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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

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aber am Morgen trieb er sie schon ganz früh heraus, weil sie das Haus besorgen sollte. Ein paar Tage lebten sie auf diese Art schlecht und recht, und zehrten ihren Vorrath auf. Da sprach der Mann 'Frau, so gehts nicht länger, daß wir hier zehren und nichts verdienen. Du sollst Körbe flechten.' Er gieng aus, schnitt Weiden, und brachte sie heim: da fieng sie an zu flechten, aber die harten Weiden stachen ihr die zarten Hände wund. 'Jch sehe das geht nicht,' sprach der Mann, 'spinn lieber, vielleicht kannst du das besser.' Sie setzte sich hin und versuchte zu spinnen, aber der harte Faden schnitt ihr bald in die weichen Finger, daß das Blut daran herunterlief. 'Siehst du,' sprach der Mann, 'du taugst zu keiner Arbeit, mit dir bin ich schlimm angekommen. Nun will ichs versuchen, und einen Handel mit Töpfen und irdenem Geschirr anfangen: du sollst dich auf den Markt setzen, und die Waare feil halten.' 'Ach,' dachte sie, 'wenn auf den Markt Leute aus meines Vaters Reich kommen, und sehen mich da sitzen und feil halten, wie werden sie mich verspotten!' Aber es half nichts, sie mußte sich fügen, wenn sie nicht Hungers sterben wollten. Das erstemal giengs gut, denn die Leute kauften der Frau, weil sie so schön war, gern ihre Waare ab, und bezahlten was sie forderte: ja, viele gaben ihr das Geld, und ließen ihr die Töpfe noch dazu. Nun lebten sie von dem erworbenen so lang es dauerte, da handelte der Mann wieder eine Menge neues Geschirr ein, und sie setzte sich an eine Ecke des Marktes, und stellte es um sich her, und hielt feil. Da kam plötzlich ein trunkener Husar daher gejagt,

aber am Morgen trieb er sie schon ganz fruͤh heraus, weil sie das Haus besorgen sollte. Ein paar Tage lebten sie auf diese Art schlecht und recht, und zehrten ihren Vorrath auf. Da sprach der Mann ‘Frau, so gehts nicht laͤnger, daß wir hier zehren und nichts verdienen. Du sollst Koͤrbe flechten.’ Er gieng aus, schnitt Weiden, und brachte sie heim: da fieng sie an zu flechten, aber die harten Weiden stachen ihr die zarten Haͤnde wund. ‘Jch sehe das geht nicht,’ sprach der Mann, ‘spinn lieber, vielleicht kannst du das besser.’ Sie setzte sich hin und versuchte zu spinnen, aber der harte Faden schnitt ihr bald in die weichen Finger, daß das Blut daran herunterlief. ‘Siehst du,’ sprach der Mann, ‘du taugst zu keiner Arbeit, mit dir bin ich schlimm angekommen. Nun will ichs versuchen, und einen Handel mit Toͤpfen und irdenem Geschirr anfangen: du sollst dich auf den Markt setzen, und die Waare feil halten.’ ‘Ach,’ dachte sie, ‘wenn auf den Markt Leute aus meines Vaters Reich kommen, und sehen mich da sitzen und feil halten, wie werden sie mich verspotten!’ Aber es half nichts, sie mußte sich fuͤgen, wenn sie nicht Hungers sterben wollten. Das erstemal giengs gut, denn die Leute kauften der Frau, weil sie so schoͤn war, gern ihre Waare ab, und bezahlten was sie forderte: ja, viele gaben ihr das Geld, und ließen ihr die Toͤpfe noch dazu. Nun lebten sie von dem erworbenen so lang es dauerte, da handelte der Mann wieder eine Menge neues Geschirr ein, und sie setzte sich an eine Ecke des Marktes, und stellte es um sich her, und hielt feil. Da kam ploͤtzlich ein trunkener Husar daher gejagt,

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[310/0341] aber am Morgen trieb er sie schon ganz fruͤh heraus, weil sie das Haus besorgen sollte. Ein paar Tage lebten sie auf diese Art schlecht und recht, und zehrten ihren Vorrath auf. Da sprach der Mann ‘Frau, so gehts nicht laͤnger, daß wir hier zehren und nichts verdienen. Du sollst Koͤrbe flechten.’ Er gieng aus, schnitt Weiden, und brachte sie heim: da fieng sie an zu flechten, aber die harten Weiden stachen ihr die zarten Haͤnde wund. ‘Jch sehe das geht nicht,’ sprach der Mann, ‘spinn lieber, vielleicht kannst du das besser.’ Sie setzte sich hin und versuchte zu spinnen, aber der harte Faden schnitt ihr bald in die weichen Finger, daß das Blut daran herunterlief. ‘Siehst du,’ sprach der Mann, ‘du taugst zu keiner Arbeit, mit dir bin ich schlimm angekommen. Nun will ichs versuchen, und einen Handel mit Toͤpfen und irdenem Geschirr anfangen: du sollst dich auf den Markt setzen, und die Waare feil halten.’ ‘Ach,’ dachte sie, ‘wenn auf den Markt Leute aus meines Vaters Reich kommen, und sehen mich da sitzen und feil halten, wie werden sie mich verspotten!’ Aber es half nichts, sie mußte sich fuͤgen, wenn sie nicht Hungers sterben wollten. Das erstemal giengs gut, denn die Leute kauften der Frau, weil sie so schoͤn war, gern ihre Waare ab, und bezahlten was sie forderte: ja, viele gaben ihr das Geld, und ließen ihr die Toͤpfe noch dazu. Nun lebten sie von dem erworbenen so lang es dauerte, da handelte der Mann wieder eine Menge neues Geschirr ein, und sie setzte sich an eine Ecke des Marktes, und stellte es um sich her, und hielt feil. Da kam ploͤtzlich ein trunkener Husar daher gejagt,

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/341>, abgerufen am 22.11.2024.