Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.'wem gehört die schöne grüne Wiese?' 'Sie gehört dem König Drosselbart; hättst du'n genommen; so wär sie dein.' 'Jch arme Jungfer zart, ach, hätt ich genommen den König Drosselbart!' Dann kamen sie durch eine große Stadt, da fragte sie wieder 'wem gehört wohl die schöne große Stadt?' 'Sie gehört dem König Drosselbart, hättst du'n genommen, so wär sie dein.' 'Jch arme Jungfer zart, ach, hätt ich genommen den König Drosselbart.' 'Es gefällt mir gar nicht,' sprach der Spielmann, 'daß du dir immer einen andern zum Mann wünschest, bin ich dir nicht gut genug?' Endlich kamen sie an ein ganz kleines Häuschen da sprach sie 'ach, Gott, was für ein Häuselein! wem mag das elende winzige Häuschen seyn?' Der Spielmann antwortete 'das ist mein und dein Haus, wo wir zusammen wohnen.' 'Wo sind die Diener?' sprach die Königstochter. 'Was Diener!' antwortete der Bettelmann, 'du mußt selber thun was du willst gethan haben. Mach nur gleich Feuer an und stell Wasser auf, daß du mir mein Essen kochst; ich bin ganz müde.' Die Königstochter verstand aber nichts vom Feueranmachen und Kochen, und der Bettelmann mußte selber mit Hand anlegen, daß es noch so leidlich gieng. Als sie die schmale Kost gegessen hatten, legten sie sich zu Bett, ‘wem gehoͤrt die schoͤne gruͤne Wiese?’ ‘Sie gehoͤrt dem Koͤnig Drosselbart; haͤttst du’n genommen; so waͤr sie dein.’ ‘Jch arme Jungfer zart, ach, haͤtt ich genommen den Koͤnig Drosselbart!’ Dann kamen sie durch eine große Stadt, da fragte sie wieder ‘wem gehoͤrt wohl die schoͤne große Stadt?’ ‘Sie gehoͤrt dem Koͤnig Drosselbart, haͤttst du’n genommen, so waͤr sie dein.’ ‘Jch arme Jungfer zart, ach, haͤtt ich genommen den Koͤnig Drosselbart.’ ‘Es gefaͤllt mir gar nicht,’ sprach der Spielmann, ‘daß du dir immer einen andern zum Mann wuͤnschest, bin ich dir nicht gut genug?’ Endlich kamen sie an ein ganz kleines Haͤuschen da sprach sie ‘ach, Gott, was fuͤr ein Haͤuselein! wem mag das elende winzige Haͤuschen seyn?’ Der Spielmann antwortete ‘das ist mein und dein Haus, wo wir zusammen wohnen.’ ‘Wo sind die Diener?’ sprach die Koͤnigstochter. ‘Was Diener!’ antwortete der Bettelmann, ‘du mußt selber thun was du willst gethan haben. Mach nur gleich Feuer an und stell Wasser auf, daß du mir mein Essen kochst; ich bin ganz muͤde.’ Die Koͤnigstochter verstand aber nichts vom Feueranmachen und Kochen, und der Bettelmann mußte selber mit Hand anlegen, daß es noch so leidlich gieng. Als sie die schmale Kost gegessen hatten, legten sie sich zu Bett, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0340" n="309"/> <lg type="poem"> <l>‘wem gehoͤrt die schoͤne gruͤne Wiese?’</l><lb/> <l>‘Sie gehoͤrt dem Koͤnig Drosselbart;</l><lb/> <l>haͤttst du’n genommen; so waͤr sie dein.’</l><lb/> <l>‘Jch arme Jungfer zart,</l><lb/> <l>ach, haͤtt ich genommen den Koͤnig Drosselbart!’</l><lb/> </lg> <p>Dann kamen sie durch eine große Stadt, da fragte sie wieder</p><lb/> <lg type="poem"> <l>‘wem gehoͤrt wohl die schoͤne große Stadt?’</l><lb/> <l>‘Sie gehoͤrt dem Koͤnig Drosselbart,</l><lb/> <l>haͤttst du’n genommen, so waͤr sie dein.’</l><lb/> <l>‘Jch arme Jungfer zart,</l><lb/> <l>ach, haͤtt ich genommen den Koͤnig Drosselbart.’</l><lb/> </lg> <p>‘Es gefaͤllt mir gar nicht,’ sprach der Spielmann, ‘daß du dir immer einen andern zum Mann wuͤnschest, bin ich dir nicht gut genug?’ Endlich kamen sie an ein ganz kleines Haͤuschen da sprach sie</p><lb/> <lg type="poem"> <l>‘ach, Gott, was fuͤr ein Haͤuselein!</l><lb/> <l>wem mag das elende winzige Haͤuschen seyn?’</l><lb/> </lg> <p>Der Spielmann antwortete ‘das ist mein und dein Haus, wo wir zusammen wohnen.’ ‘Wo sind die Diener?’ sprach die Koͤnigstochter. ‘Was Diener!’ antwortete der Bettelmann, ‘du mußt selber thun was du willst gethan haben. Mach nur gleich Feuer an und stell Wasser auf, daß du mir mein Essen kochst; ich bin ganz muͤde.’ Die Koͤnigstochter verstand aber nichts vom Feueranmachen und Kochen, und der Bettelmann mußte selber mit Hand anlegen, daß es noch so leidlich gieng. Als sie die schmale Kost gegessen hatten, legten sie sich zu Bett, </p> </div> </body> </text> </TEI> [309/0340]
‘wem gehoͤrt die schoͤne gruͤne Wiese?’
‘Sie gehoͤrt dem Koͤnig Drosselbart;
haͤttst du’n genommen; so waͤr sie dein.’
‘Jch arme Jungfer zart,
ach, haͤtt ich genommen den Koͤnig Drosselbart!’
Dann kamen sie durch eine große Stadt, da fragte sie wieder
‘wem gehoͤrt wohl die schoͤne große Stadt?’
‘Sie gehoͤrt dem Koͤnig Drosselbart,
haͤttst du’n genommen, so waͤr sie dein.’
‘Jch arme Jungfer zart,
ach, haͤtt ich genommen den Koͤnig Drosselbart.’
‘Es gefaͤllt mir gar nicht,’ sprach der Spielmann, ‘daß du dir immer einen andern zum Mann wuͤnschest, bin ich dir nicht gut genug?’ Endlich kamen sie an ein ganz kleines Haͤuschen da sprach sie
‘ach, Gott, was fuͤr ein Haͤuselein!
wem mag das elende winzige Haͤuschen seyn?’
Der Spielmann antwortete ‘das ist mein und dein Haus, wo wir zusammen wohnen.’ ‘Wo sind die Diener?’ sprach die Koͤnigstochter. ‘Was Diener!’ antwortete der Bettelmann, ‘du mußt selber thun was du willst gethan haben. Mach nur gleich Feuer an und stell Wasser auf, daß du mir mein Essen kochst; ich bin ganz muͤde.’ Die Koͤnigstochter verstand aber nichts vom Feueranmachen und Kochen, und der Bettelmann mußte selber mit Hand anlegen, daß es noch so leidlich gieng. Als sie die schmale Kost gegessen hatten, legten sie sich zu Bett,
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