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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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ihm böse grimmige Gesichter und sagte: "wenn
du dich noch einmal unterstehst mich zu betrü-
gen, so dreh ich dir den Hals um." Bald dar-
nach ward des Königs schöne Tochter krank,
niemand auf der Welt konnte ihr helfen, der
König weinte Tag und Nacht, endlich ließ er
bekannt machen, wer sie curiren könne, der solle
sie zur Belohnung haben. Da kam der Doc-
tor und sah den Tod zu den Füßen der Prin-
zessin stehen, doch weil er vor ihrer Schönheit
ganz in Erstaunen war, vergaß er alle War-
nung, drehte sie herum und ließ sie an der hei-
lenden Flasche riechen und salbte ihr die Fuß-
sohlen daraus. Kaum war er wieder zu Haus,
da stand der Tod mit einem entsetzlichen Ge-
sicht vor ihm packte ihn, und trug ihn in eine
unterirdische Höhle, worin viel tausend Lichter
brannten. "Siehst du, sagte der Tod, das sind
alle Lebende, und hier das Licht, das nur noch
ein wenig brennt und gleich auslöschen will,
das ist dein Leben; hüt' dich!"

45.
Des Schneiders Daumerling Wan-
derschaft
.

Ein Schneider hatte einen Sohn, der war
klein gerathen und nicht größer als ein Dau-
men, darum hieß er der Daumerling. Er hatte

N 2

ihm boͤſe grimmige Geſichter und ſagte: „wenn
du dich noch einmal unterſtehſt mich zu betruͤ-
gen, ſo dreh ich dir den Hals um.“ Bald dar-
nach ward des Koͤnigs ſchoͤne Tochter krank,
niemand auf der Welt konnte ihr helfen, der
Koͤnig weinte Tag und Nacht, endlich ließ er
bekannt machen, wer ſie curiren koͤnne, der ſolle
ſie zur Belohnung haben. Da kam der Doc-
tor und ſah den Tod zu den Fuͤßen der Prin-
zeſſin ſtehen, doch weil er vor ihrer Schoͤnheit
ganz in Erſtaunen war, vergaß er alle War-
nung, drehte ſie herum und ließ ſie an der hei-
lenden Flaſche riechen und ſalbte ihr die Fuß-
ſohlen daraus. Kaum war er wieder zu Haus,
da ſtand der Tod mit einem entſetzlichen Ge-
ſicht vor ihm packte ihn, und trug ihn in eine
unterirdiſche Hoͤhle, worin viel tauſend Lichter
brannten. „Siehſt du, ſagte der Tod, das ſind
alle Lebende, und hier das Licht, das nur noch
ein wenig brennt und gleich ausloͤſchen will,
das iſt dein Leben; huͤt' dich!“

45.
Des Schneiders Daumerling Wan-
derſchaft
.

Ein Schneider hatte einen Sohn, der war
klein gerathen und nicht groͤßer als ein Dau-
men, darum hieß er der Daumerling. Er hatte

N 2
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[195/0229] ihm boͤſe grimmige Geſichter und ſagte: „wenn du dich noch einmal unterſtehſt mich zu betruͤ- gen, ſo dreh ich dir den Hals um.“ Bald dar- nach ward des Koͤnigs ſchoͤne Tochter krank, niemand auf der Welt konnte ihr helfen, der Koͤnig weinte Tag und Nacht, endlich ließ er bekannt machen, wer ſie curiren koͤnne, der ſolle ſie zur Belohnung haben. Da kam der Doc- tor und ſah den Tod zu den Fuͤßen der Prin- zeſſin ſtehen, doch weil er vor ihrer Schoͤnheit ganz in Erſtaunen war, vergaß er alle War- nung, drehte ſie herum und ließ ſie an der hei- lenden Flaſche riechen und ſalbte ihr die Fuß- ſohlen daraus. Kaum war er wieder zu Haus, da ſtand der Tod mit einem entſetzlichen Ge- ſicht vor ihm packte ihn, und trug ihn in eine unterirdiſche Hoͤhle, worin viel tauſend Lichter brannten. „Siehſt du, ſagte der Tod, das ſind alle Lebende, und hier das Licht, das nur noch ein wenig brennt und gleich ausloͤſchen will, das iſt dein Leben; huͤt' dich!“ 45. Des Schneiders Daumerling Wan- derſchaft. Ein Schneider hatte einen Sohn, der war klein gerathen und nicht groͤßer als ein Dau- men, darum hieß er der Daumerling. Er hatte N 2

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/229>, abgerufen am 21.11.2024.