grämte sich so über ihre Verbannung, daß es keine Ruh mehr hatte und sich endlich auf- machte, sie zu suchen. Nichts nahm es sich mit auf die lange lange Reise, als ein Stühlchen, worauf es sich ruhte, wann es zu müd gewor- den war, und nichts aß es die ganze Zeit, als wilde Aepfel und Birnen. Es konnte aber die drei Raben immer nicht finden, außer einmal waren sie über seinen Kopf weggeflogen, da hat- te einer einen Ring fallen lassen, wie es den aufhob, erkannte ihn das Schwesterchen für den Ring, den es einsmals dem jüngsten Bruder geschenkt hatte.
Es ging aber immer fort, so weit, so weit bis es an der Welt Ende kam, und es ging zur Sonne, die war aber gar zu heiß und fraß die kleinen Kinder. Darauf kam es zu dem Mond, der war aber gar zu kalt, und auch bös, und wie ers merkte, sprach er: ich rieche, rieche Menschenfleisch. Da machte es sich geschwind fort und kam zu den Sternen, die waren ihm gut und saßen alle jeder auf Stühlerchen und der Morgenstern stand auf und gab ihm ein Hinkelbeinchen, "wenn du das Beinchen nicht hast, kannst du nicht in den Glasberg kommen, und in dem Glasberg da sind deine Brüder!" da nahm es das Hinkelbeinchen, wickelte es wohl in ein Tüchelchen und ging so lange fort, bis es an den Glasberg kam, das Thor war
graͤmte ſich ſo uͤber ihre Verbannung, daß es keine Ruh mehr hatte und ſich endlich auf- machte, ſie zu ſuchen. Nichts nahm es ſich mit auf die lange lange Reiſe, als ein Stuͤhlchen, worauf es ſich ruhte, wann es zu muͤd gewor- den war, und nichts aß es die ganze Zeit, als wilde Aepfel und Birnen. Es konnte aber die drei Raben immer nicht finden, außer einmal waren ſie uͤber ſeinen Kopf weggeflogen, da hat- te einer einen Ring fallen laſſen, wie es den aufhob, erkannte ihn das Schweſterchen fuͤr den Ring, den es einsmals dem juͤngſten Bruder geſchenkt hatte.
Es ging aber immer fort, ſo weit, ſo weit bis es an der Welt Ende kam, und es ging zur Sonne, die war aber gar zu heiß und fraß die kleinen Kinder. Darauf kam es zu dem Mond, der war aber gar zu kalt, und auch boͤs, und wie ers merkte, ſprach er: ich rieche, rieche Menſchenfleiſch. Da machte es ſich geſchwind fort und kam zu den Sternen, die waren ihm gut und ſaßen alle jeder auf Stuͤhlerchen und der Morgenſtern ſtand auf und gab ihm ein Hinkelbeinchen, „wenn du das Beinchen nicht haſt, kannſt du nicht in den Glasberg kommen, und in dem Glasberg da ſind deine Bruͤder!“ da nahm es das Hinkelbeinchen, wickelte es wohl in ein Tuͤchelchen und ging ſo lange fort, bis es an den Glasberg kam, das Thor war
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0145"n="111"/>
graͤmte ſich ſo uͤber ihre Verbannung, daß es<lb/>
keine Ruh mehr hatte und ſich endlich auf-<lb/>
machte, ſie zu ſuchen. Nichts nahm es ſich mit<lb/>
auf die lange lange Reiſe, als ein Stuͤhlchen,<lb/>
worauf es ſich ruhte, wann es zu muͤd gewor-<lb/>
den war, und nichts aß es die ganze Zeit, als<lb/>
wilde Aepfel und Birnen. Es konnte aber die<lb/>
drei Raben immer nicht finden, außer einmal<lb/>
waren ſie uͤber ſeinen <choice><sic>Kof</sic><corr>Kopf</corr></choice> weggeflogen, da hat-<lb/>
te einer einen Ring fallen laſſen, wie es den<lb/>
aufhob, erkannte ihn das Schweſterchen fuͤr den<lb/>
Ring, den es einsmals dem juͤngſten Bruder<lb/>
geſchenkt hatte.</p><lb/><p>Es ging aber immer fort, ſo weit, ſo weit<lb/>
bis es an der Welt Ende kam, und es ging zur<lb/>
Sonne, die war aber gar zu heiß und fraß die<lb/>
kleinen Kinder. Darauf kam es zu dem Mond,<lb/>
der war aber gar zu kalt, und auch boͤs, und<lb/>
wie ers merkte, ſprach er: ich rieche, rieche<lb/>
Menſchenfleiſch. Da machte es ſich geſchwind<lb/>
fort und kam zu den Sternen, die waren ihm<lb/>
gut und ſaßen alle jeder auf Stuͤhlerchen und<lb/>
der Morgenſtern ſtand auf und gab ihm ein<lb/>
Hinkelbeinchen, „wenn du das Beinchen nicht<lb/>
haſt, kannſt du nicht in den Glasberg kommen,<lb/>
und in dem Glasberg da ſind deine Bruͤder!“<lb/>
da nahm es das Hinkelbeinchen, wickelte es<lb/>
wohl in ein Tuͤchelchen und ging ſo lange fort,<lb/>
bis es an den Glasberg kam, das Thor war<lb/></p></div></body></text></TEI>
[111/0145]
graͤmte ſich ſo uͤber ihre Verbannung, daß es
keine Ruh mehr hatte und ſich endlich auf-
machte, ſie zu ſuchen. Nichts nahm es ſich mit
auf die lange lange Reiſe, als ein Stuͤhlchen,
worauf es ſich ruhte, wann es zu muͤd gewor-
den war, und nichts aß es die ganze Zeit, als
wilde Aepfel und Birnen. Es konnte aber die
drei Raben immer nicht finden, außer einmal
waren ſie uͤber ſeinen Kopf weggeflogen, da hat-
te einer einen Ring fallen laſſen, wie es den
aufhob, erkannte ihn das Schweſterchen fuͤr den
Ring, den es einsmals dem juͤngſten Bruder
geſchenkt hatte.
Es ging aber immer fort, ſo weit, ſo weit
bis es an der Welt Ende kam, und es ging zur
Sonne, die war aber gar zu heiß und fraß die
kleinen Kinder. Darauf kam es zu dem Mond,
der war aber gar zu kalt, und auch boͤs, und
wie ers merkte, ſprach er: ich rieche, rieche
Menſchenfleiſch. Da machte es ſich geſchwind
fort und kam zu den Sternen, die waren ihm
gut und ſaßen alle jeder auf Stuͤhlerchen und
der Morgenſtern ſtand auf und gab ihm ein
Hinkelbeinchen, „wenn du das Beinchen nicht
haſt, kannſt du nicht in den Glasberg kommen,
und in dem Glasberg da ſind deine Bruͤder!“
da nahm es das Hinkelbeinchen, wickelte es
wohl in ein Tuͤchelchen und ging ſo lange fort,
bis es an den Glasberg kam, das Thor war
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/145>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.