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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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traf bei dem Zerhacken und Zerlegen den Daumling kein Hieb, aber er gerieth unter das Wurstfleisch. Wie nun der Metzger herbeitrat und seine Arbeit anfing, schrie er aus Leibeskräften: "hackt nicht zu tief! hackt nicht zu tief! ich stecke ja drunter!" Vor dem Lärmen aber hörte das kein Mensch, da hatte der arme Daumling nun seine Noth, aber die Noth macht Beine und da sprang er so behend zwischen den Hackmessern durch, daß ihn keins anrührte und er mit heiler Haut davon kam. Aber entspringen konnte er auch nicht, es war keine andere Auskunft, er mußte sich mit den Speckbrocken in eine Blutwurst hinunter stopfen laßen. Da war das Quartier etwas eng, und dazu ward er noch in den Schornstein zum Räuchern aufgehängt, wo ihm Zeit und Weile gewaltig lang wurde. Endlich im Winter wurde er herunter geholt, weil die Wurst einem Gast sollte vorgesetzt werden, als sie nun die Frau Wirthin in Scheiben schnitt, nahm er sich in acht, daß er den Kopf nicht zu weit vorstreckte, damit ihm etwa der Hals nicht mit abgeschnitten würde, endlich ersah er seinen Vortheil, machte sich Luft und sprang heraus.

Jn dem Hause aber, wo es ihm so übel ergangen war, wollte das Schneiderlein nicht länger bleiben, sondern es begab sich gleich wieder auf die Wanderung. Aber, als es durch ein Feld ging, kam es einem Fuchs in den Weg, der schnappte es in Gedanken auf. "Ei, Herr Fuchs, riefs Schneiderlein, ich bin's ja, der in euerm Hals steckt, laßt mich wieder frei." "Du hast recht, antwortete der Fuchs, an dir hab ich doch so viel als

traf bei dem Zerhacken und Zerlegen den Daumling kein Hieb, aber er gerieth unter das Wurstfleisch. Wie nun der Metzger herbeitrat und seine Arbeit anfing, schrie er aus Leibeskraͤften: „hackt nicht zu tief! hackt nicht zu tief! ich stecke ja drunter!“ Vor dem Laͤrmen aber hoͤrte das kein Mensch, da hatte der arme Daumling nun seine Noth, aber die Noth macht Beine und da sprang er so behend zwischen den Hackmessern durch, daß ihn keins anruͤhrte und er mit heiler Haut davon kam. Aber entspringen konnte er auch nicht, es war keine andere Auskunft, er mußte sich mit den Speckbrocken in eine Blutwurst hinunter stopfen laßen. Da war das Quartier etwas eng, und dazu ward er noch in den Schornstein zum Raͤuchern aufgehaͤngt, wo ihm Zeit und Weile gewaltig lang wurde. Endlich im Winter wurde er herunter geholt, weil die Wurst einem Gast sollte vorgesetzt werden, als sie nun die Frau Wirthin in Scheiben schnitt, nahm er sich in acht, daß er den Kopf nicht zu weit vorstreckte, damit ihm etwa der Hals nicht mit abgeschnitten wuͤrde, endlich ersah er seinen Vortheil, machte sich Luft und sprang heraus.

Jn dem Hause aber, wo es ihm so uͤbel ergangen war, wollte das Schneiderlein nicht laͤnger bleiben, sondern es begab sich gleich wieder auf die Wanderung. Aber, als es durch ein Feld ging, kam es einem Fuchs in den Weg, der schnappte es in Gedanken auf. „Ei, Herr Fuchs, riefs Schneiderlein, ich bin’s ja, der in euerm Hals steckt, laßt mich wieder frei.“ „Du hast recht, antwortete der Fuchs, an dir hab ich doch so viel als

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[223/0287] traf bei dem Zerhacken und Zerlegen den Daumling kein Hieb, aber er gerieth unter das Wurstfleisch. Wie nun der Metzger herbeitrat und seine Arbeit anfing, schrie er aus Leibeskraͤften: „hackt nicht zu tief! hackt nicht zu tief! ich stecke ja drunter!“ Vor dem Laͤrmen aber hoͤrte das kein Mensch, da hatte der arme Daumling nun seine Noth, aber die Noth macht Beine und da sprang er so behend zwischen den Hackmessern durch, daß ihn keins anruͤhrte und er mit heiler Haut davon kam. Aber entspringen konnte er auch nicht, es war keine andere Auskunft, er mußte sich mit den Speckbrocken in eine Blutwurst hinunter stopfen laßen. Da war das Quartier etwas eng, und dazu ward er noch in den Schornstein zum Raͤuchern aufgehaͤngt, wo ihm Zeit und Weile gewaltig lang wurde. Endlich im Winter wurde er herunter geholt, weil die Wurst einem Gast sollte vorgesetzt werden, als sie nun die Frau Wirthin in Scheiben schnitt, nahm er sich in acht, daß er den Kopf nicht zu weit vorstreckte, damit ihm etwa der Hals nicht mit abgeschnitten wuͤrde, endlich ersah er seinen Vortheil, machte sich Luft und sprang heraus. Jn dem Hause aber, wo es ihm so uͤbel ergangen war, wollte das Schneiderlein nicht laͤnger bleiben, sondern es begab sich gleich wieder auf die Wanderung. Aber, als es durch ein Feld ging, kam es einem Fuchs in den Weg, der schnappte es in Gedanken auf. „Ei, Herr Fuchs, riefs Schneiderlein, ich bin’s ja, der in euerm Hals steckt, laßt mich wieder frei.“ „Du hast recht, antwortete der Fuchs, an dir hab ich doch so viel als

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/287>, abgerufen am 22.11.2024.