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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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Blutstropfen aus ihrer rechten Brust und speite sie aus. Alsbald athmete sie wieder und erholte sich, aber der junge König hatte es mit angesehen und wußte nicht, warum es der getreue Johannes gethan, ward daher zornig darüber und rief: "werft ihn ins Gefängniß." Am andern Morgen ward der getreue Johannes verurtheilt und zum Galgen geführt und als er oben stand und gerichtet werden sollte, sprach er: "jeder der sterben soll, darf vor seinem Ende noch einmal reden, soll ich das Recht auch haben?" "Ja, antwortete der König, es soll dir vergönnt seyn." Da sprach der treue Johannes: "Jch bin mit Unrecht verurtheilt und bin dir immer treu gewesen!" und erzählte, wie er auf dem Meer das Gespräch der Raben gehört habe und beschlossen, seinen Herrn zu retten, darum er das alles habe thun müssen. Da rief der König: "o mein getreuster Johannes, Gnade! Gnade! führt ihn herunter." Aber der treue Johannes war bei dem letzten Wort, das er geredet, leblos herabgefallen und war ein Stein.

Darüber trug nun der König und die Königin großes Leid, und der König sprach: ach! was hab ich große Treue so übel belohnt!" und ließ das steinerne Bild aufheben und in seine Schlafkammer neben sein Bett stellen. So oft er es ansah, weinte er und sprach: "ach! könnt ich dich wieder lebendig machen, mein getreuster Johannes!" Es ging eine Zeit herum, da gebar die Königin Zwillinge, zwei Söhnlein, die wuchsen heran und waren ihre Freude. Einmal, als die Königin in der Kirche war und die zwei Kinder bei dem Vater saßen und spielten, sah dieser wieder

Blutstropfen aus ihrer rechten Brust und speite sie aus. Alsbald athmete sie wieder und erholte sich, aber der junge Koͤnig hatte es mit angesehen und wußte nicht, warum es der getreue Johannes gethan, ward daher zornig daruͤber und rief: „werft ihn ins Gefaͤngniß.“ Am andern Morgen ward der getreue Johannes verurtheilt und zum Galgen gefuͤhrt und als er oben stand und gerichtet werden sollte, sprach er: „jeder der sterben soll, darf vor seinem Ende noch einmal reden, soll ich das Recht auch haben?“ „Ja, antwortete der Koͤnig, es soll dir vergoͤnnt seyn.“ Da sprach der treue Johannes: „Jch bin mit Unrecht verurtheilt und bin dir immer treu gewesen!“ und erzaͤhlte, wie er auf dem Meer das Gespraͤch der Raben gehoͤrt habe und beschlossen, seinen Herrn zu retten, darum er das alles habe thun muͤssen. Da rief der Koͤnig: „o mein getreuster Johannes, Gnade! Gnade! fuͤhrt ihn herunter.“ Aber der treue Johannes war bei dem letzten Wort, das er geredet, leblos herabgefallen und war ein Stein.

Daruͤber trug nun der Koͤnig und die Koͤnigin großes Leid, und der Koͤnig sprach: ach! was hab ich große Treue so uͤbel belohnt!“ und ließ das steinerne Bild aufheben und in seine Schlafkammer neben sein Bett stellen. So oft er es ansah, weinte er und sprach: „ach! koͤnnt ich dich wieder lebendig machen, mein getreuster Johannes!“ Es ging eine Zeit herum, da gebar die Koͤnigin Zwillinge, zwei Soͤhnlein, die wuchsen heran und waren ihre Freude. Einmal, als die Koͤnigin in der Kirche war und die zwei Kinder bei dem Vater saßen und spielten, sah dieser wieder

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[37/0101] Blutstropfen aus ihrer rechten Brust und speite sie aus. Alsbald athmete sie wieder und erholte sich, aber der junge Koͤnig hatte es mit angesehen und wußte nicht, warum es der getreue Johannes gethan, ward daher zornig daruͤber und rief: „werft ihn ins Gefaͤngniß.“ Am andern Morgen ward der getreue Johannes verurtheilt und zum Galgen gefuͤhrt und als er oben stand und gerichtet werden sollte, sprach er: „jeder der sterben soll, darf vor seinem Ende noch einmal reden, soll ich das Recht auch haben?“ „Ja, antwortete der Koͤnig, es soll dir vergoͤnnt seyn.“ Da sprach der treue Johannes: „Jch bin mit Unrecht verurtheilt und bin dir immer treu gewesen!“ und erzaͤhlte, wie er auf dem Meer das Gespraͤch der Raben gehoͤrt habe und beschlossen, seinen Herrn zu retten, darum er das alles habe thun muͤssen. Da rief der Koͤnig: „o mein getreuster Johannes, Gnade! Gnade! fuͤhrt ihn herunter.“ Aber der treue Johannes war bei dem letzten Wort, das er geredet, leblos herabgefallen und war ein Stein. Daruͤber trug nun der Koͤnig und die Koͤnigin großes Leid, und der Koͤnig sprach: ach! was hab ich große Treue so uͤbel belohnt!“ und ließ das steinerne Bild aufheben und in seine Schlafkammer neben sein Bett stellen. So oft er es ansah, weinte er und sprach: „ach! koͤnnt ich dich wieder lebendig machen, mein getreuster Johannes!“ Es ging eine Zeit herum, da gebar die Koͤnigin Zwillinge, zwei Soͤhnlein, die wuchsen heran und waren ihre Freude. Einmal, als die Koͤnigin in der Kirche war und die zwei Kinder bei dem Vater saßen und spielten, sah dieser wieder

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/101>, abgerufen am 22.11.2024.