ser gebrauch auf. Den altn. dichtern stehen also zwei kleine, wohllautende wörter zu gebot, deren sie sich, statt der ihnen abgehenden ahd. ar-, ga-, pi- (s. 866. 868.) mit gleichem erfolg zur ausfüllung und schmeidigung des metrums bedienen können. Ja sie fügen sich, wie das ahd. ga-, zwischen verba nnd andere partikeln, z. b. inn of cominn 64b inn um geck 136a fram um ser 175a aut um cominn 184b upp um tok 238a. Als untrennbare altn. partikeln durfte ich sie oben nicht aufführen, weil sie in lebendiger bedeutung wirklich trennbar, sogar praeposi- tionen sind und selbst in der gelinden zuweilen, obgleich selten, den verbis nachgesetzt werden, vgl. die vorhin s. 910. unter 4. mitgetheilten belege. Ob sich of und um in allen fällen einander ersetzen können? bezweifle ich, denn hin und wieder scheint of noch den begriff von über, um den von um oder bei leise zu enthalten. Eini- gemahl folgen mehrere of oder um schnell und in einem athem aufeinander, z. b. 195b um vindr, um vefr, um setr; of red, of reist, of hugdi. Im ganzen wird um häufiger gebraucht als of.
(or-) ex, ich finde in der Edda kein beispiel, daß diese part. vor verbis stünde, wohl aber steht sie zuwei- len als adv. nach und wird dann in or, aur verstärkt, während die praeposition or, ur kurzen vocal behält (vgl. das hochd. in und ein, ein): skulo ther sleita sionir or 111b; skar aur spiotit Yngl. cap. 30. vgl. Biörn skera aur thraetum (dirimere lites). Alle composita, die Biörn unter ör- angibt, scheinen derivata aus nominibus: ör- endaz (mori) ör-megnaz (fatiscere) ör-qvisaz (animo frangi) ör-vilnaz (desperare) ör-vaenta (idem) aus ör- endr, ör-megna, ör-qvisi, ör-vili, ör-vaeni; dagegen kann das starke aur-rada (expedire) nicht abgeleitet sein.
(saman-) con-: saman-briota (complicare); -draga (contrahere); -fella (contabulare); -hrauga (contumulare); -naua (confricare); -raka (corradere); fioda (concoquere). Das gleichbedeutige sam- ist formell ganz verschieden (s. 671.) und untrennbar.
ſer gebrauch auf. Den altn. dichtern ſtehen alſo zwei kleine, wohllautende wörter zu gebot, deren ſie ſich, ſtatt der ihnen abgehenden ahd. ar-, ga-, pi- (ſ. 866. 868.) mit gleichem erfolg zur ausfüllung und ſchmeidigung des metrums bedienen können. Ja ſie fügen ſich, wie das ahd. ga-, zwiſchen verba nnd andere partikeln, z. b. inn of cominn 64b inn um gêck 136a fram um ſêr 175a ût um cominn 184b upp um tôk 238a. Als untrennbare altn. partikeln durfte ich ſie oben nicht aufführen, weil ſie in lebendiger bedeutung wirklich trennbar, ſogar praepoſi- tionen ſind und ſelbſt in der gelinden zuweilen, obgleich ſelten, den verbis nachgeſetzt werden, vgl. die vorhin ſ. 910. unter 4. mitgetheilten belege. Ob ſich of und um in allen fällen einander erſetzen können? bezweifle ich, denn hin und wieder ſcheint of noch den begriff von über, um den von um oder bei leiſe zu enthalten. Eini- gemahl folgen mehrere of oder um ſchnell und in einem athem aufeinander, z. b. 195b um vindr, um vëfr, um ſëtr; of rêð, of reiſt, of hugði. Im ganzen wird um häufiger gebraucht als of.
(or-) ex, ich finde in der Edda kein beiſpiel, daß dieſe part. vor verbis ſtünde, wohl aber ſteht ſie zuwei- len als adv. nach und wird dann in ôr, ûr verſtärkt, während die praepoſition or, ur kurzen vocal behält (vgl. das hochd. in und în, ein): ſkulo þër ſlîta ſionir ôr 111b; ſkar ûr ſpiotit Yngl. cap. 30. vgl. Biörn ſkëra ûr þrætum (dirimere lites). Alle compoſita, die Biörn unter ör- angibt, ſcheinen derivata aus nominibus: ör- endaz (mori) ör-megnaz (fatiſcere) ör-qviſaz (animo frangi) ör-vilnaz (deſperare) ör-vænta (idem) aus ör- endr, ör-megna, ör-qviſi, ör-vili, ör-væni; dagegen kann das ſtarke ûr-râda (expedire) nicht abgeleitet ſein.
(ſaman-) con-: ſaman-briota (complicare); -draga (contrahere); -fella (contabulare); -hrûga (contumulare); -nûa (confricare); -raka (corradere); fioða (concoquere). Das gleichbedeutige ſam- iſt formell ganz verſchieden (ſ. 671.) und untrennbar.
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[913/0931]
III. partikelcomp. — trennb. part. mit verb.
ſer gebrauch auf. Den altn. dichtern ſtehen alſo zwei
kleine, wohllautende wörter zu gebot, deren ſie ſich,
ſtatt der ihnen abgehenden ahd. ar-, ga-, pi- (ſ. 866. 868.)
mit gleichem erfolg zur ausfüllung und ſchmeidigung des
metrums bedienen können. Ja ſie fügen ſich, wie das ahd.
ga-, zwiſchen verba nnd andere partikeln, z. b. inn of
cominn 64b inn um gêck 136a fram um ſêr 175a ût um
cominn 184b upp um tôk 238a. Als untrennbare altn.
partikeln durfte ich ſie oben nicht aufführen, weil ſie in
lebendiger bedeutung wirklich trennbar, ſogar praepoſi-
tionen ſind und ſelbſt in der gelinden zuweilen, obgleich
ſelten, den verbis nachgeſetzt werden, vgl. die vorhin
ſ. 910. unter 4. mitgetheilten belege. Ob ſich of und um
in allen fällen einander erſetzen können? bezweifle ich,
denn hin und wieder ſcheint of noch den begriff von
über, um den von um oder bei leiſe zu enthalten. Eini-
gemahl folgen mehrere of oder um ſchnell und in einem
athem aufeinander, z. b. 195b um vindr, um vëfr, um
ſëtr; of rêð, of reiſt, of hugði. Im ganzen wird um
häufiger gebraucht als of.
(or-) ex, ich finde in der Edda kein beiſpiel, daß
dieſe part. vor verbis ſtünde, wohl aber ſteht ſie zuwei-
len als adv. nach und wird dann in ôr, ûr verſtärkt,
während die praepoſition or, ur kurzen vocal behält
(vgl. das hochd. in und în, ein): ſkulo þër ſlîta ſionir
ôr 111b; ſkar ûr ſpiotit Yngl. cap. 30. vgl. Biörn ſkëra
ûr þrætum (dirimere lites). Alle compoſita, die Biörn
unter ör- angibt, ſcheinen derivata aus nominibus: ör-
endaz (mori) ör-megnaz (fatiſcere) ör-qviſaz (animo
frangi) ör-vilnaz (deſperare) ör-vænta (idem) aus ör-
endr, ör-megna, ör-qviſi, ör-vili, ör-væni; dagegen kann
das ſtarke ûr-râda (expedire) nicht abgeleitet ſein.
(ſaman-) con-: ſaman-briota (complicare); -draga
(contrahere); -fella (contabulare); -hrûga (contumulare);
-nûa (confricare); -raka (corradere); fioða (concoquere).
Das gleichbedeutige ſam- iſt formell ganz verſchieden
(ſ. 671.) und untrennbar.
(ſundr-) dis-: ſundr-dreifa (diſſipare); -knoſa (conte-
rere).
(til-) ad-,: til-bidja (adorare); til-bûa (parare); til-
greina (diſtinguere); til-leida (perſuadere); til-ſegja (ju-
bere); til-ſkicka (ordinare); til-ſkilja (conditionem ad-
dere); til-ſtofna (procurare); til-tegja (allicere); til-vinna
(merere).
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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 913. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/931>, abgerufen am 22.11.2024.
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