Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

zessin war betrübt, denn es waren schon viele
Prinzen umgekommen, welche die drei golde-
nen Haare beim Teufel holen wollten, weil
aber kein anderes Mittel übrig blieb, so ent-
deckte sie dem Holzhacker, was ihr Vater ge-
sagt hatte. Der Holzhacker war gar nicht be-
trübt und sagte: "das soll mir schon gelingen,
bleib mir nur getreu, bis ich wiederkomme, mor-
gen früh zieh ich aus."

Also begab sich der Holzhacker auf die Reise
zum Teufel, und kam bald an eine große Stadt.
Vor dem Thor fragte ihn der Wächter, was
er für ein Handwerk verstehe und was er wis-
se? "Ich weiß alles," antwortete er. "Wenn
du alles weißt, sagte der Thorwächter, so mach
unsere Prinzessin gesund, die kein Arzt in der
Welt curiren kann." -- "Wenn ich wieder
komme." In der zweiten Stadt wurde er
auch gefragt, was er wisse? "Ich weiß alles."
-- "So sag uns warum unser schöner Markt-
brunnen vertrocknet ist?" -- "Wenn ich wie-
der komme," sagte der Holzhacker und ließ sich
nicht aufhalten. Da kam er an einen Feigen-
baum, der wollte verdorren, nebenbei stand ein
Mann, der fragte ihn, was er wisse? "Ich
weiß alles." -- "So sag mir warum der Fei-
genbaum welkt und keine Früchte trägt?" --
"Wenn ich wieder komme." -- Er ging wei-
ter und kam zu einem Fischer, der mußte ihn

zeſſin war betruͤbt, denn es waren ſchon viele
Prinzen umgekommen, welche die drei golde-
nen Haare beim Teufel holen wollten, weil
aber kein anderes Mittel uͤbrig blieb, ſo ent-
deckte ſie dem Holzhacker, was ihr Vater ge-
ſagt hatte. Der Holzhacker war gar nicht be-
truͤbt und ſagte: „das ſoll mir ſchon gelingen,
bleib mir nur getreu, bis ich wiederkomme, mor-
gen fruͤh zieh ich aus.“

Alſo begab ſich der Holzhacker auf die Reiſe
zum Teufel, und kam bald an eine große Stadt.
Vor dem Thor fragte ihn der Waͤchter, was
er fuͤr ein Handwerk verſtehe und was er wiſ-
ſe? „Ich weiß alles,“ antwortete er. „Wenn
du alles weißt, ſagte der Thorwaͤchter, ſo mach
unſere Prinzeſſin geſund, die kein Arzt in der
Welt curiren kann.“ — „Wenn ich wieder
komme.“ In der zweiten Stadt wurde er
auch gefragt, was er wiſſe? „Ich weiß alles.“
— „So ſag uns warum unſer ſchoͤner Markt-
brunnen vertrocknet iſt?“ — „Wenn ich wie-
der komme,“ ſagte der Holzhacker und ließ ſich
nicht aufhalten. Da kam er an einen Feigen-
baum, der wollte verdorren, nebenbei ſtand ein
Mann, der fragte ihn, was er wiſſe? „Ich
weiß alles.“ — „So ſag mir warum der Fei-
genbaum welkt und keine Fruͤchte traͤgt?“ —
„Wenn ich wieder komme.“ — Er ging wei-
ter und kam zu einem Fiſcher, der mußte ihn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0157" n="123"/>
ze&#x017F;&#x017F;in war betru&#x0364;bt, denn es waren &#x017F;chon viele<lb/>
Prinzen umgekommen, welche die drei golde-<lb/>
nen Haare beim Teufel holen wollten, weil<lb/>
aber kein anderes Mittel u&#x0364;brig blieb, &#x017F;o ent-<lb/>
deckte &#x017F;ie dem Holzhacker, was ihr Vater ge-<lb/>
&#x017F;agt hatte. Der Holzhacker war gar nicht be-<lb/>
tru&#x0364;bt und &#x017F;agte: &#x201E;das &#x017F;oll mir &#x017F;chon gelingen,<lb/>
bleib mir nur getreu, bis ich wiederkomme, mor-<lb/>
gen fru&#x0364;h zieh ich aus.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Al&#x017F;o begab &#x017F;ich der Holzhacker auf die Rei&#x017F;e<lb/>
zum Teufel, und kam bald an eine große Stadt.<lb/>
Vor dem Thor fragte ihn der Wa&#x0364;chter, was<lb/>
er fu&#x0364;r ein Handwerk ver&#x017F;tehe und was er wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e? &#x201E;Ich weiß alles,&#x201C; antwortete er. &#x201E;Wenn<lb/>
du alles weißt, &#x017F;agte der Thorwa&#x0364;chter, &#x017F;o mach<lb/>
un&#x017F;ere Prinze&#x017F;&#x017F;in ge&#x017F;und, die kein Arzt in der<lb/>
Welt curiren kann.&#x201C; &#x2014; &#x201E;Wenn ich wieder<lb/>
komme.&#x201C; In der zweiten Stadt wurde er<lb/>
auch gefragt, was er wi&#x017F;&#x017F;e? &#x201E;Ich weiß alles.&#x201C;<lb/>
&#x2014; &#x201E;So &#x017F;ag uns warum un&#x017F;er &#x017F;cho&#x0364;ner Markt-<lb/>
brunnen vertrocknet i&#x017F;t?&#x201C; &#x2014; &#x201E;Wenn ich wie-<lb/>
der komme,&#x201C; &#x017F;agte der Holzhacker und ließ &#x017F;ich<lb/>
nicht aufhalten. Da kam er an einen Feigen-<lb/>
baum, der wollte verdorren, nebenbei &#x017F;tand ein<lb/>
Mann, der fragte ihn, was er wi&#x017F;&#x017F;e? &#x201E;Ich<lb/>
weiß alles.&#x201C; &#x2014; &#x201E;So &#x017F;ag mir warum der Fei-<lb/>
genbaum welkt und keine Fru&#x0364;chte tra&#x0364;gt?&#x201C; &#x2014;<lb/>
&#x201E;Wenn ich wieder komme.&#x201C; &#x2014; Er ging wei-<lb/>
ter und kam zu einem Fi&#x017F;cher, der mußte ihn<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0157] zeſſin war betruͤbt, denn es waren ſchon viele Prinzen umgekommen, welche die drei golde- nen Haare beim Teufel holen wollten, weil aber kein anderes Mittel uͤbrig blieb, ſo ent- deckte ſie dem Holzhacker, was ihr Vater ge- ſagt hatte. Der Holzhacker war gar nicht be- truͤbt und ſagte: „das ſoll mir ſchon gelingen, bleib mir nur getreu, bis ich wiederkomme, mor- gen fruͤh zieh ich aus.“ Alſo begab ſich der Holzhacker auf die Reiſe zum Teufel, und kam bald an eine große Stadt. Vor dem Thor fragte ihn der Waͤchter, was er fuͤr ein Handwerk verſtehe und was er wiſ- ſe? „Ich weiß alles,“ antwortete er. „Wenn du alles weißt, ſagte der Thorwaͤchter, ſo mach unſere Prinzeſſin geſund, die kein Arzt in der Welt curiren kann.“ — „Wenn ich wieder komme.“ In der zweiten Stadt wurde er auch gefragt, was er wiſſe? „Ich weiß alles.“ — „So ſag uns warum unſer ſchoͤner Markt- brunnen vertrocknet iſt?“ — „Wenn ich wie- der komme,“ ſagte der Holzhacker und ließ ſich nicht aufhalten. Da kam er an einen Feigen- baum, der wollte verdorren, nebenbei ſtand ein Mann, der fragte ihn, was er wiſſe? „Ich weiß alles.“ — „So ſag mir warum der Fei- genbaum welkt und keine Fruͤchte traͤgt?“ — „Wenn ich wieder komme.“ — Er ging wei- ter und kam zu einem Fiſcher, der mußte ihn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/157
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/157>, abgerufen am 17.05.2024.