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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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überschiffen, der fragte ihn, was er wisse? "Ich
weiß alles." -- "So sag mir, wann werd'
ich einmal abgelöst werden und ein anderer
die Leute überschiffen?" -- "Wenn ich wieder
komme."

Nachdem der Holzhacker drüben war, kam
er in die Hölle, da sahs schwarz und rusig aus,
der Teufel aber war nicht zu Haus, nur seine
Frau saß da. Der Holzhacker sagte zu ihr:
"guten Tag, Frau Teufelin, ich bin hierher ge-
kommen und möchte die drei goldenen Haare
haben, die euer Mann auf dem Kopfe trägt;
auch mögt ich wissen, warum eine Prinzessin
nicht kann geheilt werden, warum ein tiefer
Marktbrunnen ohne Wasser, und ein Feigen-
baum ohne Früchte ist, und warum ein Schif-
fer nicht abgelöst wird. Die Frau erschrack
und sagte: "wenn der Teufel kommt und fin-
det dich hier, so frißt er dich gleich auf, die
drei goldenen Haare kannst du nimmermehr
kriegen, weil du aber so jung noch bist, so
dauerst du mich, und ich will sehen ob ich dich
erretten kann." -- Der Holzhacker mußte sich
unter das Bett legen, und kaum hatte er ein
Weilchen da gelegen, da kam der Teufel nach
Haus: "guten Abend Frau," und fing an sich
auszuziehen und sagte dann: "wie ist mir in
der Stube! ich rieche, ich rieche Menschenfleisch,
da muß ich einmal nachsehen." -- "Was wirst

uͤberſchiffen, der fragte ihn, was er wiſſe? „Ich
weiß alles.“ — „So ſag mir, wann werd'
ich einmal abgeloͤſt werden und ein anderer
die Leute uͤberſchiffen?“ — „Wenn ich wieder
komme.“

Nachdem der Holzhacker druͤben war, kam
er in die Hoͤlle, da ſahs ſchwarz und ruſig aus,
der Teufel aber war nicht zu Haus, nur ſeine
Frau ſaß da. Der Holzhacker ſagte zu ihr:
„guten Tag, Frau Teufelin, ich bin hierher ge-
kommen und moͤchte die drei goldenen Haare
haben, die euer Mann auf dem Kopfe traͤgt;
auch moͤgt ich wiſſen, warum eine Prinzeſſin
nicht kann geheilt werden, warum ein tiefer
Marktbrunnen ohne Waſſer, und ein Feigen-
baum ohne Fruͤchte iſt, und warum ein Schif-
fer nicht abgeloͤſt wird. Die Frau erſchrack
und ſagte: „wenn der Teufel kommt und fin-
det dich hier, ſo frißt er dich gleich auf, die
drei goldenen Haare kannſt du nimmermehr
kriegen, weil du aber ſo jung noch biſt, ſo
dauerſt du mich, und ich will ſehen ob ich dich
erretten kann.“ — Der Holzhacker mußte ſich
unter das Bett legen, und kaum hatte er ein
Weilchen da gelegen, da kam der Teufel nach
Haus: „guten Abend Frau,“ und fing an ſich
auszuziehen und ſagte dann: „wie iſt mir in
der Stube! ich rieche, ich rieche Menſchenfleiſch,
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[124/0158] uͤberſchiffen, der fragte ihn, was er wiſſe? „Ich weiß alles.“ — „So ſag mir, wann werd' ich einmal abgeloͤſt werden und ein anderer die Leute uͤberſchiffen?“ — „Wenn ich wieder komme.“ Nachdem der Holzhacker druͤben war, kam er in die Hoͤlle, da ſahs ſchwarz und ruſig aus, der Teufel aber war nicht zu Haus, nur ſeine Frau ſaß da. Der Holzhacker ſagte zu ihr: „guten Tag, Frau Teufelin, ich bin hierher ge- kommen und moͤchte die drei goldenen Haare haben, die euer Mann auf dem Kopfe traͤgt; auch moͤgt ich wiſſen, warum eine Prinzeſſin nicht kann geheilt werden, warum ein tiefer Marktbrunnen ohne Waſſer, und ein Feigen- baum ohne Fruͤchte iſt, und warum ein Schif- fer nicht abgeloͤſt wird. Die Frau erſchrack und ſagte: „wenn der Teufel kommt und fin- det dich hier, ſo frißt er dich gleich auf, die drei goldenen Haare kannſt du nimmermehr kriegen, weil du aber ſo jung noch biſt, ſo dauerſt du mich, und ich will ſehen ob ich dich erretten kann.“ — Der Holzhacker mußte ſich unter das Bett legen, und kaum hatte er ein Weilchen da gelegen, da kam der Teufel nach Haus: „guten Abend Frau,“ und fing an ſich auszuziehen und ſagte dann: „wie iſt mir in der Stube! ich rieche, ich rieche Menſchenfleiſch, da muß ich einmal nachſehen.“ — „Was wirſt

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/158>, abgerufen am 24.11.2024.