Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840.abschlug. Als dieser aber todt da lag, und er sein rothes Blut fließen sah, reute es ihn gewaltig, und er sprach 'mein Bruder hat mich erlöst, und ich habe ihn dafür getödtet!' und jammerte laut. Da kam sein Hase, und sagte er wollte von der Lebenswurzel holen, sprang fort, und brachte sie noch zu rechter Zeit, und der Todte wurde wieder lebendig, und merkte gar nichts von der Wunde. Darauf zogen sie weiter, und der jüngste sprach 'du siehst aus wie ich, hast königliche Kleider an wie ich, und die Thiere folgen dir nach wie mir: wir wollen zu den entgegengesetzten Thoren eingehen, und von zwei Seiten zugleich beim alten König anlangen.' Also trennten sie sich, und bei dem alten König kam zu gleicher Zeit die Wache von dem einen und dem andern Thore, und meldete der junge König mit den Thieren wäre von der Jagd angelangt. Sprach der König 'es ist nicht möglich, die Thore liegen eine Stunde weit aus einander.' Jndem aber kamen von zwei Seiten die beiden Brüder in den Schloßhof hinein, und stiegen beide herauf. Da sprach der König zu seiner Tochter 'sag an welcher ist dein Gemahl? es sieht einer aus wie der andere, ich kanns nicht sagen.' Sie war da in großer Angst, und wußte es nicht, endlich fiel ihr das Halsband ein, das sie den Thieren gegeben hatte, und sah an dem Löwen ihres Gemahls das goldene Schlößchen; da sprach sie vergnügt 'dieser ist mein rechter Mann.' Da lachte der junge König, und sagte 'ja, das ist der rechte,' und sie setzten sich zusammen zu Tisch, aßen und tranken, und waren fröhlich. Abends, als der junge abschlug. Als dieser aber todt da lag, und er sein rothes Blut fließen sah, reute es ihn gewaltig, und er sprach ‘mein Bruder hat mich erlöst, und ich habe ihn dafür getödtet!’ und jammerte laut. Da kam sein Hase, und sagte er wollte von der Lebenswurzel holen, sprang fort, und brachte sie noch zu rechter Zeit, und der Todte wurde wieder lebendig, und merkte gar nichts von der Wunde. Darauf zogen sie weiter, und der jüngste sprach ‘du siehst aus wie ich, hast königliche Kleider an wie ich, und die Thiere folgen dir nach wie mir: wir wollen zu den entgegengesetzten Thoren eingehen, und von zwei Seiten zugleich beim alten König anlangen.’ Also trennten sie sich, und bei dem alten König kam zu gleicher Zeit die Wache von dem einen und dem andern Thore, und meldete der junge König mit den Thieren wäre von der Jagd angelangt. Sprach der König ‘es ist nicht möglich, die Thore liegen eine Stunde weit aus einander.’ Jndem aber kamen von zwei Seiten die beiden Brüder in den Schloßhof hinein, und stiegen beide herauf. Da sprach der König zu seiner Tochter ‘sag an welcher ist dein Gemahl? es sieht einer aus wie der andere, ich kanns nicht sagen.’ Sie war da in großer Angst, und wußte es nicht, endlich fiel ihr das Halsband ein, das sie den Thieren gegeben hatte, und sah an dem Löwen ihres Gemahls das goldene Schlößchen; da sprach sie vergnügt ‘dieser ist mein rechter Mann.’ Da lachte der junge König, und sagte ‘ja, das ist der rechte,’ und sie setzten sich zusammen zu Tisch, aßen und tranken, und waren fröhlich. Abends, als der junge <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0444" n="395"/> abschlug. Als dieser aber todt da lag, und er sein rothes Blut fließen sah, reute es ihn gewaltig, und er sprach ‘mein Bruder hat mich erlöst, und ich habe ihn dafür getödtet!’ und jammerte laut. Da kam sein Hase, und sagte er wollte von der Lebenswurzel holen, sprang fort, und brachte sie noch zu rechter Zeit, und der Todte wurde wieder lebendig, und merkte gar nichts von der Wunde.</p><lb/> <p>Darauf zogen sie weiter, und der jüngste sprach ‘du siehst aus wie ich, hast königliche Kleider an wie ich, und die Thiere folgen dir nach wie mir: wir wollen zu den entgegengesetzten Thoren eingehen, und von zwei Seiten zugleich beim alten König anlangen.’ Also trennten sie sich, und bei dem alten König kam zu gleicher Zeit die Wache von dem einen und dem andern Thore, und meldete der junge König mit den Thieren wäre von der Jagd angelangt. Sprach der König ‘es ist nicht möglich, die Thore liegen eine Stunde weit aus einander.’ Jndem aber kamen von zwei Seiten die beiden Brüder in den Schloßhof hinein, und stiegen beide herauf. Da sprach der König zu seiner Tochter ‘sag an welcher ist dein Gemahl? es sieht einer aus wie der andere, ich kanns nicht sagen.’ Sie war da in großer Angst, und wußte es nicht, endlich fiel ihr das Halsband ein, das sie den Thieren gegeben hatte, und sah an dem Löwen ihres Gemahls das goldene Schlößchen; da sprach sie vergnügt ‘dieser ist mein rechter Mann.’ Da lachte der junge König, und sagte ‘ja, das ist der rechte,’ und sie setzten sich zusammen zu Tisch, aßen und tranken, und waren fröhlich. Abends, als der junge </p> </div> </body> </text> </TEI> [395/0444]
abschlug. Als dieser aber todt da lag, und er sein rothes Blut fließen sah, reute es ihn gewaltig, und er sprach ‘mein Bruder hat mich erlöst, und ich habe ihn dafür getödtet!’ und jammerte laut. Da kam sein Hase, und sagte er wollte von der Lebenswurzel holen, sprang fort, und brachte sie noch zu rechter Zeit, und der Todte wurde wieder lebendig, und merkte gar nichts von der Wunde.
Darauf zogen sie weiter, und der jüngste sprach ‘du siehst aus wie ich, hast königliche Kleider an wie ich, und die Thiere folgen dir nach wie mir: wir wollen zu den entgegengesetzten Thoren eingehen, und von zwei Seiten zugleich beim alten König anlangen.’ Also trennten sie sich, und bei dem alten König kam zu gleicher Zeit die Wache von dem einen und dem andern Thore, und meldete der junge König mit den Thieren wäre von der Jagd angelangt. Sprach der König ‘es ist nicht möglich, die Thore liegen eine Stunde weit aus einander.’ Jndem aber kamen von zwei Seiten die beiden Brüder in den Schloßhof hinein, und stiegen beide herauf. Da sprach der König zu seiner Tochter ‘sag an welcher ist dein Gemahl? es sieht einer aus wie der andere, ich kanns nicht sagen.’ Sie war da in großer Angst, und wußte es nicht, endlich fiel ihr das Halsband ein, das sie den Thieren gegeben hatte, und sah an dem Löwen ihres Gemahls das goldene Schlößchen; da sprach sie vergnügt ‘dieser ist mein rechter Mann.’ Da lachte der junge König, und sagte ‘ja, das ist der rechte,’ und sie setzten sich zusammen zu Tisch, aßen und tranken, und waren fröhlich. Abends, als der junge
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-07-24T14:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |