ihr Grund sehr alt seyn, bei einigen wird es durch Spuren in Fischart und Rollenha- gen, die an ihrem Ort bemerkt sind, für bei- nah drei Jahrhunderte besonders bewiesen; es ist aber außer Zweifel, daß sie noch gar viel älter sind, wenn auch Mangel an Nach- richten directe Beweise unmöglich macht. Nur ein einziger, aber sicherer ergiebt sich aus ihrem Zusammenhang mit dem großen Heldenepos und der einheimischen Thierfabel, welchen auszuführen natürlich hier der Ort nicht war, einiges ist jedoch im Anhang gleichfalls darüber gesagt worden.
Weil diese Poesie dem ersten und ein- fachsten Leben so nah liegt, so sehen wir da- rin den Grund ihrer allgemeinen Verbrei- tung, denn es giebt wohl kein Volk, wel- ches sie ganz entbehrt. Selbst die Neger im westlichen Afrika vergnügen ihre Kin- der mit Erzählungen, und von den Grie- chen sagt es Strabo ausdrücklich (Man wird dies Zeugniß am Ende finden bei den an- dern, welche beweisen, wie sehr diejenigen, die gewußt, was eine solche unmittelbar zum Herzen redende Stimme werth ist, solche Märchen geschätzt haben). Noch ein ande-
ihr Grund ſehr alt ſeyn, bei einigen wird es durch Spuren in Fiſchart und Rollenha- gen, die an ihrem Ort bemerkt ſind, fuͤr bei- nah drei Jahrhunderte beſonders bewieſen; es iſt aber außer Zweifel, daß ſie noch gar viel aͤlter ſind, wenn auch Mangel an Nach- richten directe Beweiſe unmoͤglich macht. Nur ein einziger, aber ſicherer ergiebt ſich aus ihrem Zuſammenhang mit dem großen Heldenepos und der einheimiſchen Thierfabel, welchen auszufuͤhren natuͤrlich hier der Ort nicht war, einiges iſt jedoch im Anhang gleichfalls daruͤber geſagt worden.
Weil dieſe Poeſie dem erſten und ein- fachſten Leben ſo nah liegt, ſo ſehen wir da- rin den Grund ihrer allgemeinen Verbrei- tung, denn es giebt wohl kein Volk, wel- ches ſie ganz entbehrt. Selbſt die Neger im weſtlichen Afrika vergnuͤgen ihre Kin- der mit Erzaͤhlungen, und von den Grie- chen ſagt es Strabo ausdruͤcklich (Man wird dies Zeugniß am Ende finden bei den an- dern, welche beweiſen, wie ſehr diejenigen, die gewußt, was eine ſolche unmittelbar zum Herzen redende Stimme werth iſt, ſolche Maͤrchen geſchaͤtzt haben). Noch ein ande-
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[XIV/0020]
ihr Grund ſehr alt ſeyn, bei einigen wird
es durch Spuren in Fiſchart und Rollenha-
gen, die an ihrem Ort bemerkt ſind, fuͤr bei-
nah drei Jahrhunderte beſonders bewieſen;
es iſt aber außer Zweifel, daß ſie noch gar
viel aͤlter ſind, wenn auch Mangel an Nach-
richten directe Beweiſe unmoͤglich macht.
Nur ein einziger, aber ſicherer ergiebt ſich
aus ihrem Zuſammenhang mit dem großen
Heldenepos und der einheimiſchen Thierfabel,
welchen auszufuͤhren natuͤrlich hier der Ort
nicht war, einiges iſt jedoch im Anhang
gleichfalls daruͤber geſagt worden.
Weil dieſe Poeſie dem erſten und ein-
fachſten Leben ſo nah liegt, ſo ſehen wir da-
rin den Grund ihrer allgemeinen Verbrei-
tung, denn es giebt wohl kein Volk, wel-
ches ſie ganz entbehrt. Selbſt die Neger
im weſtlichen Afrika vergnuͤgen ihre Kin-
der mit Erzaͤhlungen, und von den Grie-
chen ſagt es Strabo ausdruͤcklich (Man wird
dies Zeugniß am Ende finden bei den an-
dern, welche beweiſen, wie ſehr diejenigen,
die gewußt, was eine ſolche unmittelbar zum
Herzen redende Stimme werth iſt, ſolche
Maͤrchen geſchaͤtzt haben). Noch ein ande-
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. XIV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/20>, abgerufen am 21.11.2024.
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