Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840.'Sie gehört dem König Drosselbart; hättst du'n genommen, so wär sie dein.' 'Jch arme Jungfer zart, ach, hätt ich genommen den König Drosselbart!' Dann kamen sie durch eine große Stadt, da fragte sie wieder 'wem gehört wohl diese schöne große Stadt?' 'Sie gehört dem König Drosselbart, hättst du'n genommen, so wär sie dein.' 'Jch arme Jungfer zart, ach, hätt ich genommen den König Drosselbart.' 'Es gefällt mir gar nicht,' sprach der Spielmann, 'daß du dir immer einen andern zum Mann wünschest, ich bin dir nicht gut genug?' Endlich kamen sie an ein ganz kleines Häuschen, da sprach sie 'ach, Gott, was für ein Häuselein! wem mag das elende winzige Häuschen seyn?' Der Spielmann antwortete 'das ist mein und dein Haus, wo wir zusammen wohnen.' 'Wo sind die Diener?' sprach die Königstochter. 'Was Diener!' antwortete der Bettelmann, 'du mußt selber thun was du willst gethan haben. Mach nur gleich Feuer an, und stell Wasser auf, daß du mir mein Essen kochst; ich bin ganz müde.' Die Königstochter verstand aber nichts vom Feueranmachen und Kochen, und der Bettelmann mußte selber mit Hand anlegen, daß es noch so leidlich gieng. Als sie die schmale Kost gegessen hatten, legten sie sich zu Bett, aber am Morgen trieb er sie schon ganz früh heraus, weil sie das Haus ‘Sie gehört dem König Drosselbart; hättst du’n genommen, so wär sie dein.’ ‘Jch arme Jungfer zart, ach, hätt ich genommen den König Drosselbart!’ Dann kamen sie durch eine große Stadt, da fragte sie wieder ‘wem gehört wohl diese schöne große Stadt?’ ‘Sie gehört dem König Drosselbart, hättst du’n genommen, so wär sie dein.’ ‘Jch arme Jungfer zart, ach, hätt ich genommen den König Drosselbart.’ ‘Es gefällt mir gar nicht,’ sprach der Spielmann, ‘daß du dir immer einen andern zum Mann wünschest, ich bin dir nicht gut genug?’ Endlich kamen sie an ein ganz kleines Häuschen, da sprach sie ‘ach, Gott, was für ein Häuselein! wem mag das elende winzige Häuschen seyn?’ Der Spielmann antwortete ‘das ist mein und dein Haus, wo wir zusammen wohnen.’ ‘Wo sind die Diener?’ sprach die Königstochter. ‘Was Diener!’ antwortete der Bettelmann, ‘du mußt selber thun was du willst gethan haben. Mach nur gleich Feuer an, und stell Wasser auf, daß du mir mein Essen kochst; ich bin ganz müde.’ Die Königstochter verstand aber nichts vom Feueranmachen und Kochen, und der Bettelmann mußte selber mit Hand anlegen, daß es noch so leidlich gieng. Als sie die schmale Kost gegessen hatten, legten sie sich zu Bett, aber am Morgen trieb er sie schon ganz früh heraus, weil sie das Haus <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0358" n="309"/> <lg type="poem"> <l>‘Sie gehört dem König Drosselbart;</l><lb/> <l>hättst du’n genommen, so wär sie dein.’</l><lb/> <l>‘Jch arme Jungfer zart,</l><lb/> <l>ach, hätt ich genommen den König Drosselbart!’</l><lb/> </lg> <p>Dann kamen sie durch eine große Stadt, da fragte sie wieder</p><lb/> <lg type="poem"> <l>‘wem gehört wohl diese schöne große Stadt?’</l><lb/> <l>‘Sie gehört dem König Drosselbart,</l><lb/> <l>hättst du’n genommen, so wär sie dein.’</l><lb/> <l>‘Jch arme Jungfer zart,</l><lb/> <l>ach, hätt ich genommen den König Drosselbart.’</l><lb/> </lg> <p>‘Es gefällt mir gar nicht,’ sprach der Spielmann, ‘daß du dir immer einen andern zum Mann wünschest, ich bin dir nicht gut genug?’ Endlich kamen sie an ein ganz kleines Häuschen, da sprach sie</p><lb/> <lg type="poem"> <l>‘ach, Gott, was für ein Häuselein!</l><lb/> <l>wem mag das elende winzige Häuschen seyn?’</l><lb/> </lg> <p>Der Spielmann antwortete ‘das ist mein und dein Haus, wo wir zusammen wohnen.’ ‘Wo sind die Diener?’ sprach die Königstochter. ‘Was Diener!’ antwortete der Bettelmann, ‘du mußt selber thun was du willst gethan haben. Mach nur gleich Feuer an, und stell Wasser auf, daß du mir mein Essen kochst; ich bin ganz müde.’ Die Königstochter verstand aber nichts vom Feueranmachen und Kochen, und der Bettelmann mußte selber mit Hand anlegen, daß es noch so leidlich gieng. Als sie die schmale Kost gegessen hatten, legten sie sich zu Bett, aber am Morgen trieb er sie schon ganz früh heraus, weil sie das Haus </p> </div> </body> </text> </TEI> [309/0358]
‘Sie gehört dem König Drosselbart;
hättst du’n genommen, so wär sie dein.’
‘Jch arme Jungfer zart,
ach, hätt ich genommen den König Drosselbart!’
Dann kamen sie durch eine große Stadt, da fragte sie wieder
‘wem gehört wohl diese schöne große Stadt?’
‘Sie gehört dem König Drosselbart,
hättst du’n genommen, so wär sie dein.’
‘Jch arme Jungfer zart,
ach, hätt ich genommen den König Drosselbart.’
‘Es gefällt mir gar nicht,’ sprach der Spielmann, ‘daß du dir immer einen andern zum Mann wünschest, ich bin dir nicht gut genug?’ Endlich kamen sie an ein ganz kleines Häuschen, da sprach sie
‘ach, Gott, was für ein Häuselein!
wem mag das elende winzige Häuschen seyn?’
Der Spielmann antwortete ‘das ist mein und dein Haus, wo wir zusammen wohnen.’ ‘Wo sind die Diener?’ sprach die Königstochter. ‘Was Diener!’ antwortete der Bettelmann, ‘du mußt selber thun was du willst gethan haben. Mach nur gleich Feuer an, und stell Wasser auf, daß du mir mein Essen kochst; ich bin ganz müde.’ Die Königstochter verstand aber nichts vom Feueranmachen und Kochen, und der Bettelmann mußte selber mit Hand anlegen, daß es noch so leidlich gieng. Als sie die schmale Kost gegessen hatten, legten sie sich zu Bett, aber am Morgen trieb er sie schon ganz früh heraus, weil sie das Haus
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-07-24T14:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |