Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.überhaupt Rücksicht zu nehmen ist, mit jenen zusammengehalten zu werden verdient. Targitaus, vom höchsten Gott erzeugt, sey der erste Mensch in Skythien gewesen und habe drei Söhne hinterlassen. Während diese geherrscht, seyen einmal goldene Werkzeuge vom Himmel gefallen, nämlich: ein Pflug, ein Joch, eine zweischneidige Streitaxt (sagaris) und eine Schaale (phiale). Als der älteste der drei Brüder sie aufheben wollen, sey das Gold glühend gewesen, darauf der zweite gekommen, aber auch diesen habe es gebrannt. Nachdem nun beide von der Glut abgewiesen worden, sey der jüngste hinzugetreten, der das Gold ausgelöscht gefunden und daher die Werkzeuge habe heimtragen können. Worauf die beiden andern diesem allein das Reich überlassen. -- Die flache Schaale ist wohl ein Bild des Landes selbst, Pflug und Joch bezeichnet den ackerbauenden, das Schwert den Stand des Kriegers; es sind also die Symbole der Herrschaft über dieses Reich, welche der Himmel einem der drei Brüder zuweisen wollte. Auch in der Völuspa (Str. 7.) schneiden ja die Asen selbst bei der Welteinrichtung Gold, bilden Zangen und verfertigen Werkzeuge. Das Glühen der Geräthschaften deutet auf einen germanischen Glauben, welcher der Probe des glühenden Eisens zu Grund liegt, denn dieses kann nur von dem der Recht hat, dem ganz schuldlosen, ohne Gefahr angerührt werden. -- Die drei Söhne aber sind in den Märchen nichts anders als die Trimurti, in welche sich der höchste Gott bei der Bildung der endlichen Welt zertheilt, dem einen von den dreien wird aber die Oberherrschaft wieder verliehen, damit die Jdee des alleinigen uͤberhaupt Ruͤcksicht zu nehmen ist, mit jenen zusammengehalten zu werden verdient. Targitaus, vom hoͤchsten Gott erzeugt, sey der erste Mensch in Skythien gewesen und habe drei Soͤhne hinterlassen. Waͤhrend diese geherrscht, seyen einmal goldene Werkzeuge vom Himmel gefallen, naͤmlich: ein Pflug, ein Joch, eine zweischneidige Streitaxt (σάγαρις) und eine Schaale (φιάλη). Als der aͤlteste der drei Bruͤder sie aufheben wollen, sey das Gold gluͤhend gewesen, darauf der zweite gekommen, aber auch diesen habe es gebrannt. Nachdem nun beide von der Glut abgewiesen worden, sey der juͤngste hinzugetreten, der das Gold ausgeloͤscht gefunden und daher die Werkzeuge habe heimtragen koͤnnen. Worauf die beiden andern diesem allein das Reich uͤberlassen. — Die flache Schaale ist wohl ein Bild des Landes selbst, Pflug und Joch bezeichnet den ackerbauenden, das Schwert den Stand des Kriegers; es sind also die Symbole der Herrschaft uͤber dieses Reich, welche der Himmel einem der drei Bruͤder zuweisen wollte. Auch in der Voͤluspà (Str. 7.) schneiden ja die Asen selbst bei der Welteinrichtung Gold, bilden Zangen und verfertigen Werkzeuge. Das Gluͤhen der Geraͤthschaften deutet auf einen germanischen Glauben, welcher der Probe des gluͤhenden Eisens zu Grund liegt, denn dieses kann nur von dem der Recht hat, dem ganz schuldlosen, ohne Gefahr angeruͤhrt werden. — Die drei Soͤhne aber sind in den Maͤrchen nichts anders als die Trimurti, in welche sich der hoͤchste Gott bei der Bildung der endlichen Welt zertheilt, dem einen von den dreien wird aber die Oberherrschaft wieder verliehen, damit die Jdee des alleinigen <TEI> <text> <front> <div type="preface"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0046" n="XXXVIII"/> uͤberhaupt Ruͤcksicht zu nehmen ist, mit jenen zusammengehalten zu werden verdient. Targitaus, vom hoͤchsten Gott erzeugt, sey der erste Mensch in Skythien gewesen und habe drei Soͤhne hinterlassen. Waͤhrend diese geherrscht, seyen einmal goldene Werkzeuge vom Himmel gefallen, naͤmlich: ein Pflug, ein Joch, eine zweischneidige Streitaxt (<foreign xml:lang="grc">σάγαρις</foreign>) und eine Schaale (<foreign xml:lang="grc">φιάλη</foreign>). Als der aͤlteste der drei Bruͤder sie aufheben wollen, sey das Gold gluͤhend gewesen, darauf der zweite gekommen, aber auch diesen habe es gebrannt. Nachdem nun beide von der Glut abgewiesen worden, sey der juͤngste hinzugetreten, der das Gold ausgeloͤscht gefunden und daher die Werkzeuge habe heimtragen koͤnnen. Worauf die beiden andern diesem allein das Reich uͤberlassen. — Die flache Schaale ist wohl ein Bild des Landes selbst, Pflug und Joch bezeichnet den ackerbauenden, das Schwert den Stand des Kriegers; es sind also die Symbole der Herrschaft uͤber dieses Reich, welche der Himmel einem der drei Bruͤder zuweisen wollte. Auch in der Voͤluspà (Str. 7.) schneiden ja die Asen selbst bei der Welteinrichtung Gold, bilden Zangen und verfertigen Werkzeuge. Das Gluͤhen der Geraͤthschaften deutet auf einen germanischen Glauben, welcher der Probe des gluͤhenden Eisens zu Grund liegt, denn dieses kann nur von dem der Recht hat, dem ganz schuldlosen, ohne Gefahr angeruͤhrt werden. — Die drei Soͤhne aber sind in den Maͤrchen nichts anders als die <hi rendition="#g">Trimurti</hi>, in welche sich der hoͤchste Gott bei der Bildung der endlichen Welt zertheilt, dem einen von den dreien wird aber die Oberherrschaft wieder verliehen, damit die Jdee des alleinigen </p> </div> </div> </front> </text> </TEI> [XXXVIII/0046]
uͤberhaupt Ruͤcksicht zu nehmen ist, mit jenen zusammengehalten zu werden verdient. Targitaus, vom hoͤchsten Gott erzeugt, sey der erste Mensch in Skythien gewesen und habe drei Soͤhne hinterlassen. Waͤhrend diese geherrscht, seyen einmal goldene Werkzeuge vom Himmel gefallen, naͤmlich: ein Pflug, ein Joch, eine zweischneidige Streitaxt (σάγαρις) und eine Schaale (φιάλη). Als der aͤlteste der drei Bruͤder sie aufheben wollen, sey das Gold gluͤhend gewesen, darauf der zweite gekommen, aber auch diesen habe es gebrannt. Nachdem nun beide von der Glut abgewiesen worden, sey der juͤngste hinzugetreten, der das Gold ausgeloͤscht gefunden und daher die Werkzeuge habe heimtragen koͤnnen. Worauf die beiden andern diesem allein das Reich uͤberlassen. — Die flache Schaale ist wohl ein Bild des Landes selbst, Pflug und Joch bezeichnet den ackerbauenden, das Schwert den Stand des Kriegers; es sind also die Symbole der Herrschaft uͤber dieses Reich, welche der Himmel einem der drei Bruͤder zuweisen wollte. Auch in der Voͤluspà (Str. 7.) schneiden ja die Asen selbst bei der Welteinrichtung Gold, bilden Zangen und verfertigen Werkzeuge. Das Gluͤhen der Geraͤthschaften deutet auf einen germanischen Glauben, welcher der Probe des gluͤhenden Eisens zu Grund liegt, denn dieses kann nur von dem der Recht hat, dem ganz schuldlosen, ohne Gefahr angeruͤhrt werden. — Die drei Soͤhne aber sind in den Maͤrchen nichts anders als die Trimurti, in welche sich der hoͤchste Gott bei der Bildung der endlichen Welt zertheilt, dem einen von den dreien wird aber die Oberherrschaft wieder verliehen, damit die Jdee des alleinigen
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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.
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