Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

ten rasirten Kopf, da springt sie auf, schreit
meh! meh! lauft fort, und niemand weiß bis
auf den Tag, wo sie hingelaufen ist.

II.

Ein Schneider hatte drei Söhne, die wollt'
er nach einander in die Welt schicken, da soll-
ten sie was rechtschaffenes lernen, und damit sie
nicht leer ausgingen, bekam jeder einen Pfann-
kuchen, und einen Heller mit auf den Weg.
Der ältste zog aus und kam zu einem kleinen
Mann, der wohnte in einer Nußschale, war
aber gewaltig reich. Er sprach zu dem Schnei-
der: "wenn du meine Heerde an dem Berg
weiden und hüten willst, sollst du ein gut Ge-
schenk von mir haben; doch mußt du dich in
Acht nehmen, vor einem Haus am Fuße des
Bergs, da gehts lustig zu, man hört immer Mu-
sik und Tanzgeschrei, trittst du einmal hinein,
so ists mit uns vorbei. "Der Schneider wil-
ligte ein, trieb die Heerde auf den Berg, hütete
sie fleißig blieb auch immer weit von dem Haus.
Einmal aber, auf einen Sonntag hört' er, wie
gar lustig es darin war, dacht, einmal ist kein-
mal, ging hinein, tanzte, und war vergnügt.
Als er aber wieder heraus kam, war es Nacht
und die ganze Heerde fort, da ging er mit
schwerem Herzen zu seinem Herrn und gestand
ihm was er gethan. Der Herr in der Nuß-

ten raſirten Kopf, da ſpringt ſie auf, ſchreit
meh! meh! lauft fort, und niemand weiß bis
auf den Tag, wo ſie hingelaufen iſt.

II.

Ein Schneider hatte drei Soͤhne, die wollt'
er nach einander in die Welt ſchicken, da ſoll-
ten ſie was rechtſchaffenes lernen, und damit ſie
nicht leer ausgingen, bekam jeder einen Pfann-
kuchen, und einen Heller mit auf den Weg.
Der aͤltſte zog aus und kam zu einem kleinen
Mann, der wohnte in einer Nußſchale, war
aber gewaltig reich. Er ſprach zu dem Schnei-
der: „wenn du meine Heerde an dem Berg
weiden und huͤten willſt, ſollſt du ein gut Ge-
ſchenk von mir haben; doch mußt du dich in
Acht nehmen, vor einem Haus am Fuße des
Bergs, da gehts luſtig zu, man hoͤrt immer Mu-
ſik und Tanzgeſchrei, trittſt du einmal hinein,
ſo iſts mit uns vorbei. „Der Schneider wil-
ligte ein, trieb die Heerde auf den Berg, huͤtete
ſie fleißig blieb auch immer weit von dem Haus.
Einmal aber, auf einen Sonntag hoͤrt' er, wie
gar luſtig es darin war, dacht, einmal iſt kein-
mal, ging hinein, tanzte, und war vergnuͤgt.
Als er aber wieder heraus kam, war es Nacht
und die ganze Heerde fort, da ging er mit
ſchwerem Herzen zu ſeinem Herrn und geſtand
ihm was er gethan. Der Herr in der Nuß-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0202" n="168"/>
ten ra&#x017F;irten Kopf, da &#x017F;pringt &#x017F;ie auf, &#x017F;chreit<lb/>
meh! meh! lauft fort, und niemand weiß bis<lb/>
auf den Tag, wo &#x017F;ie hingelaufen i&#x017F;t.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">II.</hi> </head><lb/>
          <p>Ein Schneider hatte drei So&#x0364;hne, die wollt'<lb/>
er nach einander in die Welt &#x017F;chicken, da &#x017F;oll-<lb/>
ten &#x017F;ie was recht&#x017F;chaffenes lernen, und damit &#x017F;ie<lb/>
nicht leer ausgingen, bekam jeder einen Pfann-<lb/>
kuchen, und einen Heller mit auf den Weg.<lb/>
Der a&#x0364;lt&#x017F;te zog aus und kam zu einem kleinen<lb/>
Mann, der wohnte in einer Nuß&#x017F;chale, war<lb/>
aber gewaltig reich. Er &#x017F;prach zu dem Schnei-<lb/>
der: &#x201E;wenn du meine Heerde an dem Berg<lb/>
weiden und hu&#x0364;ten will&#x017F;t, &#x017F;oll&#x017F;t du ein gut Ge-<lb/>
&#x017F;chenk von mir haben; doch mußt du dich in<lb/>
Acht nehmen, vor einem Haus am Fuße des<lb/>
Bergs, da gehts lu&#x017F;tig zu, man ho&#x0364;rt immer Mu-<lb/>
&#x017F;ik und Tanzge&#x017F;chrei, tritt&#x017F;t du einmal hinein,<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;ts mit uns vorbei. &#x201E;Der Schneider wil-<lb/>
ligte ein, trieb die Heerde auf den Berg, hu&#x0364;tete<lb/>
&#x017F;ie fleißig blieb auch immer weit von dem Haus.<lb/>
Einmal aber, auf einen Sonntag ho&#x0364;rt' er, wie<lb/>
gar lu&#x017F;tig es darin war, dacht, einmal i&#x017F;t kein-<lb/>
mal, ging hinein, tanzte, und war vergnu&#x0364;gt.<lb/>
Als er aber wieder heraus kam, war es Nacht<lb/>
und die ganze Heerde fort, da ging er mit<lb/>
&#x017F;chwerem Herzen zu &#x017F;einem Herrn und ge&#x017F;tand<lb/>
ihm was er gethan. Der Herr in der Nuß-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0202] ten raſirten Kopf, da ſpringt ſie auf, ſchreit meh! meh! lauft fort, und niemand weiß bis auf den Tag, wo ſie hingelaufen iſt. II. Ein Schneider hatte drei Soͤhne, die wollt' er nach einander in die Welt ſchicken, da ſoll- ten ſie was rechtſchaffenes lernen, und damit ſie nicht leer ausgingen, bekam jeder einen Pfann- kuchen, und einen Heller mit auf den Weg. Der aͤltſte zog aus und kam zu einem kleinen Mann, der wohnte in einer Nußſchale, war aber gewaltig reich. Er ſprach zu dem Schnei- der: „wenn du meine Heerde an dem Berg weiden und huͤten willſt, ſollſt du ein gut Ge- ſchenk von mir haben; doch mußt du dich in Acht nehmen, vor einem Haus am Fuße des Bergs, da gehts luſtig zu, man hoͤrt immer Mu- ſik und Tanzgeſchrei, trittſt du einmal hinein, ſo iſts mit uns vorbei. „Der Schneider wil- ligte ein, trieb die Heerde auf den Berg, huͤtete ſie fleißig blieb auch immer weit von dem Haus. Einmal aber, auf einen Sonntag hoͤrt' er, wie gar luſtig es darin war, dacht, einmal iſt kein- mal, ging hinein, tanzte, und war vergnuͤgt. Als er aber wieder heraus kam, war es Nacht und die ganze Heerde fort, da ging er mit ſchwerem Herzen zu ſeinem Herrn und geſtand ihm was er gethan. Der Herr in der Nuß-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/202
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/202>, abgerufen am 21.11.2024.