ander frisch gedeckt. Sneewittchen war hungrig und durstig, aß von jedem Tellerlein ein wenig Gemüs und Brod, trank aus jedem Gläschen einen Tropfen Wein, und weil es so müd war, wollte es sich schlafen legen. Da probirte es die sieben Bettlein nach einander, keins war ihm aber recht, bis auf das siebente, in das legte es sich und schlief ein.
Wie es Nacht war, kamen die sieben Zwer- ge von ihrer Arbeit heim, und steckten ihre sie- ben Lichtlein an, da sahen sie, daß jemand in ihrem Haus gewesen war. Der erste sprach: "wer hat auf meinem Stühlchen gesessen?" Der zweite: "wer hat von meinem Tellerchen gegessen?" Der dritte: "wer hat von meinem Brödchen genommen?" Der vierte: "wer hat von meinem Gemüschen gegessen?" Der fünf- te: "wer hat mit meinem Gäbelchen gestochen?" Der sechste: "wer hat mit meinem Messerchen geschnitten?" Der siebente: "wer hat aus meinem Becherlein getrunken?" Darnach sah der erste sich um und sagte: "wer hat in mein Bettchen getreten?" Der zweite: "ei, in mei- nem hat auch jemand gelegen?" und so alle weiter bis zum siebenten, wie der nach seinem Bettchen sah, da fand er das Sneewittchen darin liegen und schlafen. Da kamen die Zwer- ge alle gelaufen, und schrieen vor Verwunde- rung, und holten ihre sieben Lichtlein herbei,
Kindermärchen. Q
ander friſch gedeckt. Sneewittchen war hungrig und durſtig, aß von jedem Tellerlein ein wenig Gemuͤs und Brod, trank aus jedem Glaͤschen einen Tropfen Wein, und weil es ſo muͤd war, wollte es ſich ſchlafen legen. Da probirte es die ſieben Bettlein nach einander, keins war ihm aber recht, bis auf das ſiebente, in das legte es ſich und ſchlief ein.
Wie es Nacht war, kamen die ſieben Zwer- ge von ihrer Arbeit heim, und ſteckten ihre ſie- ben Lichtlein an, da ſahen ſie, daß jemand in ihrem Haus geweſen war. Der erſte ſprach: „wer hat auf meinem Stuͤhlchen geſeſſen?“ Der zweite: „wer hat von meinem Tellerchen gegeſſen?“ Der dritte: „wer hat von meinem Broͤdchen genommen?“ Der vierte: „wer hat von meinem Gemuͤschen gegeſſen?“ Der fuͤnf- te: „wer hat mit meinem Gaͤbelchen geſtochen?“ Der ſechſte: „wer hat mit meinem Meſſerchen geſchnitten?“ Der ſiebente: „wer hat aus meinem Becherlein getrunken?“ Darnach ſah der erſte ſich um und ſagte: „wer hat in mein Bettchen getreten?“ Der zweite: „ei, in mei- nem hat auch jemand gelegen?“ und ſo alle weiter bis zum ſiebenten, wie der nach ſeinem Bettchen ſah, da fand er das Sneewittchen darin liegen und ſchlafen. Da kamen die Zwer- ge alle gelaufen, und ſchrieen vor Verwunde- rung, und holten ihre ſieben Lichtlein herbei,
Kindermärchen. Q
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0275"n="241"/>
ander friſch gedeckt. Sneewittchen war hungrig<lb/>
und durſtig, aß von jedem Tellerlein ein wenig<lb/>
Gemuͤs und Brod, trank aus jedem Glaͤschen<lb/>
einen Tropfen Wein, und weil es ſo muͤd war,<lb/>
wollte es ſich ſchlafen legen. Da probirte es<lb/>
die ſieben Bettlein nach einander, keins war<lb/>
ihm aber recht, bis auf das ſiebente, in das legte<lb/>
es ſich und ſchlief ein.</p><lb/><p>Wie es Nacht war, kamen die ſieben Zwer-<lb/>
ge von ihrer Arbeit heim, und ſteckten ihre ſie-<lb/>
ben Lichtlein an, da ſahen ſie, daß jemand in<lb/>
ihrem Haus geweſen war. Der erſte ſprach:<lb/>„wer hat auf meinem Stuͤhlchen geſeſſen?“<lb/>
Der zweite: „wer hat von meinem Tellerchen<lb/>
gegeſſen?“ Der dritte: „wer hat von meinem<lb/>
Broͤdchen genommen?“ Der vierte: „wer hat<lb/>
von meinem Gemuͤschen gegeſſen?“ Der fuͤnf-<lb/>
te: „wer hat mit meinem Gaͤbelchen geſtochen?“<lb/>
Der ſechſte: „wer hat mit meinem Meſſerchen<lb/>
geſchnitten?“ Der ſiebente: „wer hat aus<lb/>
meinem Becherlein getrunken?“ Darnach ſah<lb/>
der erſte ſich um und ſagte: „wer hat in mein<lb/>
Bettchen getreten?“ Der zweite: „ei, in mei-<lb/>
nem hat auch jemand gelegen?“ und ſo alle<lb/>
weiter bis zum ſiebenten, wie der nach ſeinem<lb/>
Bettchen ſah, da fand er das Sneewittchen<lb/>
darin liegen und ſchlafen. Da kamen die Zwer-<lb/>
ge alle gelaufen, und ſchrieen vor Verwunde-<lb/>
rung, und holten ihre ſieben Lichtlein herbei,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Kindermärchen. Q</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[241/0275]
ander friſch gedeckt. Sneewittchen war hungrig
und durſtig, aß von jedem Tellerlein ein wenig
Gemuͤs und Brod, trank aus jedem Glaͤschen
einen Tropfen Wein, und weil es ſo muͤd war,
wollte es ſich ſchlafen legen. Da probirte es
die ſieben Bettlein nach einander, keins war
ihm aber recht, bis auf das ſiebente, in das legte
es ſich und ſchlief ein.
Wie es Nacht war, kamen die ſieben Zwer-
ge von ihrer Arbeit heim, und ſteckten ihre ſie-
ben Lichtlein an, da ſahen ſie, daß jemand in
ihrem Haus geweſen war. Der erſte ſprach:
„wer hat auf meinem Stuͤhlchen geſeſſen?“
Der zweite: „wer hat von meinem Tellerchen
gegeſſen?“ Der dritte: „wer hat von meinem
Broͤdchen genommen?“ Der vierte: „wer hat
von meinem Gemuͤschen gegeſſen?“ Der fuͤnf-
te: „wer hat mit meinem Gaͤbelchen geſtochen?“
Der ſechſte: „wer hat mit meinem Meſſerchen
geſchnitten?“ Der ſiebente: „wer hat aus
meinem Becherlein getrunken?“ Darnach ſah
der erſte ſich um und ſagte: „wer hat in mein
Bettchen getreten?“ Der zweite: „ei, in mei-
nem hat auch jemand gelegen?“ und ſo alle
weiter bis zum ſiebenten, wie der nach ſeinem
Bettchen ſah, da fand er das Sneewittchen
darin liegen und ſchlafen. Da kamen die Zwer-
ge alle gelaufen, und ſchrieen vor Verwunde-
rung, und holten ihre ſieben Lichtlein herbei,
Kindermärchen. Q
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/275>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.