Perraults la barbe bleue gehört zu seinem am besten erzählten Märchen; ein schwedisches fliegen- des Blatt. Blaskägget Fahlum 1810. ist bloß eine Uebersetzung davon. Die französische Sage kennt noch eine Schwester der Frau, Anne, als jene ster- ben soll, gewährt ihr der Blaubart eine halbe Viertelstunde, da schickt sie die Anne auf den Thurm läßt sie nach den Brüdern sehen und ruft ihr von Zeit zu Zeit in ihrer Angst zu: "Anne, ma soeur Anne, ne vois tu rien venir?" noch ganz volks- mäßig erscheinen die Antworten derselben,
"Je ne vois que le soleil qui poudroie, "et l'herbe, qui verdoie."
In der deutschen Erzählung, wenigstens wie wir sie gehört haben, fehlt dies gänzlich; dagegen kommt der Zug vor, daß die Geängstigte den Blut- schlüssel in das Heu legt, weil es wirklich Volks- glauben ist, das Heu ziehe Blut aus. -- Ein deut- sches Volkslied (Wunderhorn I, 274. und Herder Volkslieder I, 79) am schönsten neulich in Gräters Idunna nach dem breslauischen Volksgesang mit- getheilt, enthält im Grund dieselbe Sage, doch sehr abweichend und ohne des blauen Barts Erwäh- nung zu thun, von Ulrich und Aennchen. Eben so der Fitchersvogel (No. 46.) auch wieder recht ei- genthümlich und gut, und das holländische Mord- Schloß (No. 73). Tieks Bearbeitung ist bekannt. In Hamburg sagt man von einem Starkbärtigen, er sei ein Blaubart (Schütze hollst. Idiot. I, 112.), dasselbe gilt von dem ehemaligen Hessen; hier in Cassel ist ein verwachsener, halb alberner und tol- ler Handwerksbursch unter dem Namen bekannt genug. -- Endlich haben ihre unverkennbare Aehn- lichkeit mit der Sage: das schottische Lied von Cospatrik, der König Porc bei Straparola und der Eingang der 1001. Nacht, wo der Sultan auch seine Weiber nach der ersten Nacht tödtet.
Zu den Goldkindern. No. 63.
Damit stimmt überein No. 74. Vom Johan-
Zu dem Blaubart. No. 62.
Perraults la barbe bleue gehoͤrt zu ſeinem am beſten erzaͤhlten Maͤrchen; ein ſchwediſches fliegen- des Blatt. Blaſkaͤgget Fahlum 1810. iſt bloß eine Ueberſetzung davon. Die franzoͤſiſche Sage kennt noch eine Schweſter der Frau, Anne, als jene ſter- ben ſoll, gewaͤhrt ihr der Blaubart eine halbe Viertelſtunde, da ſchickt ſie die Anne auf den Thurm laͤßt ſie nach den Bruͤdern ſehen und ruft ihr von Zeit zu Zeit in ihrer Angſt zu: „Anne, ma soeur Anne, ne vois tu rien venir?“ noch ganz volks- maͤßig erſcheinen die Antworten derſelben,
„Je ne vois que le soleil qui poudroie, „et l'herbe, qui verdoie.“
In der deutſchen Erzaͤhlung, wenigſtens wie wir ſie gehoͤrt haben, fehlt dies gaͤnzlich; dagegen kommt der Zug vor, daß die Geaͤngſtigte den Blut- ſchluͤſſel in das Heu legt, weil es wirklich Volks- glauben iſt, das Heu ziehe Blut aus. — Ein deut- ſches Volkslied (Wunderhorn I, 274. und Herder Volkslieder I, 79) am ſchoͤnſten neulich in Graͤters Idunna nach dem breslauiſchen Volksgeſang mit- getheilt, enthaͤlt im Grund dieſelbe Sage, doch ſehr abweichend und ohne des blauen Barts Erwaͤh- nung zu thun, von Ulrich und Aennchen. Eben ſo der Fitchersvogel (No. 46.) auch wieder recht ei- genthuͤmlich und gut, und das hollaͤndiſche Mord- Schloß (No. 73). Tieks Bearbeitung iſt bekannt. In Hamburg ſagt man von einem Starkbaͤrtigen, er ſei ein Blaubart (Schuͤtze hollſt. Idiot. I, 112.), daſſelbe gilt von dem ehemaligen Heſſen; hier in Caſſel iſt ein verwachſener, halb alberner und tol- ler Handwerksburſch unter dem Namen bekannt genug. — Endlich haben ihre unverkennbare Aehn- lichkeit mit der Sage: das ſchottiſche Lied von Coſpatrik, der Koͤnig Porc bei Straparola und der Eingang der 1001. Nacht, wo der Sultan auch ſeine Weiber nach der erſten Nacht toͤdtet.
Zu den Goldkindern. No. 63.
Damit ſtimmt uͤberein No. 74. Vom Johan-
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[XLI/0463]
Zu dem Blaubart. No. 62.
Perraults la barbe bleue gehoͤrt zu ſeinem am
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des Blatt. Blaſkaͤgget Fahlum 1810. iſt bloß eine
Ueberſetzung davon. Die franzoͤſiſche Sage kennt
noch eine Schweſter der Frau, Anne, als jene ſter-
ben ſoll, gewaͤhrt ihr der Blaubart eine halbe
Viertelſtunde, da ſchickt ſie die Anne auf den Thurm
laͤßt ſie nach den Bruͤdern ſehen und ruft ihr von
Zeit zu Zeit in ihrer Angſt zu: „Anne, ma soeur
Anne, ne vois tu rien venir?“ noch ganz volks-
maͤßig erſcheinen die Antworten derſelben,
„Je ne vois que le soleil qui poudroie,
„et l'herbe, qui verdoie.“
In der deutſchen Erzaͤhlung, wenigſtens wie wir
ſie gehoͤrt haben, fehlt dies gaͤnzlich; dagegen
kommt der Zug vor, daß die Geaͤngſtigte den Blut-
ſchluͤſſel in das Heu legt, weil es wirklich Volks-
glauben iſt, das Heu ziehe Blut aus. — Ein deut-
ſches Volkslied (Wunderhorn I, 274. und Herder
Volkslieder I, 79) am ſchoͤnſten neulich in Graͤters
Idunna nach dem breslauiſchen Volksgeſang mit-
getheilt, enthaͤlt im Grund dieſelbe Sage, doch ſehr
abweichend und ohne des blauen Barts Erwaͤh-
nung zu thun, von Ulrich und Aennchen. Eben ſo
der Fitchersvogel (No. 46.) auch wieder recht ei-
genthuͤmlich und gut, und das hollaͤndiſche Mord-
Schloß (No. 73). Tieks Bearbeitung iſt bekannt.
In Hamburg ſagt man von einem Starkbaͤrtigen,
er ſei ein Blaubart (Schuͤtze hollſt. Idiot. I, 112.),
daſſelbe gilt von dem ehemaligen Heſſen; hier in
Caſſel iſt ein verwachſener, halb alberner und tol-
ler Handwerksburſch unter dem Namen bekannt
genug. — Endlich haben ihre unverkennbare Aehn-
lichkeit mit der Sage: das ſchottiſche Lied von
Coſpatrik, der Koͤnig Porc bei Straparola und
der Eingang der 1001. Nacht, wo der Sultan
auch ſeine Weiber nach der erſten Nacht toͤdtet.
Zu den Goldkindern. No. 63.
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. XLI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/463>, abgerufen am 24.11.2024.
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