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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. partikelcomp. -- untr. part. mit verb.
gal. gehört hierher auch: sein spil ver-vellet sich (impedi-
tur? oder concidit?) MS. 2, 254a 257a; ver-vilzen (in
einander wirren); ver-vitzen (colligare) Frisch aus Jero-
schin; ver-walken (har ze der swarte) Jw. 4a; ver-wah-
sen (concrescere) ver-wahsen (gramine obsitus) Trist.;
sich ver-wesen (tueri se) troj. 104b; ver-wieren (unter-
einander weben) Parc. 17a. Nhd. ver-bauen; ver-binden;
ver-brämen; ver-halten (zurückhalten); ver-härten (ob-
durescere); ver-harschen; ver-kleben; ver-knüpfen; ver-
machen (provinziell f. claudere); ver-mauern; ver-nä-
geln; ver-narben; ver-rennen (den weg); ver-riegeln;
ver-schließen; ver-schneien (zuschneien); ver-siegeln;
ver-stopfen; ver-wachsen; ver-weben u. a. m. -- 8) zu-
weilen erleidet der begriff durch die part. eine gelinde
intension
und diese bedeutung vindiciere ich für das goth.
fair-: fair-greipan (apprehendere, übersetzt wie das ein-
sache greipan und das comp. und-greipan kratein, also
eigentlich: festhalten); sair-haitan (scheint etwas stärker,
als ga-haitan; thagk fair-h. kharin ekhein, Luc. 7, 19.); fair-
veitjan (atenizein, die augen heften auf etwas) Luc. 4,
20. Hierher könnten nun einzelne der unter 2 und 6.
gebrachten ahd. und mhd. zus. setzungen gerechnet wer-
den, deren goth. form unbekannt ist, da bei 2. nur
eine heftigere, bei 6. eine geringere intension anzu-
nehmen wäre. Ein ahd. far-greipan, far-heißan, far-
weißan im goth. sinn kenne ich nicht, mit letzterm wort
mag sich gi-weißan bei O. berühren. Dem goth. fair-
scheinen aber besonders einige hochd. verba gerecht, die
fast nur im part. praet. vorkommen und eine leidenschaft-
lichkeit des gemüths ausdrücken: nhd. ver-buhlt; ver-haßt;
ver-hurt; ver-liebt; ver-picht (er-picht); ver-schämt (pu-
dicus); ver-schmitzt; ver-seßen (auf etw.); mhd. ver-
sent Parc. 63c troj. 93c; ahd. fir-haßet (apostata) ker.
42; fir-huarot O. IV. 5, 32. Man sagt zwar auch: sich
ver-lieben, doch ist das ganze compos. erst spät gebildet
worden. Vielleicht fallen hierher noch: ver-langen (de-
siderio teneri); ver-zagen (mhd. troj. 139c 140a); sich
ver-gaffen (mhd. ver-kapfen MS. 1, 53c troj. 255. Oberl.)
u. a. -- 9) endlich fragt es sich (wie beim be- und er-,
s. 802. 823.): inwiefern erst durch die partikel verba aus
nom. gezeugt werden? Die älteste sprache liefert keine,
doch im mhd. sind sie nicht abzuleugnen und im nhd.
noch bestimmter vorhanden. a) verba aus subst. gebildet,
entw. verwandelung in den stoff des subst. oder bloße
überziehung der oberfläche damit (scheinbare verwand-

III. partikelcomp. — untr. part. mit verb.
gal. gehört hierher auch: ſîn ſpil ver-vellet ſich (impedi-
tur? oder concidit?) MS. 2, 254a 257a; ver-vilzen (in
einander wirren); ver-vitzen (colligare) Friſch aus Jero-
ſchin; ver-walken (hâr ze der ſwarte) Jw. 4a; ver-wah-
ſen (concreſcere) ver-wahſen (gramine obſitus) Triſt.;
ſich ver-wëſen (tueri ſe) troj. 104b; ver-wieren (unter-
einander weben) Parc. 17a. Nhd. ver-bauen; ver-binden;
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dureſcere); ver-harſchen; ver-kleben; ver-knüpfen; ver-
machen (provinziell f. claudere); ver-mauern; ver-nä-
geln; ver-narben; ver-rennen (den weg); ver-riegeln;
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weilen erleidet der begriff durch die part. eine gelinde
intenſion
und dieſe bedeutung vindiciere ich für das goth.
faír-: faír-greipan (apprehendere, überſetzt wie das ein-
ſache greipan und das comp. und-greipan κρατεῖν, alſo
eigentlich: feſthalten); ſaír-háitan (ſcheint etwas ſtärker,
als ga-háitan; þagk fáir-h. χάριν ἔχειν, Luc. 7, 19.); faír-
veitjan (ἀτενίζειν, die augen heften auf etwas) Luc. 4,
20. Hierher könnten nun einzelne der unter 2 und 6.
gebrachten ahd. und mhd. zuſ. ſetzungen gerechnet wer-
den, deren goth. form unbekannt iſt, da bei 2. nur
eine heftigere, bei 6. eine geringere intenſion anzu-
nehmen wäre. Ein ahd. far-grîpan, far-heiƷan, far-
weiƷan im goth. ſinn kenne ich nicht, mit letzterm wort
mag ſich gi-weiƷan bei O. berühren. Dem goth. faír-
ſcheinen aber beſonders einige hochd. verba gerecht, die
faſt nur im part. praet. vorkommen und eine leidenſchaft-
lichkeit des gemüths ausdrücken: nhd. ver-buhlt; ver-haßt;
ver-hurt; ver-liebt; ver-picht (er-picht); ver-ſchämt (pu-
dicus); ver-ſchmitzt; ver-ſeßen (auf etw.); mhd. ver-
ſënt Parc. 63c troj. 93c; ahd. fir-haƷƷêt (apoſtata) ker.
42; fir-huarôt O. IV. 5, 32. Man ſagt zwar auch: ſich
ver-lieben, doch iſt das ganze compoſ. erſt ſpät gebildet
worden. Vielleicht fallen hierher noch: ver-langen (de-
ſiderio teneri); ver-zagen (mhd. troj. 139c 140a); ſich
ver-gaffen (mhd. ver-kapfen MS. 1, 53c troj. 255. Oberl.)
u. a. — 9) endlich fragt es ſich (wie beim be- und er-,
ſ. 802. 823.): inwiefern erſt durch die partikel verba aus
nom. gezeugt werden? Die älteſte ſprache liefert keine,
doch im mhd. ſind ſie nicht abzuleugnen und im nhd.
noch beſtimmter vorhanden. a) verba aus ſubſt. gebildet,
entw. verwandelung in den ſtoff des ſubſt. oder bloße
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[859/0877] III. partikelcomp. — untr. part. mit verb. gal. gehört hierher auch: ſîn ſpil ver-vellet ſich (impedi- tur? oder concidit?) MS. 2, 254a 257a; ver-vilzen (in einander wirren); ver-vitzen (colligare) Friſch aus Jero- ſchin; ver-walken (hâr ze der ſwarte) Jw. 4a; ver-wah- ſen (concreſcere) ver-wahſen (gramine obſitus) Triſt.; ſich ver-wëſen (tueri ſe) troj. 104b; ver-wieren (unter- einander weben) Parc. 17a. Nhd. ver-bauen; ver-binden; ver-brämen; ver-halten (zurückhalten); ver-härten (ob- dureſcere); ver-harſchen; ver-kleben; ver-knüpfen; ver- machen (provinziell f. claudere); ver-mauern; ver-nä- geln; ver-narben; ver-rennen (den weg); ver-riegeln; ver-ſchließen; ver-ſchneien (zuſchneien); ver-ſiegeln; ver-ſtopfen; ver-wachſen; ver-weben u. a. m. — 8) zu- weilen erleidet der begriff durch die part. eine gelinde intenſion und dieſe bedeutung vindiciere ich für das goth. faír-: faír-greipan (apprehendere, überſetzt wie das ein- ſache greipan und das comp. und-greipan κρατεῖν, alſo eigentlich: feſthalten); ſaír-háitan (ſcheint etwas ſtärker, als ga-háitan; þagk fáir-h. χάριν ἔχειν, Luc. 7, 19.); faír- veitjan (ἀτενίζειν, die augen heften auf etwas) Luc. 4, 20. Hierher könnten nun einzelne der unter 2 und 6. gebrachten ahd. und mhd. zuſ. ſetzungen gerechnet wer- den, deren goth. form unbekannt iſt, da bei 2. nur eine heftigere, bei 6. eine geringere intenſion anzu- nehmen wäre. Ein ahd. far-grîpan, far-heiƷan, far- weiƷan im goth. ſinn kenne ich nicht, mit letzterm wort mag ſich gi-weiƷan bei O. berühren. Dem goth. faír- ſcheinen aber beſonders einige hochd. verba gerecht, die faſt nur im part. praet. vorkommen und eine leidenſchaft- lichkeit des gemüths ausdrücken: nhd. ver-buhlt; ver-haßt; ver-hurt; ver-liebt; ver-picht (er-picht); ver-ſchämt (pu- dicus); ver-ſchmitzt; ver-ſeßen (auf etw.); mhd. ver- ſënt Parc. 63c troj. 93c; ahd. fir-haƷƷêt (apoſtata) ker. 42; fir-huarôt O. IV. 5, 32. Man ſagt zwar auch: ſich ver-lieben, doch iſt das ganze compoſ. erſt ſpät gebildet worden. Vielleicht fallen hierher noch: ver-langen (de- ſiderio teneri); ver-zagen (mhd. troj. 139c 140a); ſich ver-gaffen (mhd. ver-kapfen MS. 1, 53c troj. 255. Oberl.) u. a. — 9) endlich fragt es ſich (wie beim be- und er-, ſ. 802. 823.): inwiefern erſt durch die partikel verba aus nom. gezeugt werden? Die älteſte ſprache liefert keine, doch im mhd. ſind ſie nicht abzuleugnen und im nhd. noch beſtimmter vorhanden. a) verba aus ſubſt. gebildet, entw. verwandelung in den ſtoff des ſubſt. oder bloße überziehung der oberfläche damit (ſcheinbare verwand-

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 859. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/877>, abgerufen am 22.11.2024.