Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840.Gemahlin werden als die, an deren Fuß dieser goldene Schuh paßte. Da freuten sich die beiden Schwestern, denn sie hatten schöne Füße. Die Aelteste gieng mit dem Schuh in die Kammer, und wollte ihn anprobieren, und die Mutter stand dabei. Aber sie konnte mit der großen Zehe nicht hineinkommen, und der Schuh war ihr zu klein, da reichte ihr die Mutter ein Messer, und sprach 'hau die Zehe ab, wann du Königin bist, so brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen.' Das Mädchen hieb die Zehe ab, zwängte den Fuß in den Schuh, verbiß den Schmerz, und gieng heraus zum Königssohn. Der nahm sie als seine Braut aufs Pferd, und ritt mit ihr fort. Sie mußten aber an dem Grabe vorbei, da saßen die zwei Täubchen auf dem Haselbäumchen und riefen 'rucke di guck, rucke di guck, Blut ist im Schuck (Schuh), der Schuck ist zu klein, die rechte Braut sitzt noch daheim.' Da blickte er auf ihren Fuß, und sah wie das Blut herausquoll. Er wendete sein Pferd um, brachte die falsche Braut wieder nach Haus, und sagte das wäre nicht die rechte, die andere Schwester sollte den Schuh anziehen. Da gieng diese in die Kammer, und kam mit den Zehen glücklich in die Schuh, aber die Ferse war zu groß. Da reichte ihr die Mutter ein Messer, und sprach 'hau ein Stück von der Ferse ab, wann du Königin bist, brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen.' Das Mädchen hieb ein Stück von der Ferse ab, zwängte den Fuß Gemahlin werden als die, an deren Fuß dieser goldene Schuh paßte. Da freuten sich die beiden Schwestern, denn sie hatten schöne Füße. Die Aelteste gieng mit dem Schuh in die Kammer, und wollte ihn anprobieren, und die Mutter stand dabei. Aber sie konnte mit der großen Zehe nicht hineinkommen, und der Schuh war ihr zu klein, da reichte ihr die Mutter ein Messer, und sprach ‘hau die Zehe ab, wann du Königin bist, so brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen.’ Das Mädchen hieb die Zehe ab, zwängte den Fuß in den Schuh, verbiß den Schmerz, und gieng heraus zum Königssohn. Der nahm sie als seine Braut aufs Pferd, und ritt mit ihr fort. Sie mußten aber an dem Grabe vorbei, da saßen die zwei Täubchen auf dem Haselbäumchen und riefen ‘rucke di guck, rucke di guck, Blut ist im Schuck (Schuh), der Schuck ist zu klein, die rechte Braut sitzt noch daheim.’ Da blickte er auf ihren Fuß, und sah wie das Blut herausquoll. Er wendete sein Pferd um, brachte die falsche Braut wieder nach Haus, und sagte das wäre nicht die rechte, die andere Schwester sollte den Schuh anziehen. Da gieng diese in die Kammer, und kam mit den Zehen glücklich in die Schuh, aber die Ferse war zu groß. Da reichte ihr die Mutter ein Messer, und sprach ‘hau ein Stück von der Ferse ab, wann du Königin bist, brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen.’ Das Mädchen hieb ein Stück von der Ferse ab, zwängte den Fuß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0193" n="144"/> Gemahlin werden als die, an deren Fuß dieser goldene Schuh paßte. Da freuten sich die beiden Schwestern, denn sie hatten schöne Füße. Die Aelteste gieng mit dem Schuh in die Kammer, und wollte ihn anprobieren, und die Mutter stand dabei. Aber sie konnte mit der großen Zehe nicht hineinkommen, und der Schuh war ihr zu klein, da reichte ihr die Mutter ein Messer, und sprach ‘hau die Zehe ab, wann du Königin bist, so brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen.’ Das Mädchen hieb die Zehe ab, zwängte den Fuß in den Schuh, verbiß den Schmerz, und gieng heraus zum Königssohn. Der nahm sie als seine Braut aufs Pferd, und ritt mit ihr fort. Sie mußten aber an dem Grabe vorbei, da saßen die zwei Täubchen auf dem Haselbäumchen und riefen</p><lb/> <lg type="poem"> <l>‘rucke di guck, rucke di guck,</l><lb/> <l>Blut ist im Schuck (Schuh),</l><lb/> <l>der Schuck ist zu klein,</l><lb/> <l>die rechte Braut sitzt noch daheim.’</l><lb/> </lg> <p>Da blickte er auf ihren Fuß, und sah wie das Blut herausquoll. Er wendete sein Pferd um, brachte die falsche Braut wieder nach Haus, und sagte das wäre nicht die rechte, die andere Schwester sollte den Schuh anziehen. Da gieng diese in die Kammer, und kam mit den Zehen glücklich in die Schuh, aber die Ferse war zu groß. Da reichte ihr die Mutter ein Messer, und sprach ‘hau ein Stück von der Ferse ab, wann du Königin bist, brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen.’ Das Mädchen hieb ein Stück von der Ferse ab, zwängte den Fuß </p> </div> </body> </text> </TEI> [144/0193]
Gemahlin werden als die, an deren Fuß dieser goldene Schuh paßte. Da freuten sich die beiden Schwestern, denn sie hatten schöne Füße. Die Aelteste gieng mit dem Schuh in die Kammer, und wollte ihn anprobieren, und die Mutter stand dabei. Aber sie konnte mit der großen Zehe nicht hineinkommen, und der Schuh war ihr zu klein, da reichte ihr die Mutter ein Messer, und sprach ‘hau die Zehe ab, wann du Königin bist, so brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen.’ Das Mädchen hieb die Zehe ab, zwängte den Fuß in den Schuh, verbiß den Schmerz, und gieng heraus zum Königssohn. Der nahm sie als seine Braut aufs Pferd, und ritt mit ihr fort. Sie mußten aber an dem Grabe vorbei, da saßen die zwei Täubchen auf dem Haselbäumchen und riefen
‘rucke di guck, rucke di guck,
Blut ist im Schuck (Schuh),
der Schuck ist zu klein,
die rechte Braut sitzt noch daheim.’
Da blickte er auf ihren Fuß, und sah wie das Blut herausquoll. Er wendete sein Pferd um, brachte die falsche Braut wieder nach Haus, und sagte das wäre nicht die rechte, die andere Schwester sollte den Schuh anziehen. Da gieng diese in die Kammer, und kam mit den Zehen glücklich in die Schuh, aber die Ferse war zu groß. Da reichte ihr die Mutter ein Messer, und sprach ‘hau ein Stück von der Ferse ab, wann du Königin bist, brauchst du nicht mehr zu Fuß zu gehen.’ Das Mädchen hieb ein Stück von der Ferse ab, zwängte den Fuß
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-07-24T14:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |