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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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ist guter Rath theuer; wo soll ich hin?" geh mit uns nach Bremen, du verstehst dich doch auf die Nachtmusik, da kannst du ein Stadtmusikant werden." Die Katze wars zufrieden und ging mit. Darauf kamen die drei Landesflüchtigen an einem Hof vorbei, da saß auf dem Thor der Haushahn und schrie aus Leibeskräften. "Du schreist einem durch Mark und Bein, sprach der Esel, was hast du vor." "Da hab ich gut Wetter prophezeit, sprach der Hahn, weil unserer lieben Frauen Tag ist, wo sie dem Christkindlein die Tücher gewaschen hat und sie trocknen will, aber weil Morgen zum Sonntag Gäste kommen, so hat die Hausfrau doch kein Erbarmen und der Köchin gesagt, sie wollte mich Morgen in der Suppe essen und da soll ich mir heut Abend den Kopf abschneiden lassen. Nun schrei ich aus vollem Hals so lang ich noch kann." "Ei was du Rothkopf, sagte der Esel, zieh lieber mit uns fort, nach Bremen, etwas besseres, als den Tod findest du überall; du hast eine gute Stimme, und wenn wir zusammen musicieren, so muß es eine Art haben." Der Hahn ließ sich den Vorschlag gefallen, und sie gingen alle vier zusammen fort.

Sie konnten aber die Stadt Bremen in einem Tag nicht erreichen und kamen Abends in einen Wald, wo sie übernachten wollten. Der Esel und der Hund legten sich unter einem großen Baum und die Katze und der Hahn machten sich hinauf, der Hahn flog bis in die Spitze, wo's am sichersten für ihn war und sah sich ehe er einschlief, noch einmal nach allen vier Winden um. Da däuchte ihn, er säh in der Ferne ein Fünkchen brennen und

ist guter Rath theuer; wo soll ich hin?“ geh mit uns nach Bremen, du verstehst dich doch auf die Nachtmusik, da kannst du ein Stadtmusikant werden.“ Die Katze wars zufrieden und ging mit. Darauf kamen die drei Landesfluͤchtigen an einem Hof vorbei, da saß auf dem Thor der Haushahn und schrie aus Leibeskraͤften. „Du schreist einem durch Mark und Bein, sprach der Esel, was hast du vor.“ „Da hab ich gut Wetter prophezeit, sprach der Hahn, weil unserer lieben Frauen Tag ist, wo sie dem Christkindlein die Tuͤcher gewaschen hat und sie trocknen will, aber weil Morgen zum Sonntag Gaͤste kommen, so hat die Hausfrau doch kein Erbarmen und der Koͤchin gesagt, sie wollte mich Morgen in der Suppe essen und da soll ich mir heut Abend den Kopf abschneiden lassen. Nun schrei ich aus vollem Hals so lang ich noch kann.“ „Ei was du Rothkopf, sagte der Esel, zieh lieber mit uns fort, nach Bremen, etwas besseres, als den Tod findest du uͤberall; du hast eine gute Stimme, und wenn wir zusammen musicieren, so muß es eine Art haben.“ Der Hahn ließ sich den Vorschlag gefallen, und sie gingen alle vier zusammen fort.

Sie konnten aber die Stadt Bremen in einem Tag nicht erreichen und kamen Abends in einen Wald, wo sie uͤbernachten wollten. Der Esel und der Hund legten sich unter einem großen Baum und die Katze und der Hahn machten sich hinauf, der Hahn flog bis in die Spitze, wo’s am sichersten fuͤr ihn war und sah sich ehe er einschlief, noch einmal nach allen vier Winden um. Da daͤuchte ihn, er saͤh in der Ferne ein Fuͤnkchen brennen und

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[142/0206] ist guter Rath theuer; wo soll ich hin?“ geh mit uns nach Bremen, du verstehst dich doch auf die Nachtmusik, da kannst du ein Stadtmusikant werden.“ Die Katze wars zufrieden und ging mit. Darauf kamen die drei Landesfluͤchtigen an einem Hof vorbei, da saß auf dem Thor der Haushahn und schrie aus Leibeskraͤften. „Du schreist einem durch Mark und Bein, sprach der Esel, was hast du vor.“ „Da hab ich gut Wetter prophezeit, sprach der Hahn, weil unserer lieben Frauen Tag ist, wo sie dem Christkindlein die Tuͤcher gewaschen hat und sie trocknen will, aber weil Morgen zum Sonntag Gaͤste kommen, so hat die Hausfrau doch kein Erbarmen und der Koͤchin gesagt, sie wollte mich Morgen in der Suppe essen und da soll ich mir heut Abend den Kopf abschneiden lassen. Nun schrei ich aus vollem Hals so lang ich noch kann.“ „Ei was du Rothkopf, sagte der Esel, zieh lieber mit uns fort, nach Bremen, etwas besseres, als den Tod findest du uͤberall; du hast eine gute Stimme, und wenn wir zusammen musicieren, so muß es eine Art haben.“ Der Hahn ließ sich den Vorschlag gefallen, und sie gingen alle vier zusammen fort. Sie konnten aber die Stadt Bremen in einem Tag nicht erreichen und kamen Abends in einen Wald, wo sie uͤbernachten wollten. Der Esel und der Hund legten sich unter einem großen Baum und die Katze und der Hahn machten sich hinauf, der Hahn flog bis in die Spitze, wo’s am sichersten fuͤr ihn war und sah sich ehe er einschlief, noch einmal nach allen vier Winden um. Da daͤuchte ihn, er saͤh in der Ferne ein Fuͤnkchen brennen und

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/206>, abgerufen am 21.11.2024.