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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

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angeloben, was ihm zuerst zu Haus begegnen
wird. Das ist nun die stolze Prinzessin, die das
singende, klingende Bäumchen kommen hörte. Der
König erschrickt und sagt, daß sie einem Löwen
jetzt zugefallen sey, aber sie bekümmert sich nicht
darum, läßt die Tochter einer Wäscherin mit ih-
ren Kleidern anthun und an ihren Platz setzen.
Nach drei Tagen kommt der Löwe: "setz dich auf
meinen Rücken," spricht er, und trägt sie in den
Wald. Das Mädchen weint, wie es eine Quelle
sieht: "wer wird meiner Mutter jetzt waschen hel-
fen!" Der Löwe merkt den Betrug, trägt sie zu-
rück und kommt nach drei Tagen wieder, da sitzt
eines Hirten Tochter in den Kleidern der Prinzessin,
"setz dich auf meinen Rücken," sagt der Löwe und
trägt sie hinaus. Wie sie auf die bunte Wiese
kommen, seufzt das Mädchen: "ach! wer wird den
Hans trösten, wenn ich nicht bei ihm hier liegen
kann!" Der Löwe kehrt wieder um, bringt dem
König die falsche Braut, droht ihm, und läuft zur
Prinzessin, die sich gleich auf seinen Rücken setzen
und mit ihm fort muß. Er führt sie in eine Höh-
le, wo sie an elf Kranken die niedrigsten Arbeiten
thun muß und ihre eiternden Wunden heilen. Sie
empfindet da Reue über ihren vorigen Hochmuth,
heilt dann auch den Löwen, der verwundet wird,
und mit dem allem büßt sie ihre Sünden, befindet
sich einmal, als sie erwacht, wieder in dem präch-
tigen Schloß bei ihrem Vater, der Löwe aber ist
ein schöner Jüngling geworden, und ihr Bräu-
tigam.

In dem Märchen vom Weißtäubchen in der
Erfurtschen Sammlung S. 87 88. wird auch der
Zauber gelöst, indem das Mädchen der Taube den
Kopf abreißt, und ihn gegen Morgen, den Rumpf
gegen Abend wirft.

In einer andern mündlichen Erzählung, fragt
der Fuchs immer, das Mädchen, das er fortträgt,
wie viel Uhr es sey, die Hirtentöchter antworten,
zehn Uhr, wenn ich die Heerde sonst zusammenge-
blasen habe, die Königstochter aber, zehn Uhr,
wenn zur Tafel geblasen wird, und nun bin ich
hier im Wald und habe nichts zu essen.


angeloben, was ihm zuerſt zu Haus begegnen
wird. Das iſt nun die ſtolze Prinzeſſin, die das
ſingende, klingende Baͤumchen kommen hoͤrte. Der
Koͤnig erſchrickt und ſagt, daß ſie einem Loͤwen
jetzt zugefallen ſey, aber ſie bekuͤmmert ſich nicht
darum, laͤßt die Tochter einer Waͤſcherin mit ih-
ren Kleidern anthun und an ihren Platz ſetzen.
Nach drei Tagen kommt der Loͤwe: „ſetz dich auf
meinen Ruͤcken,“ ſpricht er, und traͤgt ſie in den
Wald. Das Maͤdchen weint, wie es eine Quelle
ſieht: „wer wird meiner Mutter jetzt waſchen hel-
fen!“ Der Loͤwe merkt den Betrug, traͤgt ſie zu-
ruͤck und kommt nach drei Tagen wieder, da ſitzt
eines Hirten Tochter in den Kleidern der Prinzeſſin,
„ſetz dich auf meinen Ruͤcken,“ ſagt der Loͤwe und
traͤgt ſie hinaus. Wie ſie auf die bunte Wieſe
kommen, ſeufzt das Maͤdchen: „ach! wer wird den
Hans troͤſten, wenn ich nicht bei ihm hier liegen
kann!“ Der Loͤwe kehrt wieder um, bringt dem
Koͤnig die falſche Braut, droht ihm, und laͤuft zur
Prinzeſſin, die ſich gleich auf ſeinen Ruͤcken ſetzen
und mit ihm fort muß. Er fuͤhrt ſie in eine Hoͤh-
le, wo ſie an elf Kranken die niedrigſten Arbeiten
thun muß und ihre eiternden Wunden heilen. Sie
empfindet da Reue uͤber ihren vorigen Hochmuth,
heilt dann auch den Loͤwen, der verwundet wird,
und mit dem allem buͤßt ſie ihre Suͤnden, befindet
ſich einmal, als ſie erwacht, wieder in dem praͤch-
tigen Schloß bei ihrem Vater, der Loͤwe aber iſt
ein ſchoͤner Juͤngling geworden, und ihr Braͤu-
tigam.

In dem Maͤrchen vom Weißtaͤubchen in der
Erfurtſchen Sammlung S. 87 88. wird auch der
Zauber geloͤſt, indem das Maͤdchen der Taube den
Kopf abreißt, und ihn gegen Morgen, den Rumpf
gegen Abend wirft.

In einer andern muͤndlichen Erzaͤhlung, fragt
der Fuchs immer, das Maͤdchen, das er forttraͤgt,
wie viel Uhr es ſey, die Hirtentoͤchter antworten,
zehn Uhr, wenn ich die Heerde ſonſt zuſammenge-
blaſen habe, die Koͤnigstochter aber, zehn Uhr,
wenn zur Tafel geblaſen wird, und nun bin ich
hier im Wald und habe nichts zu eſſen.


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[XLIV/0466] angeloben, was ihm zuerſt zu Haus begegnen wird. Das iſt nun die ſtolze Prinzeſſin, die das ſingende, klingende Baͤumchen kommen hoͤrte. Der Koͤnig erſchrickt und ſagt, daß ſie einem Loͤwen jetzt zugefallen ſey, aber ſie bekuͤmmert ſich nicht darum, laͤßt die Tochter einer Waͤſcherin mit ih- ren Kleidern anthun und an ihren Platz ſetzen. Nach drei Tagen kommt der Loͤwe: „ſetz dich auf meinen Ruͤcken,“ ſpricht er, und traͤgt ſie in den Wald. Das Maͤdchen weint, wie es eine Quelle ſieht: „wer wird meiner Mutter jetzt waſchen hel- fen!“ Der Loͤwe merkt den Betrug, traͤgt ſie zu- ruͤck und kommt nach drei Tagen wieder, da ſitzt eines Hirten Tochter in den Kleidern der Prinzeſſin, „ſetz dich auf meinen Ruͤcken,“ ſagt der Loͤwe und traͤgt ſie hinaus. Wie ſie auf die bunte Wieſe kommen, ſeufzt das Maͤdchen: „ach! wer wird den Hans troͤſten, wenn ich nicht bei ihm hier liegen kann!“ Der Loͤwe kehrt wieder um, bringt dem Koͤnig die falſche Braut, droht ihm, und laͤuft zur Prinzeſſin, die ſich gleich auf ſeinen Ruͤcken ſetzen und mit ihm fort muß. Er fuͤhrt ſie in eine Hoͤh- le, wo ſie an elf Kranken die niedrigſten Arbeiten thun muß und ihre eiternden Wunden heilen. Sie empfindet da Reue uͤber ihren vorigen Hochmuth, heilt dann auch den Loͤwen, der verwundet wird, und mit dem allem buͤßt ſie ihre Suͤnden, befindet ſich einmal, als ſie erwacht, wieder in dem praͤch- tigen Schloß bei ihrem Vater, der Loͤwe aber iſt ein ſchoͤner Juͤngling geworden, und ihr Braͤu- tigam. In dem Maͤrchen vom Weißtaͤubchen in der Erfurtſchen Sammlung S. 87 88. wird auch der Zauber geloͤſt, indem das Maͤdchen der Taube den Kopf abreißt, und ihn gegen Morgen, den Rumpf gegen Abend wirft. In einer andern muͤndlichen Erzaͤhlung, fragt der Fuchs immer, das Maͤdchen, das er forttraͤgt, wie viel Uhr es ſey, die Hirtentoͤchter antworten, zehn Uhr, wenn ich die Heerde ſonſt zuſammenge- blaſen habe, die Koͤnigstochter aber, zehn Uhr, wenn zur Tafel geblaſen wird, und nun bin ich hier im Wald und habe nichts zu eſſen.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. XLIV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/466>, abgerufen am 21.11.2024.