Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.haben, damit es auch zu Kräften kommt. Jch weiß da einen Schaafstall, woraus wir leicht ein gutes Stück holen können." Der Wölfin gefiel das Liedlein, sie ging mit dem Fuchs hinaus nach dem Bauernhof; er zeigte ihr den Stall aus der Ferne und sprach: "dort werdet ihr ungesehen hineinkriechen können, ich will mich derweil auf der andern Seite umsehen, ob ich etwa ein Hühnlein erwische." Er ging aber nicht hin, sondern ließ sich am Eingang des Waldes nieder, streckte die Beine und ruhte sich; die Wölfin kroch in den Stall, da lag ein Hund und machte Lärmen, so daß die Bauern gelaufen kamen, die Frau Gevatterin ertappten und eine scharfe Lauge von ungebrannter Asche über ihr Fell gossen. Endlich entkam sie doch und schleppte sich hinaus, da lag der Fuchs, that ganz kläglich und sprach: "ach, liebe Frau Gevatterin, wie ist mirs schlimm ergangen! die Bauern haben mich überfallen und mir alle Glieder zerschlagen, wenn ihr nicht wollt, daß ich auf dem Platz liegen bleiben und verschmachten soll, so müßt ihr mich forttragen." Die Wölfin konnte selbst nur langsam fort, doch hatte sie so große Sorge für den Fuchs, daß sie ihn auf ihren Rücken nahm und den ganz gesunden und heilen mühsam bis zu ihrem Haus trug. Da rief er ihr zu: "lebt wohl, liebe Frau Gevatterin und laßt euch den Braten wohl bekommen!" lachte sie ganz gewaltig aus und sprang fort. haben, damit es auch zu Kraͤften kommt. Jch weiß da einen Schaafstall, woraus wir leicht ein gutes Stuͤck holen koͤnnen.“ Der Woͤlfin gefiel das Liedlein, sie ging mit dem Fuchs hinaus nach dem Bauernhof; er zeigte ihr den Stall aus der Ferne und sprach: „dort werdet ihr ungesehen hineinkriechen koͤnnen, ich will mich derweil auf der andern Seite umsehen, ob ich etwa ein Huͤhnlein erwische.“ Er ging aber nicht hin, sondern ließ sich am Eingang des Waldes nieder, streckte die Beine und ruhte sich; die Woͤlfin kroch in den Stall, da lag ein Hund und machte Laͤrmen, so daß die Bauern gelaufen kamen, die Frau Gevatterin ertappten und eine scharfe Lauge von ungebrannter Asche uͤber ihr Fell gossen. Endlich entkam sie doch und schleppte sich hinaus, da lag der Fuchs, that ganz klaͤglich und sprach: „ach, liebe Frau Gevatterin, wie ist mirs schlimm ergangen! die Bauern haben mich uͤberfallen und mir alle Glieder zerschlagen, wenn ihr nicht wollt, daß ich auf dem Platz liegen bleiben und verschmachten soll, so muͤßt ihr mich forttragen.“ Die Woͤlfin konnte selbst nur langsam fort, doch hatte sie so große Sorge fuͤr den Fuchs, daß sie ihn auf ihren Ruͤcken nahm und den ganz gesunden und heilen muͤhsam bis zu ihrem Haus trug. Da rief er ihr zu: „lebt wohl, liebe Frau Gevatterin und laßt euch den Braten wohl bekommen!“ lachte sie ganz gewaltig aus und sprang fort. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0454" n="390"/> haben, damit es auch zu Kraͤften kommt. Jch weiß da einen Schaafstall, woraus wir leicht ein gutes Stuͤck holen koͤnnen.“ Der Woͤlfin gefiel das Liedlein, sie ging mit dem Fuchs hinaus nach dem Bauernhof; er zeigte ihr den Stall aus der Ferne und sprach: „dort werdet ihr ungesehen hineinkriechen koͤnnen, ich will mich derweil auf der andern Seite umsehen, ob ich etwa ein Huͤhnlein erwische.“ Er ging aber nicht hin, sondern ließ sich am Eingang des Waldes nieder, streckte die Beine und ruhte sich; die Woͤlfin kroch in den Stall, da lag ein Hund und machte Laͤrmen, so daß die Bauern gelaufen kamen, die Frau Gevatterin ertappten und eine scharfe Lauge von ungebrannter Asche uͤber ihr Fell gossen. Endlich entkam sie doch und schleppte sich hinaus, da lag der Fuchs, that ganz klaͤglich und sprach: „ach, liebe Frau Gevatterin, wie ist mirs schlimm ergangen! die Bauern haben mich uͤberfallen und mir alle Glieder zerschlagen, wenn ihr nicht wollt, daß ich auf dem Platz liegen bleiben und verschmachten soll, so muͤßt ihr mich forttragen.“ Die Woͤlfin konnte selbst nur langsam fort, doch hatte sie so große Sorge fuͤr den Fuchs, daß sie ihn auf ihren Ruͤcken nahm und den ganz gesunden und heilen muͤhsam bis zu ihrem Haus trug. Da rief er ihr zu: „lebt wohl, liebe Frau Gevatterin und laßt euch den Braten wohl bekommen!“ lachte sie ganz gewaltig aus und sprang fort.</p> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [390/0454]
haben, damit es auch zu Kraͤften kommt. Jch weiß da einen Schaafstall, woraus wir leicht ein gutes Stuͤck holen koͤnnen.“ Der Woͤlfin gefiel das Liedlein, sie ging mit dem Fuchs hinaus nach dem Bauernhof; er zeigte ihr den Stall aus der Ferne und sprach: „dort werdet ihr ungesehen hineinkriechen koͤnnen, ich will mich derweil auf der andern Seite umsehen, ob ich etwa ein Huͤhnlein erwische.“ Er ging aber nicht hin, sondern ließ sich am Eingang des Waldes nieder, streckte die Beine und ruhte sich; die Woͤlfin kroch in den Stall, da lag ein Hund und machte Laͤrmen, so daß die Bauern gelaufen kamen, die Frau Gevatterin ertappten und eine scharfe Lauge von ungebrannter Asche uͤber ihr Fell gossen. Endlich entkam sie doch und schleppte sich hinaus, da lag der Fuchs, that ganz klaͤglich und sprach: „ach, liebe Frau Gevatterin, wie ist mirs schlimm ergangen! die Bauern haben mich uͤberfallen und mir alle Glieder zerschlagen, wenn ihr nicht wollt, daß ich auf dem Platz liegen bleiben und verschmachten soll, so muͤßt ihr mich forttragen.“ Die Woͤlfin konnte selbst nur langsam fort, doch hatte sie so große Sorge fuͤr den Fuchs, daß sie ihn auf ihren Ruͤcken nahm und den ganz gesunden und heilen muͤhsam bis zu ihrem Haus trug. Da rief er ihr zu: „lebt wohl, liebe Frau Gevatterin und laßt euch den Braten wohl bekommen!“ lachte sie ganz gewaltig aus und sprang fort.
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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.
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