altn. hia (apud, juxta), schwed. dän. hos, eine trenn- bare, den andern deutschen mundarten völlig fehlende *) partikel. Sie ersetzt das goth. bi, ahd. pi, in der siunli- chen bedeutung, nicht in der abstracten, hat also weit kleinern umfang. Ihr ursprung liegt noch verhüllt. Sollte sie uneinfach und zus. gesetzt sein aus hi-a (vgl. eftir-a, postea)? hi der ablaut von hei (goth. heiv, mansio, domus, propinquitas)? **) vgl. hion (familia, conjuges), auf jeden fall gehört sie zu dieser wurzel, wenn auch das a nicht aus der praep., sondern aus einer flexion erklärt werden müste. Das -s im neunord. scheint unorganisch hinzuge- treten (wie in tills für till) und aus hia, hia, ha, ho ge- worden. Im altn. tritt die part. vor folgende nomina: hia-barn (proles illegitima, nebenkind); hia-byli (villula) verschieden aber verwandt mit dem eigentl. comp. hei- byli (domicilium); hia-gud (idolum, abgott); hia-hsidrun (socordia. conniventia); hia-hveila (contubernium, concu- bitus); hia-katr (absurdus); hia-kona (pellex, bei-weip); hia-leggr (radius ulnae); hia-leiga (villa); hia-leitr (facie limus, beisichtig); hia-roena (mentis inops); hia-sol (ne- bensonne); hia-sögull (falsiloquus) ahd. pei-sprahhal; hia-stod (auxilium, beistand); hia-trau (superstitio); hia-taungl (pa- raselene); hia-vera (praesentia); hia-verk (opera succi- siva); hia-vinna (idem); hia-veik (deflectio a via). Man sieht, daß die bedeutungen zuweilen unserm bei-, zuwei- len unserm ab- begegnen. Das neunord. hos componiert sich nicht mehr mit nominibus, nur mit verbis; vor jene setzt man das entlehnte bi-.
ahd. hiar, hier (hic); anzuführen weiß ich bloß hier- wist (vita, das wohnen hier auf erden) Ludw. 19. dem auch ein altn. her-vist entspricht.
*) in dem volksdialect der sette communi, deutscher ansiede- lungen im obern Italien, finde ich hoß für bei (Hormayrs tyrol 1, 46.); wenn die aufnahme richtig ist, vielleicht bloßes spiel des zufalls und entstellung einer andern ahd. partikel, etwa des aß, welches mit dem neunord. hos nichts zu thun hat.
altn. hiâ (apud, juxta), ſchwed. dän. hos, eine trenn- bare, den andern deutſchen mundarten völlig fehlende *) partikel. Sie erſetzt das goth. bi, ahd. pi, in der ſiunli- chen bedeutung, nicht in der abſtracten, hat alſo weit kleinern umfang. Ihr urſprung liegt noch verhüllt. Sollte ſie uneinfach und zuſ. geſetzt ſein aus hi-â (vgl. eftir-â, poſtea)? hi der ablaut von hî (goth. heiv, manſio, domus, propinquitas)? **) vgl. hiôn (familia, conjuges), auf jeden fall gehört ſie zu dieſer wurzel, wenn auch das â nicht aus der praep., ſondern aus einer flexion erklärt werden müſte. Das -s im neunord. ſcheint unorganiſch hinzuge- treten (wie in tills für till) und aus hiâ, hiå, hå, ho ge- worden. Im altn. tritt die part. vor folgende nomina: hiâ-barn (proles illegitima, nebenkind); hiâ-bŷli (villula) verſchieden aber verwandt mit dem eigentl. comp. hî- bŷli (domicilium); hiâ-gud (idolum, abgott); hiâ-hſidrun (ſocordia. conniventia); hiâ-hvîla (contubernium, concu- bitus); hiâ-kâtr (abſurdus); hiâ-kona (pellex, bî-wîp); hiâ-leggr (radius ulnae); hiâ-leiga (villa); hiâ-leitr (facie limus, beiſichtig); hiâ-rœna (mentis inops); hiâ-ſôl (ne- benſonne); hiâ-ſögull (falſiloquus) ahd. pî-ſprâhhal; hiâ-ſtôd (auxilium, beiſtand); hiâ-trû (ſuperſtitio); hiâ-tûngl (pa- raſelene); hiâ-vëra (praeſentia); hiâ-vërk (opera ſucci- ſiva); hiâ-vinna (idem); hiâ-vîk (deflectio a via). Man ſieht, daß die bedeutungen zuweilen unſerm bei-, zuwei- len unſerm ab- begegnen. Das neunord. hos componiert ſich nicht mehr mit nominibus, nur mit verbis; vor jene ſetzt man das entlehnte bi-.
ahd. hiar, hier (hic); anzuführen weiß ich bloß hier- wiſt (vita, das wohnen hier auf erden) Ludw. 19. dem auch ein altn. hêr-viſt entſpricht.
*) in dem volksdialect der ſette communi, deutſcher anſiede- lungen im obern Italien, finde ich hoſz für bei (Hormayrs tyrol 1, 46.); wenn die aufnahme richtig iſt, vielleicht bloßes ſpiel des zufalls und entſtellung einer andern ahd. partikel, etwa des aƷ, welches mit dem neunord. hos nichts zu thun hat.
**) franz. chez bekanntlich aus caſa (domus).
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[756/0774]
III. partikelcompoſition. — part. mit nom.
ſtattfinden. Ahd. heim-prunc (reditus) wirceb. 978a 979b.
Agſ. hâm-färeld (iter ad domum). Altn. heim-bod (invi-
tatio ad epulas); heim-för (reditus) heim-fûs (domum
eundi cupidus) heim-fŷſi (noſtalgia); heim-koma (reditus);
heim-ſôkn (viſitatio); heim-ſŷki (noſtalgia). Nhd. heim-
gang; heim-fahrt; heim-kehr; heim-weh.
altn. hiâ (apud, juxta), ſchwed. dän. hos, eine trenn-
bare, den andern deutſchen mundarten völlig fehlende *)
partikel. Sie erſetzt das goth. bi, ahd. pi, in der ſiunli-
chen bedeutung, nicht in der abſtracten, hat alſo weit
kleinern umfang. Ihr urſprung liegt noch verhüllt. Sollte
ſie uneinfach und zuſ. geſetzt ſein aus hi-â (vgl. eftir-â,
poſtea)? hi der ablaut von hî (goth. heiv, manſio, domus,
propinquitas)? **) vgl. hiôn (familia, conjuges), auf jeden
fall gehört ſie zu dieſer wurzel, wenn auch das â nicht
aus der praep., ſondern aus einer flexion erklärt werden
müſte. Das -s im neunord. ſcheint unorganiſch hinzuge-
treten (wie in tills für till) und aus hiâ, hiå, hå, ho ge-
worden. Im altn. tritt die part. vor folgende nomina:
hiâ-barn (proles illegitima, nebenkind); hiâ-bŷli (villula)
verſchieden aber verwandt mit dem eigentl. comp. hî-
bŷli (domicilium); hiâ-gud (idolum, abgott); hiâ-hſidrun
(ſocordia. conniventia); hiâ-hvîla (contubernium, concu-
bitus); hiâ-kâtr (abſurdus); hiâ-kona (pellex, bî-wîp);
hiâ-leggr (radius ulnae); hiâ-leiga (villa); hiâ-leitr (facie
limus, beiſichtig); hiâ-rœna (mentis inops); hiâ-ſôl (ne-
benſonne); hiâ-ſögull (falſiloquus) ahd. pî-ſprâhhal; hiâ-ſtôd
(auxilium, beiſtand); hiâ-trû (ſuperſtitio); hiâ-tûngl (pa-
raſelene); hiâ-vëra (praeſentia); hiâ-vërk (opera ſucci-
ſiva); hiâ-vinna (idem); hiâ-vîk (deflectio a via). Man
ſieht, daß die bedeutungen zuweilen unſerm bei-, zuwei-
len unſerm ab- begegnen. Das neunord. hos componiert
ſich nicht mehr mit nominibus, nur mit verbis; vor jene
ſetzt man das entlehnte bi-.
ahd. hiar, hier (hic); anzuführen weiß ich bloß hier-
wiſt (vita, das wohnen hier auf erden) Ludw. 19. dem
auch ein altn. hêr-viſt entſpricht.
hidrê (huc) agſ. hider, engl. hither: agſ. hider-cyme
(adventus); hider-vëard (horſum).
*) in dem volksdialect der ſette communi, deutſcher anſiede-
lungen im obern Italien, finde ich hoſz für bei (Hormayrs tyrol
1, 46.); wenn die aufnahme richtig iſt, vielleicht bloßes ſpiel des
zufalls und entſtellung einer andern ahd. partikel, etwa des aƷ,
welches mit dem neunord. hos nichts zu thun hat.
**) franz. chez bekanntlich aus caſa (domus).
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 756. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/774>, abgerufen am 22.11.2024.
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