die Ueberschrift lasen, sich sehr verwunderten, was dieser streitbare Mann, jetzt, zur Zeit des Friedens, in des Königs Hof thun wollt'; sie gedachten, ohn Zweifel sey es ein großer Herr. Die Herren Räthe, so ihn gleichfalls gesehen, königl. Majestät solches zu wissen thäten mit Anzeigung, daß, wo sich Zwiespalt begebe, er ein sehr nützlicher Mann wäre. Dem König die Reden wohl gefielen, bald nach dem geharnisch- ten Schneider schickte, ihn, ob er Dienst begeh- ret, fragte; dem der Schneider bald antwortete, er darum allher kommen wäre, und bäte könig- liche Majestät, wo sie ihn zu brauchen hätte, allergnädigst Dienst mitzutheilen. Der König ihm bald Dienst zusagte und ihm ein besonder Losament verordnete. Nun es stund nicht lange Zeit, die Reuter wurden dem guten Schneider gram, hätten gewollt, daß er beim Teufel wär, denn sie geforcht, wo sie mit ihm sollten uneins werden, mögten sie ihm keinen Widerstand thun, wann er allwegen sieben auf einen Streich zu todt schlagen würde; stets gedachten, wie sie doch von dem Kriegsmann kommen mögten, doch letzt- lich zu Rath wurden und mit einander überein kamen, all miteinander vor den König zu tre- ten und um Urlaub zu bitten, welches auch ge- schahe. Der König, als er sahe alle seine Die- ner um eines Mannes willen Urlaub nehmen, ein traurigerer Mann er nie ward, hät gewollt,
die Ueberſchrift laſen, ſich ſehr verwunderten, was dieſer ſtreitbare Mann, jetzt, zur Zeit des Friedens, in des Koͤnigs Hof thun wollt'; ſie gedachten, ohn Zweifel ſey es ein großer Herr. Die Herren Raͤthe, ſo ihn gleichfalls geſehen, koͤnigl. Majeſtaͤt ſolches zu wiſſen thaͤten mit Anzeigung, daß, wo ſich Zwieſpalt begebe, er ein ſehr nuͤtzlicher Mann waͤre. Dem Koͤnig die Reden wohl gefielen, bald nach dem geharniſch- ten Schneider ſchickte, ihn, ob er Dienſt begeh- ret, fragte; dem der Schneider bald antwortete, er darum allher kommen waͤre, und baͤte koͤnig- liche Majeſtaͤt, wo ſie ihn zu brauchen haͤtte, allergnaͤdigſt Dienſt mitzutheilen. Der Koͤnig ihm bald Dienſt zuſagte und ihm ein beſonder Loſament verordnete. Nun es ſtund nicht lange Zeit, die Reuter wurden dem guten Schneider gram, haͤtten gewollt, daß er beim Teufel waͤr, denn ſie geforcht, wo ſie mit ihm ſollten uneins werden, moͤgten ſie ihm keinen Widerſtand thun, wann er allwegen ſieben auf einen Streich zu todt ſchlagen wuͤrde; ſtets gedachten, wie ſie doch von dem Kriegsmann kommen moͤgten, doch letzt- lich zu Rath wurden und mit einander uͤberein kamen, all miteinander vor den Koͤnig zu tre- ten und um Urlaub zu bitten, welches auch ge- ſchahe. Der Koͤnig, als er ſahe alle ſeine Die- ner um eines Mannes willen Urlaub nehmen, ein traurigerer Mann er nie ward, haͤt gewollt,
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die Ueberſchrift laſen, ſich ſehr verwunderten,
was dieſer ſtreitbare Mann, jetzt, zur Zeit des
Friedens, in des Koͤnigs Hof thun wollt'; ſie
gedachten, ohn Zweifel ſey es ein großer Herr.
Die Herren Raͤthe, ſo ihn gleichfalls geſehen,
koͤnigl. Majeſtaͤt ſolches zu wiſſen thaͤten mit
Anzeigung, daß, wo ſich Zwieſpalt begebe, er
ein ſehr nuͤtzlicher Mann waͤre. Dem Koͤnig die
Reden wohl gefielen, bald nach dem geharniſch-
ten Schneider ſchickte, ihn, ob er Dienſt begeh-
ret, fragte; dem der Schneider bald antwortete,
er darum allher kommen waͤre, und baͤte koͤnig-
liche Majeſtaͤt, wo ſie ihn zu brauchen haͤtte,
allergnaͤdigſt Dienſt mitzutheilen. Der Koͤnig
ihm bald Dienſt zuſagte und ihm ein beſonder
Loſament verordnete. Nun es ſtund nicht lange
Zeit, die Reuter wurden dem guten Schneider
gram, haͤtten gewollt, daß er beim Teufel waͤr,
denn ſie geforcht, wo ſie mit ihm ſollten uneins
werden, moͤgten ſie ihm keinen Widerſtand thun,
wann er allwegen ſieben auf einen Streich zu
todt ſchlagen wuͤrde; ſtets gedachten, wie ſie doch
von dem Kriegsmann kommen moͤgten, doch letzt-
lich zu Rath wurden und mit einander uͤberein
kamen, all miteinander vor den Koͤnig zu tre-
ten und um Urlaub zu bitten, welches auch ge-
ſchahe. Der Koͤnig, als er ſahe alle ſeine Die-
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ein traurigerer Mann er nie ward, haͤt gewollt,
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/112>, abgerufen am 21.11.2024.
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