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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. partikelcomposition. -- part. mit nom.
(abundantia) ker. 25. g-nuht (luxus) N. Cap. 77; ka-pu-
luht (ira) hymn. gi-buliht T. 13, 13. 21, 8; ka-purt (na-
tura) mons. 410. gi-burt O. II. 3, 17; ca-scaft (alimentum)
ker. 31. ki-scaft (conditio) ker. 71; ki-sciht; ki-siht (aspec-
tus) mons. 319. gi-siht O. IV. 5, 78; ca-spanst (suggestio)
doc. 204b; ki-swulst (livor) mons. 332. 352. 365; ki-tat
(actus) K.; ca-turst (audacia) doc. 204b hrab. 964a; ki-
waht (opinio) jun. 241. mons. 371. gi-waht (memoria) O.
I. 23, 35. N. Boeth. 98; ki-wahst (statura, pubertas) jun.
221. mons. 403. W. 7, 7; ki-wurht (figmentum) jun. 207;
ki-zumft (convenientia). Ags. ge-byrd (nativitas, origo);
ge-cynd (natura, generatio); ge-hyht (refugium, spes)
urspr. wohl eins mit ge-hygd (cogitatio) Cädm. 76. 98;
ge-mynd (mens); ge-nyht (abundantia); ge-siht (visus).
Mhd. ge-burt; ge-dult; ge-nist Parc. 139c un-ge-nist MS.
2, 255b; ge-nuht troj. 13c Ben. 175. 180; ge-schiht; ge-
siht; ge-tat Wigal. Barl. Nhd. ge-burt; ge-dult; ge-
schichte; ge-sicht. Alle diese fem. haben zwar sichtbaren
zus. hang mit verbis, können aber, weil auch die einfa-
chen maht, tat etc. gelten, die part. erst angenommen
haben, nachdem die subst. bildung vollbracht war. Vgl.
die ähnlichen zus. setzungen mit andern partikeln pi-huct
K. 40a, in-huct, ana-purt, ana-siht, fora-siht etc. -- 5)
noch verbaler sind neutra mit der partikel und der ab-
leitung -i, denen sich kein subst. als unterlage nachwei-
sen läßt, und die unmittelbar aus schwachen verbis er-
wachsen. Sie unterscheiden sich daher von den neutris
unter 3, welche zwar auch mit der ableitung -i, aber aus
subst. gebildet werden und einen collectivbegriff haben,
so wie von den neutris unter 2, welche aus starken ver-
bis und ohne ableitenden vocal gebildet werden. Gleich-
wohl sind sie nicht als composita aus den schwachen ver-
bis hergeleitet, sondern die partikel scheint erst im augen-
blick ihrer formation hinzuzutreten und ihnen wesentlich,
sie steht in der mitte zwischen dem stärkern collectiv- und
dem schwächern verbalbegriff. Einzelne entsprechende
schwache verba können freilich auch mit dem gi- verse-
hen sein, z. b. gi-horan, gi-losan, aber dann scheint es in
dem subst. etwas mehr nachdruck zu gewinnen. Diese
composita zeigen sich in der alten sprache sparsam, in
der neuen häufig, während die unter 2. genaunten früher
oft und heute selten vorkommen. Ein goth. beispiel kenne
ich gar nicht (? ga-vairthi, pax), und einige ahd. sind zweifel-
haft: gi-chosi (tractatus, eloquium) mons. 375. 377. 381. ge-
chose N. 17, 31. 100, 5. leite ich von choson (loqui); gi-posi

III. partikelcompoſition. — part. mit nom.
(abundantia) ker. 25. g-nuht (luxus) N. Cap. 77; ka-pu-
luht (ira) hymn. gi-buliht T. 13, 13. 21, 8; ka-purt (na-
tura) monſ. 410. gi-burt O. II. 3, 17; ca-ſcaft (alimentum)
ker. 31. ki-ſcaft (conditio) ker. 71; ki-ſciht; ki-ſiht (aſpec-
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(actus) K.; ca-turſt (audacia) doc. 204b hrab. 964a; ki-
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I. 23, 35. N. Boeth. 98; ki-wahſt (ſtatura, pubertas) jun.
221. monſ. 403. W. 7, 7; ki-wurht (figmentum) jun. 207;
ki-zumft (convenientia). Agſ. ge-byrd (nativitas, origo);
ge-cynd (natura, generatio); ge-hyht (refugium, ſpes)
urſpr. wohl eins mit ge-hygd (cogitatio) Cädm. 76. 98;
ge-mynd (mens); ge-nyht (abundantia); ge-ſiht (viſus).
Mhd. ge-burt; ge-dult; ge-niſt Parc. 139c un-ge-niſt MS.
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ſchichte; ge-ſicht. Alle dieſe fem. haben zwar ſichtbaren
zuſ. hang mit verbis, können aber, weil auch die einfa-
chen maht, tât etc. gelten, die part. erſt angenommen
haben, nachdem die ſubſt. bildung vollbracht war. Vgl.
die ähnlichen zuſ. ſetzungen mit andern partikeln pi-huct
K. 40a, in-huct, ana-purt, ana-ſiht, fora-ſiht etc. — 5)
noch verbaler ſind neutra mit der partikel und der ab-
leitung -i, denen ſich kein ſubſt. als unterlage nachwei-
ſen läßt, und die unmittelbar aus ſchwachen verbis er-
wachſen. Sie unterſcheiden ſich daher von den neutris
unter 3, welche zwar auch mit der ableitung -i, aber aus
ſubſt. gebildet werden und einen collectivbegriff haben,
ſo wie von den neutris unter 2, welche aus ſtarken ver-
bis und ohne ableitenden vocal gebildet werden. Gleich-
wohl ſind ſie nicht als compoſita aus den ſchwachen ver-
bis hergeleitet, ſondern die partikel ſcheint erſt im augen-
blick ihrer formation hinzuzutreten und ihnen weſentlich,
ſie ſteht in der mitte zwiſchen dem ſtärkern collectiv- und
dem ſchwächern verbalbegriff. Einzelne entſprechende
ſchwache verba können freilich auch mit dem gi- verſe-
hen ſein, z. b. gi-hôran, gi-lôſan, aber dann ſcheint es in
dem ſubſt. etwas mehr nachdruck zu gewinnen. Dieſe
compoſita zeigen ſich in der alten ſprache ſparſam, in
der neuen häufig, während die unter 2. genaunten früher
oft und heute ſelten vorkommen. Ein goth. beiſpiel kenne
ich gar nicht (? ga-vaírþi, pax), und einige ahd. ſind zweifel-
haft: gi-chôſi (tractatus, eloquium) monſ. 375. 377. 381. ge-
chôſe N. 17, 31. 100, 5. leite ich von chôſôn (loqui); gi-pôſi

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[743/0761] III. partikelcompoſition. — part. mit nom. (abundantia) ker. 25. g-nuht (luxus) N. Cap. 77; ka-pu- luht (ira) hymn. gi-buliht T. 13, 13. 21, 8; ka-purt (na- tura) monſ. 410. gi-burt O. II. 3, 17; ca-ſcaft (alimentum) ker. 31. ki-ſcaft (conditio) ker. 71; ki-ſciht; ki-ſiht (aſpec- tus) monſ. 319. gi-ſiht O. IV. 5, 78; ca-ſpanſt (ſuggeſtio) doc. 204b; ki-ſwulſt (livor) monſ. 332. 352. 365; ki-tât (actus) K.; ca-turſt (audacia) doc. 204b hrab. 964a; ki- waht (opinio) jun. 241. monſ. 371. gi-waht (memoria) O. I. 23, 35. N. Boeth. 98; ki-wahſt (ſtatura, pubertas) jun. 221. monſ. 403. W. 7, 7; ki-wurht (figmentum) jun. 207; ki-zumft (convenientia). Agſ. ge-byrd (nativitas, origo); ge-cynd (natura, generatio); ge-hyht (refugium, ſpes) urſpr. wohl eins mit ge-hygd (cogitatio) Cädm. 76. 98; ge-mynd (mens); ge-nyht (abundantia); ge-ſiht (viſus). Mhd. ge-burt; ge-dult; ge-niſt Parc. 139c un-ge-niſt MS. 2, 255b; ge-nuht troj. 13c Ben. 175. 180; ge-ſchiht; ge- ſiht; ge-tât Wigal. Barl. Nhd. ge-burt; ge-dult; ge- ſchichte; ge-ſicht. Alle dieſe fem. haben zwar ſichtbaren zuſ. hang mit verbis, können aber, weil auch die einfa- chen maht, tât etc. gelten, die part. erſt angenommen haben, nachdem die ſubſt. bildung vollbracht war. Vgl. die ähnlichen zuſ. ſetzungen mit andern partikeln pi-huct K. 40a, in-huct, ana-purt, ana-ſiht, fora-ſiht etc. — 5) noch verbaler ſind neutra mit der partikel und der ab- leitung -i, denen ſich kein ſubſt. als unterlage nachwei- ſen läßt, und die unmittelbar aus ſchwachen verbis er- wachſen. Sie unterſcheiden ſich daher von den neutris unter 3, welche zwar auch mit der ableitung -i, aber aus ſubſt. gebildet werden und einen collectivbegriff haben, ſo wie von den neutris unter 2, welche aus ſtarken ver- bis und ohne ableitenden vocal gebildet werden. Gleich- wohl ſind ſie nicht als compoſita aus den ſchwachen ver- bis hergeleitet, ſondern die partikel ſcheint erſt im augen- blick ihrer formation hinzuzutreten und ihnen weſentlich, ſie ſteht in der mitte zwiſchen dem ſtärkern collectiv- und dem ſchwächern verbalbegriff. Einzelne entſprechende ſchwache verba können freilich auch mit dem gi- verſe- hen ſein, z. b. gi-hôran, gi-lôſan, aber dann ſcheint es in dem ſubſt. etwas mehr nachdruck zu gewinnen. Dieſe compoſita zeigen ſich in der alten ſprache ſparſam, in der neuen häufig, während die unter 2. genaunten früher oft und heute ſelten vorkommen. Ein goth. beiſpiel kenne ich gar nicht (? ga-vaírþi, pax), und einige ahd. ſind zweifel- haft: gi-chôſi (tractatus, eloquium) monſ. 375. 377. 381. ge- chôſe N. 17, 31. 100, 5. leite ich von chôſôn (loqui); gi-pôſi

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 743. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/761>, abgerufen am 16.07.2024.