Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.ihren Thieren geben und zogen dann weiter. Die Füchse aber wußten guten Bescheid in der Gegend, wo die Hühnerhöfe waren, und konnten die Jäger überall zurecht weisen. Nun zogen sie eine Weile herum, konnten aber keinen Dienst finden, wo sie zusammen geblieben wären, da sprachen sie: "es geht nicht anders, wir müssen uns trennen." Und nachdem sie die Thiere getheilt hatten, so daß jeder einen Löwen, einen Bären, einen Wolf, einen Fuchs und einen Has bekam, nahmen sie Abschied, versprachen sich brüderliche Liebe bis in den Tod und stießen das Messer, das ihnen ihr Pflegevater mitgegeben, in einen Baum; worauf der eine nach Osten, der andere nach Westen zog. Der jüngste aber kam mit seinen Thieren in eine Stadt, die war ganz mit schwarzem Flor überzogen. Er ging in ein Wirthshaus und fragte den Wirth, ob er nicht seine Thiere herbergen könnte. Der Wirth gab ihnen einen Stall, wo in der Wand ein Loch war, da kroch der Hase hinaus und holte sich ein Kohlhaupt und der Fuchs holte sich ein Huhn und als er das gefressen hatte, auch den Hahn dazu, der Wolf aber, der Bär und der Löwe konnten nicht hinaus. Da ließ sie der Wirth hinbringen, wo eben eine Kuh auf dem Rasen lag, daß sie sich satt fraßen. Und als der Jäger für seine Thiere gesorgt hatte, fragte er erst den Wirth, warum die Stadt so mit Trauerflor ausgehängt wäre? Sprach der Wirth: "weil morgen unseres Königs einzige Tochter sterben wird." Fragte der Jäger: "ist sie sterbenskrank?" "Nein, antwortete der Wirth, sie ist ganz gesund, aber sie muß doch ihren Thieren geben und zogen dann weiter. Die Fuͤchse aber wußten guten Bescheid in der Gegend, wo die Huͤhnerhoͤfe waren, und konnten die Jaͤger uͤberall zurecht weisen. Nun zogen sie eine Weile herum, konnten aber keinen Dienst finden, wo sie zusammen geblieben waͤren, da sprachen sie: „es geht nicht anders, wir muͤssen uns trennen.“ Und nachdem sie die Thiere getheilt hatten, so daß jeder einen Loͤwen, einen Baͤren, einen Wolf, einen Fuchs und einen Has bekam, nahmen sie Abschied, versprachen sich bruͤderliche Liebe bis in den Tod und stießen das Messer, das ihnen ihr Pflegevater mitgegeben, in einen Baum; worauf der eine nach Osten, der andere nach Westen zog. Der juͤngste aber kam mit seinen Thieren in eine Stadt, die war ganz mit schwarzem Flor uͤberzogen. Er ging in ein Wirthshaus und fragte den Wirth, ob er nicht seine Thiere herbergen koͤnnte. Der Wirth gab ihnen einen Stall, wo in der Wand ein Loch war, da kroch der Hase hinaus und holte sich ein Kohlhaupt und der Fuchs holte sich ein Huhn und als er das gefressen hatte, auch den Hahn dazu, der Wolf aber, der Baͤr und der Loͤwe konnten nicht hinaus. Da ließ sie der Wirth hinbringen, wo eben eine Kuh auf dem Rasen lag, daß sie sich satt fraßen. Und als der Jaͤger fuͤr seine Thiere gesorgt hatte, fragte er erst den Wirth, warum die Stadt so mit Trauerflor ausgehaͤngt waͤre? Sprach der Wirth: „weil morgen unseres Koͤnigs einzige Tochter sterben wird.“ Fragte der Jaͤger: „ist sie sterbenskrank?“ „Nein, antwortete der Wirth, sie ist ganz gesund, aber sie muß doch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0380" n="316"/> ihren Thieren geben und zogen dann weiter. Die Fuͤchse aber wußten guten Bescheid in der Gegend, wo die Huͤhnerhoͤfe waren, und konnten die Jaͤger uͤberall zurecht weisen.</p><lb/> <p>Nun zogen sie eine Weile herum, konnten aber keinen Dienst finden, wo sie zusammen geblieben waͤren, da sprachen sie: „es geht nicht anders, wir muͤssen uns trennen.“ Und nachdem sie die Thiere getheilt hatten, so daß jeder einen Loͤwen, einen Baͤren, einen Wolf, einen Fuchs und einen Has bekam, nahmen sie Abschied, versprachen sich bruͤderliche Liebe bis in den Tod und stießen das Messer, das ihnen ihr Pflegevater mitgegeben, in einen Baum; worauf der eine nach Osten, der andere nach Westen zog.</p><lb/> <p>Der juͤngste aber kam mit seinen Thieren in eine Stadt, die war ganz mit schwarzem Flor uͤberzogen. Er ging in ein Wirthshaus und fragte den Wirth, ob er nicht seine Thiere herbergen koͤnnte. Der Wirth gab ihnen einen Stall, wo in der Wand ein Loch war, da kroch der Hase hinaus und holte sich ein Kohlhaupt und der Fuchs holte sich ein Huhn und als er das gefressen hatte, auch den Hahn dazu, der Wolf aber, der Baͤr und der Loͤwe konnten nicht hinaus. Da ließ sie der Wirth hinbringen, wo eben eine Kuh auf dem Rasen lag, daß sie sich satt fraßen. Und als der Jaͤger fuͤr seine Thiere gesorgt hatte, fragte er erst den Wirth, warum die Stadt so mit Trauerflor ausgehaͤngt waͤre? Sprach der Wirth: „weil morgen unseres Koͤnigs einzige Tochter sterben wird.“ Fragte der Jaͤger: „ist sie sterbenskrank?“ „Nein, antwortete der Wirth, sie ist ganz gesund, aber sie muß doch </p> </div> </body> </text> </TEI> [316/0380]
ihren Thieren geben und zogen dann weiter. Die Fuͤchse aber wußten guten Bescheid in der Gegend, wo die Huͤhnerhoͤfe waren, und konnten die Jaͤger uͤberall zurecht weisen.
Nun zogen sie eine Weile herum, konnten aber keinen Dienst finden, wo sie zusammen geblieben waͤren, da sprachen sie: „es geht nicht anders, wir muͤssen uns trennen.“ Und nachdem sie die Thiere getheilt hatten, so daß jeder einen Loͤwen, einen Baͤren, einen Wolf, einen Fuchs und einen Has bekam, nahmen sie Abschied, versprachen sich bruͤderliche Liebe bis in den Tod und stießen das Messer, das ihnen ihr Pflegevater mitgegeben, in einen Baum; worauf der eine nach Osten, der andere nach Westen zog.
Der juͤngste aber kam mit seinen Thieren in eine Stadt, die war ganz mit schwarzem Flor uͤberzogen. Er ging in ein Wirthshaus und fragte den Wirth, ob er nicht seine Thiere herbergen koͤnnte. Der Wirth gab ihnen einen Stall, wo in der Wand ein Loch war, da kroch der Hase hinaus und holte sich ein Kohlhaupt und der Fuchs holte sich ein Huhn und als er das gefressen hatte, auch den Hahn dazu, der Wolf aber, der Baͤr und der Loͤwe konnten nicht hinaus. Da ließ sie der Wirth hinbringen, wo eben eine Kuh auf dem Rasen lag, daß sie sich satt fraßen. Und als der Jaͤger fuͤr seine Thiere gesorgt hatte, fragte er erst den Wirth, warum die Stadt so mit Trauerflor ausgehaͤngt waͤre? Sprach der Wirth: „weil morgen unseres Koͤnigs einzige Tochter sterben wird.“ Fragte der Jaͤger: „ist sie sterbenskrank?“ „Nein, antwortete der Wirth, sie ist ganz gesund, aber sie muß doch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-06-15T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |