Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.daß ihm der König seinen Ranzen mit Gold füllen ließ, und damit zog er ab. Als er hinaus kam, stand vor dem Thor der heil. Petrus und sprach: "schau, was du für ein Mensch bist, habe ich dir nicht verboten etwas zu nehmen und nun hast du den Ranzen doch voll Gold." " Was kann ich dafür, antwortete Bruder Lustig, wenn mirs hinein gesteckt wird." "Das sag ich dir, daß du nicht zum zweitenmal solche Dinge unternimmst, sonst soll es dir schlimm ergehen." "Ei, Bruder, sorg doch nicht, jetzt hab ich Gold, was soll ich mich da mit dem Knochenwaschen abgeben." Ja, sprach der heil. Petrus, das wird lang dauern, damit du aber hernach nicht wieder auf unerlaubten Wegen gehst, so will ich deinem Ranzen die Kraft geben, daß alles, was du dir hinein wünschest auch darin seyn soll. Leb wohl, du siehst mich nun nicht wieder." "Gott befohlen," sprach der Bruder Lustig und dachte, ich bin froh, daß du fort gehst, du wunderlicher Kerl, ich will dir wohl nicht nachgehen." An die Wunderkraft aber, die er seinem Ranzen verliehen, dachte er nicht weiter. Bruder Lustig zog mit seinem Gold umher und verthats und verfumfeits wie das erstemal. Als er nun nichts mehr als vier Kreuzer hatte, kam er an einem Wirthshaus vorbei und dachte, das Geld muß fort und ließ sich für drei Kreuzer Wein und einen Kreuzer Brot geben. Wie er da saß und trank, kam ihm der Geruch von gebratenen Gänsen in die Nase. Bruder Lustig schaute und guckte und sah, daß der Wirth zwei Gänse in der Ofenröhre stehen hatte. Da fiel ihm ein, daß ihm sein Cammerad gesagt daß ihm der Koͤnig seinen Ranzen mit Gold fuͤllen ließ, und damit zog er ab. Als er hinaus kam, stand vor dem Thor der heil. Petrus und sprach: „schau, was du fuͤr ein Mensch bist, habe ich dir nicht verboten etwas zu nehmen und nun hast du den Ranzen doch voll Gold.“ „ Was kann ich dafuͤr, antwortete Bruder Lustig, wenn mirs hinein gesteckt wird.“ „Das sag ich dir, daß du nicht zum zweitenmal solche Dinge unternimmst, sonst soll es dir schlimm ergehen.“ „Ei, Bruder, sorg doch nicht, jetzt hab ich Gold, was soll ich mich da mit dem Knochenwaschen abgeben.“ Ja, sprach der heil. Petrus, das wird lang dauern, damit du aber hernach nicht wieder auf unerlaubten Wegen gehst, so will ich deinem Ranzen die Kraft geben, daß alles, was du dir hinein wuͤnschest auch darin seyn soll. Leb wohl, du siehst mich nun nicht wieder.“ „Gott befohlen,“ sprach der Bruder Lustig und dachte, ich bin froh, daß du fort gehst, du wunderlicher Kerl, ich will dir wohl nicht nachgehen.“ An die Wunderkraft aber, die er seinem Ranzen verliehen, dachte er nicht weiter. Bruder Lustig zog mit seinem Gold umher und verthats und verfumfeits wie das erstemal. Als er nun nichts mehr als vier Kreuzer hatte, kam er an einem Wirthshaus vorbei und dachte, das Geld muß fort und ließ sich fuͤr drei Kreuzer Wein und einen Kreuzer Brot geben. Wie er da saß und trank, kam ihm der Geruch von gebratenen Gaͤnsen in die Nase. Bruder Lustig schaute und guckte und sah, daß der Wirth zwei Gaͤnse in der Ofenroͤhre stehen hatte. Da fiel ihm ein, daß ihm sein Cammerad gesagt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0478" n="414"/> daß ihm der Koͤnig seinen Ranzen mit Gold fuͤllen ließ, und damit zog er ab. Als er hinaus kam, stand vor dem Thor der heil. Petrus und sprach: „schau, was du fuͤr ein Mensch bist, habe ich dir nicht verboten etwas zu nehmen und nun hast du den Ranzen doch voll Gold.“ „ Was kann ich dafuͤr, antwortete Bruder Lustig, wenn mirs hinein gesteckt wird.“ „Das sag ich dir, daß du nicht zum zweitenmal solche Dinge unternimmst, sonst soll es dir schlimm ergehen.“ „Ei, Bruder, sorg doch nicht, jetzt hab ich Gold, was soll ich mich da mit dem Knochenwaschen abgeben.“ Ja, sprach der heil. Petrus, das wird lang dauern, damit du aber hernach nicht wieder auf unerlaubten Wegen gehst, so will ich deinem Ranzen die Kraft geben, daß alles, was du dir hinein wuͤnschest auch darin seyn soll. Leb wohl, du siehst mich nun nicht wieder.“ „Gott befohlen,“ sprach der Bruder Lustig und dachte, ich bin froh, daß du fort gehst, du wunderlicher Kerl, ich will dir wohl nicht nachgehen.“ An die Wunderkraft aber, die er seinem Ranzen verliehen, dachte er nicht weiter.</p><lb/> <p>Bruder Lustig zog mit seinem Gold umher und verthats und verfumfeits wie das erstemal. Als er nun nichts mehr als vier Kreuzer hatte, kam er an einem Wirthshaus vorbei und dachte, das Geld muß fort und ließ sich fuͤr drei Kreuzer Wein und einen Kreuzer Brot geben. Wie er da saß und trank, kam ihm der Geruch von gebratenen Gaͤnsen in die Nase. Bruder Lustig schaute und guckte und sah, daß der Wirth zwei Gaͤnse in der Ofenroͤhre stehen hatte. Da fiel ihm ein, daß ihm sein Cammerad gesagt </p> </div> </body> </text> </TEI> [414/0478]
daß ihm der Koͤnig seinen Ranzen mit Gold fuͤllen ließ, und damit zog er ab. Als er hinaus kam, stand vor dem Thor der heil. Petrus und sprach: „schau, was du fuͤr ein Mensch bist, habe ich dir nicht verboten etwas zu nehmen und nun hast du den Ranzen doch voll Gold.“ „ Was kann ich dafuͤr, antwortete Bruder Lustig, wenn mirs hinein gesteckt wird.“ „Das sag ich dir, daß du nicht zum zweitenmal solche Dinge unternimmst, sonst soll es dir schlimm ergehen.“ „Ei, Bruder, sorg doch nicht, jetzt hab ich Gold, was soll ich mich da mit dem Knochenwaschen abgeben.“ Ja, sprach der heil. Petrus, das wird lang dauern, damit du aber hernach nicht wieder auf unerlaubten Wegen gehst, so will ich deinem Ranzen die Kraft geben, daß alles, was du dir hinein wuͤnschest auch darin seyn soll. Leb wohl, du siehst mich nun nicht wieder.“ „Gott befohlen,“ sprach der Bruder Lustig und dachte, ich bin froh, daß du fort gehst, du wunderlicher Kerl, ich will dir wohl nicht nachgehen.“ An die Wunderkraft aber, die er seinem Ranzen verliehen, dachte er nicht weiter.
Bruder Lustig zog mit seinem Gold umher und verthats und verfumfeits wie das erstemal. Als er nun nichts mehr als vier Kreuzer hatte, kam er an einem Wirthshaus vorbei und dachte, das Geld muß fort und ließ sich fuͤr drei Kreuzer Wein und einen Kreuzer Brot geben. Wie er da saß und trank, kam ihm der Geruch von gebratenen Gaͤnsen in die Nase. Bruder Lustig schaute und guckte und sah, daß der Wirth zwei Gaͤnse in der Ofenroͤhre stehen hatte. Da fiel ihm ein, daß ihm sein Cammerad gesagt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-06-15T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |