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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. partikelcomp. -- untr. part. mit verb.
goth. dis-, wie ar-, ir- dem goth. us-, wiewohl einige
unähnlichkeit statt findet, da ar, ir, us zugleich trennbare
praepositionen sind, nicht aber zar, zir, dis, und
näher betrachtet in letztern zwei partikeln zus. gefloßen
scheinen. Dis- erklärt sich aus di-is (= du-us) zar- aus
za-ar, zir aus zi-ir. Bestätigung gewähren die ahd. for-
men zear-fellan mons. 409. zeir-gan N. 78, 11. zeer-lekke
N. Bth. 66. Anzunehmen, daß sich hier die zweite part.
früher mit dem verbo gebunden habe, d. h. ze erst vor
arfellan, irgan getreten sei, folglich auch z' vor arsprei-
tan, irprehhan, wäre wohl verwerflich; dies würde,
weil ahd. zi- die gewalt des goth. dis- hat, jene compo-
sita einem goth. diz-us-falljan, diz-us-gaggan, diz-us-
spraidan gleichsetzen und die bedeutungen verwickeln;
nach meiner ansicht sind sie in ein goth. dis-falljan, dis-
gaggan, dis-spraidan zu übersetzen. Auch bedeuten zear-
fellan, zeir-gan, zar-spreitan nicht mehr oder weniger
als za-fellan, za-gan, za-spreitan. Endlich bezweifle ich
daß zi = dis je vor vocalen kürzung in z' leide, wie sie
bei zi = du ganz in der ordnung ist und selbst z'ir =
zi-ir = dis beweist. Alts. bloß die mit dem ahd. zi-
gleiche form te, unterschieden von to, ahd. zuo. Ags.
mischen sich beide in der einzigen form to- (es ließe sich
dann erweisen, daß man to- von to- scheiden dürste,
woran ich zweifle) und to-laetan kann an sich sowohl
ahd. zi-laßan als zuo-laßan sein. Das s. 723. behauptete
to-a- = ahd. ze-ar- weiß ich höchstens zu belegen mit
to-a-laetan, das wie to-laetan relaxare ausdrückt, wenn
Lye recht hat. Seine übrigen to-a- vergleichen sich ahd.
zuo-ar-, und gehören in §. 5., bei ihnen ist offenbar das
to erst zu dem mit a- componierten verbo getreten. Mhd.
schwanken ze- und zer-, es läßt sich keine regel dafür
nach dem anlaut des verbi geben, wie bei en- und ent-,
vielmehr zeigen die besten hss. beide in gleichem fall hin-
tereinander, z. b. Parc. 73b ze-brochen, 74a zer-bliuwen.
Höchstens wären einzelne wörter zu sammeln, die einer
oder der andern form zugethan sind, z. b. zer-brechen
und ze-bliuwen scheinen ungewöhnlich und es steht fast
immer zer-fueren Parc. 25b 59b, zer-gen u. dgl. Kür-
zung in z' verträgt aber die ze-form wiederum nicht,
so ublich sie bei dem ze = du vor vocalen ist, z. b. es
heißt z'arbeitenne (zu arbeiten) nicht z'arbeiten (zerar-
beiten). Schlechte hss. geben zu-, zuo- für ze- (Herb.
63c zu-kram f. ze-kram, zerkratzte) was entw. später
oder niederdeutsch ist. Nhd. hat sich durchgängig das

III. partikelcomp. — untr. part. mit verb.
goth. dis-, wie ar-, ir- dem goth. us-, wiewohl einige
unähnlichkeit ſtatt findet, da ar, ir, us zugleich trennbare
praepoſitionen ſind, nicht aber zar, zir, dis, und
näher betrachtet in letztern zwei partikeln zuſ. gefloßen
ſcheinen. Dis- erklärt ſich aus di-is (= du-us) zar- aus
za-ar, zir aus zi-ir. Beſtätigung gewähren die ahd. for-
men zëar-fellan monſ. 409. zeir-gân N. 78, 11. zëër-lekkê
N. Bth. 66. Anzunehmen, daß ſich hier die zweite part.
früher mit dem verbo gebunden habe, d. h. zë erſt vor
arfellan, irgan getreten ſei, folglich auch z’ vor arſprei-
tan, irprëhhan, wäre wohl verwerflich; dies würde,
weil ahd. zi- die gewalt des goth. dis- hat, jene compo-
ſita einem goth. diz-us-falljan, diz-us-gaggan, diz-us-
ſpráidan gleichſetzen und die bedeutungen verwickeln;
nach meiner anſicht ſind ſie in ein goth. dis-falljan, dis-
gaggan, dis-ſpráidan zu überſetzen. Auch bedeuten zëar-
fellan, zëir-gân, zar-ſpreitan nicht mehr oder weniger
als za-fellan, za-gân, za-ſpreitan. Endlich bezweifle ich
daß zi = dis je vor vocalen kürzung in z’ leide, wie ſie
bei zi = du ganz in der ordnung iſt und ſelbſt z’ir =
zi-ir = dis beweiſt. Altſ. bloß die mit dem ahd. zi-
gleiche form , unterſchieden von tô, ahd. zuo. Agſ.
miſchen ſich beide in der einzigen form tô- (es ließe ſich
dann erweiſen, daß man to- von tô- ſcheiden dürſte,
woran ich zweifle) und tô-lætan kann an ſich ſowohl
ahd. zi-lâƷan als zuo-lâƷan ſein. Das ſ. 723. behauptete
tô-â- = ahd. zë-ar- weiß ich höchſtens zu belegen mit
tô-â-lætan, das wie tô-lætan relaxare ausdrückt, wenn
Lye recht hat. Seine übrigen tô-â- vergleichen ſich ahd.
zuo-ar-, und gehören in §. 5., bei ihnen iſt offenbar das
tô erſt zu dem mit â- componierten verbo getreten. Mhd.
ſchwanken ze- und zer-, es läßt ſich keine regel dafür
nach dem anlaut des verbi geben, wie bei en- und ent-,
vielmehr zeigen die beſten hſſ. beide in gleichem fall hin-
tereinander, z. b. Parc. 73b ze-brochen, 74a zer-bliuwen.
Höchſtens wären einzelne wörter zu ſammeln, die einer
oder der andern form zugethan ſind, z. b. zer-brëchen
und ze-bliuwen ſcheinen ungewöhnlich und es ſteht faſt
immer zer-fueren Parc. 25b 59b, zer-gên u. dgl. Kür-
zung in z’ verträgt aber die ze-form wiederum nicht,
ſo ublich ſie bei dem ze = du vor vocalen iſt, z. b. es
heißt z’arbeitenne (zu arbeiten) nicht z’arbeiten (zerar-
beiten). Schlechte hſſ. geben zu-, zuo- für ze- (Herb.
63c zu-kram f. ze-kram, zerkratzte) was entw. ſpäter
oder niederdeutſch iſt. Nhd. hat ſich durchgängig das

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[862/0880] III. partikelcomp. — untr. part. mit verb. goth. dis-, wie ar-, ir- dem goth. us-, wiewohl einige unähnlichkeit ſtatt findet, da ar, ir, us zugleich trennbare praepoſitionen ſind, nicht aber zar, zir, dis, und näher betrachtet in letztern zwei partikeln zuſ. gefloßen ſcheinen. Dis- erklärt ſich aus di-is (= du-us) zar- aus za-ar, zir aus zi-ir. Beſtätigung gewähren die ahd. for- men zëar-fellan monſ. 409. zeir-gân N. 78, 11. zëër-lekkê N. Bth. 66. Anzunehmen, daß ſich hier die zweite part. früher mit dem verbo gebunden habe, d. h. zë erſt vor arfellan, irgan getreten ſei, folglich auch z’ vor arſprei- tan, irprëhhan, wäre wohl verwerflich; dies würde, weil ahd. zi- die gewalt des goth. dis- hat, jene compo- ſita einem goth. diz-us-falljan, diz-us-gaggan, diz-us- ſpráidan gleichſetzen und die bedeutungen verwickeln; nach meiner anſicht ſind ſie in ein goth. dis-falljan, dis- gaggan, dis-ſpráidan zu überſetzen. Auch bedeuten zëar- fellan, zëir-gân, zar-ſpreitan nicht mehr oder weniger als za-fellan, za-gân, za-ſpreitan. Endlich bezweifle ich daß zi = dis je vor vocalen kürzung in z’ leide, wie ſie bei zi = du ganz in der ordnung iſt und ſelbſt z’ir = zi-ir = dis beweiſt. Altſ. bloß die mit dem ahd. zi- gleiche form të, unterſchieden von tô, ahd. zuo. Agſ. miſchen ſich beide in der einzigen form tô- (es ließe ſich dann erweiſen, daß man to- von tô- ſcheiden dürſte, woran ich zweifle) und tô-lætan kann an ſich ſowohl ahd. zi-lâƷan als zuo-lâƷan ſein. Das ſ. 723. behauptete tô-â- = ahd. zë-ar- weiß ich höchſtens zu belegen mit tô-â-lætan, das wie tô-lætan relaxare ausdrückt, wenn Lye recht hat. Seine übrigen tô-â- vergleichen ſich ahd. zuo-ar-, und gehören in §. 5., bei ihnen iſt offenbar das tô erſt zu dem mit â- componierten verbo getreten. Mhd. ſchwanken ze- und zer-, es läßt ſich keine regel dafür nach dem anlaut des verbi geben, wie bei en- und ent-, vielmehr zeigen die beſten hſſ. beide in gleichem fall hin- tereinander, z. b. Parc. 73b ze-brochen, 74a zer-bliuwen. Höchſtens wären einzelne wörter zu ſammeln, die einer oder der andern form zugethan ſind, z. b. zer-brëchen und ze-bliuwen ſcheinen ungewöhnlich und es ſteht faſt immer zer-fueren Parc. 25b 59b, zer-gên u. dgl. Kür- zung in z’ verträgt aber die ze-form wiederum nicht, ſo ublich ſie bei dem ze = du vor vocalen iſt, z. b. es heißt z’arbeitenne (zu arbeiten) nicht z’arbeiten (zerar- beiten). Schlechte hſſ. geben zu-, zuo- für ze- (Herb. 63c zu-kram f. ze-kram, zerkratzte) was entw. ſpäter oder niederdeutſch iſt. Nhd. hat ſich durchgängig das

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 862. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/880>, abgerufen am 22.11.2024.