stephen-sen, hermans-son, herman-sen, büßt zwar das zweite wort vocal oder betonung ein, nicht aber seine bedeutung. Wirkliche unbegreifliche ausnahme scheint inzwischen das ahd. kisintin-scaf (comitatus) ker. 251.
II. zus. setzung mit dem accusativ?
Bei oberflächlicher betrachtung ist man leicht darauf ge- rathen, das erste wort vieler composita, deren zweites aus activen, den acc. regierenden verbis herstammt, wirklich für diesen casus zu halten. Namentlich kommen die (cap. VI. weiter verhandelten) schwachen masc. und fem. in betracht, denen, ohne zwischentritt einer ableitung (zuweilen mit ableitenden i) verba zu grunde liegen, die
*) allgemeine regeln über sprachwohllaut sind ein unding; wie viel ihm im deutschen verstattet werden darf, sollte ordentlich untersucht werden. Uns geht nun einmahl das bedeutsame über das gefallige; wie ganz anders verfahren ist unsre sprache z. b. mit ihrem artikelpronomen, als die ital. oder französische. Diese sind durch ihre ausbildung weicher geworden, die deutsche, je weiter sie vorrückte, hat von ihren älteren vollen tönen fahren laßen. Bei bildung aller sprachen bewährt sich aber ein wunder- bares gesetz des wohllauts in unendlicher verschiedenheit, ein ca- pital, das keine für die ganze dauer ihres lebens auszehrt.
III. ſubſt. uneig. comp. — ſubſt. mit ſubſt. gen.
zwiſchen eigentlicher und uneigentlicher zuſ. ſetzung bis auf den heutigen tag fort. Mit verkennung jeder derſel- ben ſind erſt neulich unbefugte, hoffentlich erfolgloſe angriffe gegen das genitiviſche -s gerichtet worden, ein- gebildetem wohllaut *) zu gefallen ſollte es aus den mei- ſten compoſitis getilgt werden. Von ſo kränklicher an- ſicht der lebenden ſprache wißen ſich unſere nachbarn frei zu halten; keinem Holländer oder Dänen wird es einfallen, ſein konings-zôn, vûrs-nôd in koning-zôn, vûr- nôd, ſein ilds-nœd in ild-nœd zu verderben, und com- poſita wie heims-ſkaut, hirdis-ſkreppa haben bei Biörn nicht das geringſte bedenken.
5) daß bei uneigentlicher compoſition das zweite wort nicht abſtract werden könne, iſt bereits ſ. 544. angemerkt. Wenn daher Beov. 154. ſvëordes hâd und im c. p. 113, 33b 114, 189b (proſa, gegen die mitte des 14. jh.) gotis heit (neben ſînes heit und irs heit) gebraucht wird; ſo hat hier hâd, heit die volle, lebendige bedeutung von ordo, ſtatus und iſt mit den vorausſtehenden genitiven gar nicht zuſ. geſetzt. Bei den im plattd. nnl. und ſchwed. hänfigen, mit -ſon (filius) gebildeten mannsnamen, z. b. ſtephans-ſon, ſtephen-ſen, hermans-ſon, herman-ſen, büßt zwar das zweite wort vocal oder betonung ein, nicht aber ſeine bedeutung. Wirkliche unbegreifliche ausnahme ſcheint inzwiſchen das ahd. kiſintin-ſcaf (comitatus) ker. 251.
II. zuſ. ſetzung mit dem accuſativ?
Bei oberflächlicher betrachtung iſt man leicht darauf ge- rathen, das erſte wort vieler compoſita, deren zweites aus activen, den acc. regierenden verbis herſtammt, wirklich für dieſen caſus zu halten. Namentlich kommen die (cap. VI. weiter verhandelten) ſchwachen maſc. und fem. in betracht, denen, ohne zwiſchentritt einer ableitung (zuweilen mit ableitenden i) verba zu grunde liegen, die
*) allgemeine regeln über ſprachwohllaut ſind ein unding; wie viel ihm im deutſchen verſtattet werden darf, ſollte ordentlich unterſucht werden. Uns geht nun einmahl das bedeutſame über das gefallige; wie ganz anders verfahren iſt unſre ſprache z. b. mit ihrem artikelpronomen, als die ital. oder franzöſiſche. Dieſe ſind durch ihre ausbildung weicher geworden, die deutſche, je weiter ſie vorrückte, hat von ihren älteren vollen tönen fahren laßen. Bei bildung aller ſprachen bewährt ſich aber ein wunder- bares geſetz des wohllauts in unendlicher verſchiedenheit, ein ca- pital, das keine für die ganze dauer ihres lebens auszehrt.
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zwiſchen eigentlicher und uneigentlicher zuſ. ſetzung bis
auf den heutigen tag fort. Mit verkennung jeder derſel-
ben ſind erſt neulich unbefugte, hoffentlich erfolgloſe
angriffe gegen das genitiviſche -s gerichtet worden, ein-
gebildetem wohllaut *) zu gefallen ſollte es aus den mei-
ſten compoſitis getilgt werden. Von ſo kränklicher an-
ſicht der lebenden ſprache wißen ſich unſere nachbarn
frei zu halten; keinem Holländer oder Dänen wird es
einfallen, ſein konings-zôn, vûrs-nôd in koning-zôn, vûr-
nôd, ſein ilds-nœd in ild-nœd zu verderben, und com-
poſita wie heims-ſkaut, hirdis-ſkreppa haben bei Biörn
nicht das geringſte bedenken.
5) daß bei uneigentlicher compoſition das zweite wort
nicht abſtract werden könne, iſt bereits ſ. 544. angemerkt.
Wenn daher Beov. 154. ſvëordes hâd und im c. p. 113,
33b 114, 189b (proſa, gegen die mitte des 14. jh.) gotis
heit (neben ſînes heit und irs heit) gebraucht wird; ſo
hat hier hâd, heit die volle, lebendige bedeutung von
ordo, ſtatus und iſt mit den vorausſtehenden genitiven
gar nicht zuſ. geſetzt. Bei den im plattd. nnl. und ſchwed.
hänfigen, mit -ſon (filius) gebildeten mannsnamen, z. b.
ſtephans-ſon, ſtephen-ſen, hermans-ſon, herman-ſen, büßt
zwar das zweite wort vocal oder betonung ein, nicht
aber ſeine bedeutung. Wirkliche unbegreifliche ausnahme
ſcheint inzwiſchen das ahd. kiſintin-ſcaf (comitatus) ker. 251.
II. zuſ. ſetzung mit dem accuſativ?
Bei oberflächlicher betrachtung iſt man leicht darauf ge-
rathen, das erſte wort vieler compoſita, deren zweites aus
activen, den acc. regierenden verbis herſtammt, wirklich
für dieſen caſus zu halten. Namentlich kommen die
(cap. VI. weiter verhandelten) ſchwachen maſc. und fem.
in betracht, denen, ohne zwiſchentritt einer ableitung
(zuweilen mit ableitenden i) verba zu grunde liegen, die
*) allgemeine regeln über ſprachwohllaut ſind ein unding; wie
viel ihm im deutſchen verſtattet werden darf, ſollte ordentlich
unterſucht werden. Uns geht nun einmahl das bedeutſame über
das gefallige; wie ganz anders verfahren iſt unſre ſprache z. b.
mit ihrem artikelpronomen, als die ital. oder franzöſiſche. Dieſe
ſind durch ihre ausbildung weicher geworden, die deutſche, je
weiter ſie vorrückte, hat von ihren älteren vollen tönen fahren
laßen. Bei bildung aller ſprachen bewährt ſich aber ein wunder-
bares geſetz des wohllauts in unendlicher verſchiedenheit, ein ca-
pital, das keine für die ganze dauer ihres lebens auszehrt.
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 616. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/634>, abgerufen am 22.11.2024.
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