Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.III. partikelcomposition. -- part. mit nom. pi-fanc, bi-fang (ambitus, septum, ager limitibus concep-tus) trad. fuld. 1, 33, 55. 2, 45. 164. 182; pi-fleoß (sirtes, fretum) ker. 133. 142. 248; pi-wan (suspicio) mons. 408. vgl. mhd. be-waenen; pi-werf (jactura) ker. 169; pi-we- rah (dives) ker. 87. (oder uncomponiert: pei werah, der bei werke, ope, ist?); pi-zaun oder pi-zauni (sepimentum) gefolgert aus bizumia (l. bizunia) trad. fuld. 1, 81. Nicht hierher zähle ich pi-ladi (exemplum), sondern nehme pil- adi an (s. 237. 238.). Viele der angeführten zus. setzun- gen können allerdings aus bestehenden und geläufigen ver- bis (pi-piotan, pi-liuhhan, pi-duincan, pi-smeißan, pi-si- zan etc.) bloß abgeleitet sein, welches sich, ohne sicher- heit über den accent, nicht entscheiden läßt und warum soll in pi-fanc, pi-heiß die partikel weniger zu dem subst. fanc, heiß treten dürfen, als in ana-fanc, ant-fanc, ant- heiß? Dazu lautet auch das verbum nicht pi-fankan, sondern pi-sahan und es gibt kein starkes ahd. pi-heißan, nur ein erst aus dem subst. pi-heiß derivierendes schwa- ches pi-heißon, obgleich die ags. mundart ein starkes be-haetan kennt. Bildungen hingegen wie pi-halsida pi-suihhida, pi-smißanei etc. stammen unbedenklich aus verbis und gehören nicht hierher. -- alts. bi-tenge (gra- vis, molestus) ahd. gi-zengi, ags. getenge. -- ags. zeigt sich 1) eine der ahd. verlängerung des pi in pei ähnliche erscheinung: bi wird zu big (vgl. 1, 261.) wenn es prope bedeutet, wahrscheinlich gieng dieser schreibung ein älte- res ei vorher, Beov. findet sich nur einmahl big- in big- stodon 226. (ahd. pei-stuontun). Hierher gehören folgende nomina: bei-cvide, big-cvide (proverbium): bei-gerdel (saccus); bei-hydig, big-hydig (sollicitus); bei-leofa, big- leofa (victus); bei-säc (pera, bei-sack, franz. besace, ital. bisaccia); bei-spell, big-spell (fabula); big-vist (alimen- tum); bei-vord, big-vord (proverbium). 2) für die allge- meinere, vagere bedeutung gilt be- (= be), zuweilen noch bi- geschrieben: be-bod (mandatum) Beov. 132; be-cyme (eventus); be-gong (cultus, opus) Beov. 29. 114. 134. be-ganga (incola); be-hat (votum); be-hefe (neces- sarius, be-hufig); be-svic (fraus). -- altn. gebricht diese part. überhaupt, sowohl allein stehend als in der compo- sition, das vorkommende beilaeti bestätigt daher meine ansicht des ahd. piladi. Alle zus. setzungen mit be- im schwed. und dän. sind aus dem hochd. entlehnt. Dafür ist den nord. sprachen die partikel hia, hos eigen, welche das bei- (prope), nicht aber das be- ausdrückt. -- mhd. 1) betontes bei- wie im ahd.: bei-gürtel (marsupium) w. III. partikelcompoſition. — part. mit nom. pi-fanc, bi-fang (ambitus, ſeptum, ager limitibus concep-tus) trad. fuld. 1, 33, 55. 2, 45. 164. 182; pi-flëoƷ (ſirtes, fretum) ker. 133. 142. 248; pi-wân (ſuſpicio) monſ. 408. vgl. mhd. be-wænen; pi-wërf (jactura) ker. 169; pi-wë- rah (dives) ker. 87. (oder uncomponiert: pî wërah, der bei werke, ope, iſt?); pi-zûn oder pi-zûni (ſepimentum) gefolgert aus bizumia (l. bizunia) trad. fuld. 1, 81. Nicht hierher zähle ich pi-ladi (exemplum), ſondern nehme pil- adi an (ſ. 237. 238.). Viele der angeführten zuſ. ſetzun- gen können allerdings aus beſtehenden und geläufigen ver- bis (pi-piotan, pi-liuhhan, pi-duincan, pi-ſmîƷan, pi-ſi- zan etc.) bloß abgeleitet ſein, welches ſich, ohne ſicher- heit über den accent, nicht entſcheiden läßt und warum ſoll in pi-fanc, pi-heiƷ die partikel weniger zu dem ſubſt. fanc, heiƷ treten dürfen, als in ana-fanc, ant-fanc, ant- heiƷ? Dazu lautet auch das verbum nicht pi-fankan, ſondern pi-ſâhan und es gibt kein ſtarkes ahd. pi-heiƷan, nur ein erſt aus dem ſubſt. pi-heiƷ derivierendes ſchwa- ches pi-heiƷôn, obgleich die agſ. mundart ein ſtarkes be-hætan kennt. Bildungen hingegen wie pi-halſida pi-ſuihhida, pi-ſmiƷanî etc. ſtammen unbedenklich aus verbis und gehören nicht hierher. — altſ. bi-tenge (gra- vis, moleſtus) ahd. gi-zengi, agſ. getenge. — agſ. zeigt ſich 1) eine der ahd. verlängerung des pi in pî ähnliche erſcheinung: bi wird zu big (vgl. 1, 261.) wenn es prope bedeutet, wahrſcheinlich gieng dieſer ſchreibung ein älte- res î vorher, Beov. findet ſich nur einmahl big- in big- ſtôdon 226. (ahd. pî-ſtuontun). Hierher gehören folgende nomina: bî-cvide, big-cvide (proverbium): bî-gërdel (ſaccus); bî-hŷdig, big-hŷdig (ſollicitus); bî-lëofa, big- lëofa (victus); bî-ſäc (pera, bei-ſack, franz. beſace, ital. biſaccia); bî-ſpëll, big-ſpëll (fabula); big-viſt (alimen- tum); bî-vord, big-vord (proverbium). 2) für die allge- meinere, vagere bedeutung gilt be- (= bë), zuweilen noch bi- geſchrieben: be-bod (mandatum) Beov. 132; be-cyme (eventus); be-gong (cultus, opus) Beov. 29. 114. 134. be-ganga (incola); be-hât (votum); be-hêfe (neceſ- ſarius, be-hufig); be-ſvic (fraus). — altn. gebricht dieſe part. überhaupt, ſowohl allein ſtehend als in der compo- ſition, das vorkommende bîlæti beſtätigt daher meine anſicht des ahd. piladi. Alle zuſ. ſetzungen mit be- im ſchwed. und dän. ſind aus dem hochd. entlehnt. Dafür iſt den nord. ſprachen die partikel hiâ, hos eigen, welche das bî- (prope), nicht aber das be- ausdrückt. — mhd. 1) betontes bî- wie im ahd.: bî-gürtel (marſupium) w. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0738" n="720"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">III. <hi rendition="#i">partikelcompoſition. — part. mit nom.</hi></hi></fw><lb/> pi-fanc, bi-fang (ambitus, ſeptum, ager limitibus concep-<lb/> tus) trad. fuld. 1, 33, 55. 2, 45. 164. 182; pi-flëoƷ (ſirtes,<lb/> fretum) ker. 133. 142. 248; pi-wân (ſuſpicio) monſ. 408.<lb/> vgl. mhd. be-wænen; pi-wërf (jactura) ker. 169; pi-wë-<lb/> rah (dives) ker. 87. (oder uncomponiert: pî wërah, der<lb/> bei werke, ope, iſt?); pi-zûn oder pi-zûni (ſepimentum)<lb/> gefolgert aus bizumia (l. bizunia) trad. fuld. 1, 81. Nicht<lb/> hierher zähle ich pi-ladi (exemplum), ſondern nehme pil-<lb/> adi an (ſ. 237. 238.). Viele der angeführten zuſ. ſetzun-<lb/> gen <hi rendition="#i">können</hi> allerdings aus beſtehenden und geläufigen ver-<lb/> bis (pi-piotan, pi-liuhhan, pi-duincan, pi-ſmîƷan, pi-ſi-<lb/> zan etc.) bloß abgeleitet ſein, welches ſich, ohne ſicher-<lb/> heit über den accent, nicht entſcheiden läßt und warum<lb/> ſoll in pi-fanc, pi-heiƷ die partikel weniger zu dem ſubſt.<lb/> fanc, heiƷ treten dürfen, als in ana-fanc, ant-fanc, ant-<lb/> heiƷ? Dazu lautet auch das verbum nicht pi-fankan,<lb/> ſondern pi-ſâhan und es gibt kein ſtarkes ahd. pi-heiƷan,<lb/> nur ein erſt aus dem ſubſt. pi-heiƷ derivierendes ſchwa-<lb/> ches pi-heiƷôn, obgleich die agſ. mundart ein ſtarkes<lb/> be-hætan kennt. Bildungen hingegen wie pi-halſida<lb/> pi-ſuihhida, pi-ſmiƷanî etc. ſtammen unbedenklich aus<lb/> verbis und gehören nicht hierher. — altſ. bi-tenge (gra-<lb/> vis, moleſtus) ahd. gi-zengi, agſ. getenge. — agſ. zeigt<lb/> ſich 1) eine der ahd. verlängerung des pi in pî ähnliche<lb/> erſcheinung: bi wird zu big (vgl. 1, 261.) wenn es prope<lb/> bedeutet, wahrſcheinlich gieng dieſer ſchreibung ein älte-<lb/> res î vorher, Beov. findet ſich nur einmahl big- in big-<lb/> ſtôdon 226. (ahd. pî-ſtuontun). Hierher gehören folgende<lb/> nomina: bî-cvide, big-cvide (proverbium): bî-gërdel<lb/> (ſaccus); bî-hŷdig, big-hŷdig (ſollicitus); bî-lëofa, big-<lb/> lëofa (victus); bî-ſäc (pera, bei-ſack, franz. beſace, ital.<lb/> biſaccia); bî-ſpëll, big-ſpëll (fabula); big-viſt (alimen-<lb/> tum); bî-vord, big-vord (proverbium). 2) für die allge-<lb/> meinere, vagere bedeutung gilt be- (= bë), zuweilen<lb/> noch bi- geſchrieben: be-bod (mandatum) Beov. 132;<lb/> be-cyme (eventus); be-gong (cultus, opus) Beov. 29. 114.<lb/> 134. be-ganga (incola); be-hât (votum); be-hêfe (neceſ-<lb/> ſarius, be-hufig); be-ſvic (fraus). — altn. gebricht dieſe<lb/> part. überhaupt, ſowohl allein ſtehend als in der compo-<lb/> ſition, das vorkommende bîlæti beſtätigt daher meine<lb/> anſicht des ahd. piladi. Alle zuſ. ſetzungen mit be- im<lb/> ſchwed. und dän. ſind aus dem hochd. entlehnt. Dafür<lb/> iſt den nord. ſprachen die partikel hiâ, hos eigen, welche<lb/> das bî- (prope), nicht aber das be- ausdrückt. — mhd.<lb/> 1) betontes bî- wie im ahd.: bî-gürtel (marſupium) w.<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [720/0738]
III. partikelcompoſition. — part. mit nom.
pi-fanc, bi-fang (ambitus, ſeptum, ager limitibus concep-
tus) trad. fuld. 1, 33, 55. 2, 45. 164. 182; pi-flëoƷ (ſirtes,
fretum) ker. 133. 142. 248; pi-wân (ſuſpicio) monſ. 408.
vgl. mhd. be-wænen; pi-wërf (jactura) ker. 169; pi-wë-
rah (dives) ker. 87. (oder uncomponiert: pî wërah, der
bei werke, ope, iſt?); pi-zûn oder pi-zûni (ſepimentum)
gefolgert aus bizumia (l. bizunia) trad. fuld. 1, 81. Nicht
hierher zähle ich pi-ladi (exemplum), ſondern nehme pil-
adi an (ſ. 237. 238.). Viele der angeführten zuſ. ſetzun-
gen können allerdings aus beſtehenden und geläufigen ver-
bis (pi-piotan, pi-liuhhan, pi-duincan, pi-ſmîƷan, pi-ſi-
zan etc.) bloß abgeleitet ſein, welches ſich, ohne ſicher-
heit über den accent, nicht entſcheiden läßt und warum
ſoll in pi-fanc, pi-heiƷ die partikel weniger zu dem ſubſt.
fanc, heiƷ treten dürfen, als in ana-fanc, ant-fanc, ant-
heiƷ? Dazu lautet auch das verbum nicht pi-fankan,
ſondern pi-ſâhan und es gibt kein ſtarkes ahd. pi-heiƷan,
nur ein erſt aus dem ſubſt. pi-heiƷ derivierendes ſchwa-
ches pi-heiƷôn, obgleich die agſ. mundart ein ſtarkes
be-hætan kennt. Bildungen hingegen wie pi-halſida
pi-ſuihhida, pi-ſmiƷanî etc. ſtammen unbedenklich aus
verbis und gehören nicht hierher. — altſ. bi-tenge (gra-
vis, moleſtus) ahd. gi-zengi, agſ. getenge. — agſ. zeigt
ſich 1) eine der ahd. verlängerung des pi in pî ähnliche
erſcheinung: bi wird zu big (vgl. 1, 261.) wenn es prope
bedeutet, wahrſcheinlich gieng dieſer ſchreibung ein älte-
res î vorher, Beov. findet ſich nur einmahl big- in big-
ſtôdon 226. (ahd. pî-ſtuontun). Hierher gehören folgende
nomina: bî-cvide, big-cvide (proverbium): bî-gërdel
(ſaccus); bî-hŷdig, big-hŷdig (ſollicitus); bî-lëofa, big-
lëofa (victus); bî-ſäc (pera, bei-ſack, franz. beſace, ital.
biſaccia); bî-ſpëll, big-ſpëll (fabula); big-viſt (alimen-
tum); bî-vord, big-vord (proverbium). 2) für die allge-
meinere, vagere bedeutung gilt be- (= bë), zuweilen
noch bi- geſchrieben: be-bod (mandatum) Beov. 132;
be-cyme (eventus); be-gong (cultus, opus) Beov. 29. 114.
134. be-ganga (incola); be-hât (votum); be-hêfe (neceſ-
ſarius, be-hufig); be-ſvic (fraus). — altn. gebricht dieſe
part. überhaupt, ſowohl allein ſtehend als in der compo-
ſition, das vorkommende bîlæti beſtätigt daher meine
anſicht des ahd. piladi. Alle zuſ. ſetzungen mit be- im
ſchwed. und dän. ſind aus dem hochd. entlehnt. Dafür
iſt den nord. ſprachen die partikel hiâ, hos eigen, welche
das bî- (prope), nicht aber das be- ausdrückt. — mhd.
1) betontes bî- wie im ahd.: bî-gürtel (marſupium) w.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |