Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840.heim in das königliche Schloß. Dort wiesen sie ihm ein Ställchen an unter der Treppe, wo kein Tageslicht hinkam, und sagten 'Rauhthierchen, da kannst du wohnen und schlafen.' Dann wurde es in die Küche geschickt, da trug es Holz und Wasser, schürte das Feuer, rupfte das Federvieh, belas das Gemüs, kehrte die Asche, und that alle schlechte Arbeit. Da lebte Allerleirauh lange Zeit recht armselig. Ach, du schöne Königstochter, wie solls mit dir noch werden! Es geschah aber einmal, daß ein Fest im Schloß gefeiert wurde, da sprach sie zum Koch 'darf ich ein wenig hinauf gehen und zusehen? ich will mich außen vor die Thüre stellen.' Antwortete der Koch 'ja geh nur hin, aber in einer halben Stunde mußt du wieder hier sein, und die Asche zusammentragen.' Da nahm sie ihr Oehllämpchen, gieng in ihr Ställchen, und zog den Pelzrock aus, und wusch sich den Ruß von dem Gesicht und den Händen ab, daß ihre Schönheit hervorkam, nicht anders als wie der helle Tag aus schwarzen Wolken hervor kommt. Dann machte sie die Nuß auf, und holte ihr Kleid hervor, das wie die Sonne glänzte. Und wie das geschehen war, gieng sie hinauf zum Fest, und alle traten ihr aus dem Weg, denn niemand kannte sie, und meinten nicht anders als daß es eine Königstochter wäre. Der König aber kam ihr entgegen, und reichte ihr die Hand, und tanzte mit ihr, und dachte in seinem Herzen 'so schön haben meine Augen noch keine gesehen.' Als der Tanz zu Ende war, verneigte sie sich, und wie sich der König umsah, war sie verschwunden, und niemand wußte wohin. Die heim in das königliche Schloß. Dort wiesen sie ihm ein Ställchen an unter der Treppe, wo kein Tageslicht hinkam, und sagten ‘Rauhthierchen, da kannst du wohnen und schlafen.’ Dann wurde es in die Küche geschickt, da trug es Holz und Wasser, schürte das Feuer, rupfte das Federvieh, belas das Gemüs, kehrte die Asche, und that alle schlechte Arbeit. Da lebte Allerleirauh lange Zeit recht armselig. Ach, du schöne Königstochter, wie solls mit dir noch werden! Es geschah aber einmal, daß ein Fest im Schloß gefeiert wurde, da sprach sie zum Koch ‘darf ich ein wenig hinauf gehen und zusehen? ich will mich außen vor die Thüre stellen.’ Antwortete der Koch ‘ja geh nur hin, aber in einer halben Stunde mußt du wieder hier sein, und die Asche zusammentragen.’ Da nahm sie ihr Oehllämpchen, gieng in ihr Ställchen, und zog den Pelzrock aus, und wusch sich den Ruß von dem Gesicht und den Händen ab, daß ihre Schönheit hervorkam, nicht anders als wie der helle Tag aus schwarzen Wolken hervor kommt. Dann machte sie die Nuß auf, und holte ihr Kleid hervor, das wie die Sonne glänzte. Und wie das geschehen war, gieng sie hinauf zum Fest, und alle traten ihr aus dem Weg, denn niemand kannte sie, und meinten nicht anders als daß es eine Königstochter wäre. Der König aber kam ihr entgegen, und reichte ihr die Hand, und tanzte mit ihr, und dachte in seinem Herzen ‘so schön haben meine Augen noch keine gesehen.’ Als der Tanz zu Ende war, verneigte sie sich, und wie sich der König umsah, war sie verschwunden, und niemand wußte wohin. Die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0469" n="420"/> heim in das königliche Schloß. Dort wiesen sie ihm ein Ställchen an unter der Treppe, wo kein Tageslicht hinkam, und sagten ‘Rauhthierchen, da kannst du wohnen und schlafen.’ Dann wurde es in die Küche geschickt, da trug es Holz und Wasser, schürte das Feuer, rupfte das Federvieh, belas das Gemüs, kehrte die Asche, und that alle schlechte Arbeit.</p><lb/> <p>Da lebte Allerleirauh lange Zeit recht armselig. Ach, du schöne Königstochter, wie solls mit dir noch werden! Es geschah aber einmal, daß ein Fest im Schloß gefeiert wurde, da sprach sie zum Koch ‘darf ich ein wenig hinauf gehen und zusehen? ich will mich außen vor die Thüre stellen.’ Antwortete der Koch ‘ja geh nur hin, aber in einer halben Stunde mußt du wieder hier sein, und die Asche zusammentragen.’ Da nahm sie ihr Oehllämpchen, gieng in ihr Ställchen, und zog den Pelzrock aus, und wusch sich den Ruß von dem Gesicht und den Händen ab, daß ihre Schönheit hervorkam, nicht anders als wie der helle Tag aus schwarzen Wolken hervor kommt. Dann machte sie die Nuß auf, und holte ihr Kleid hervor, das wie die Sonne glänzte. Und wie das geschehen war, gieng sie hinauf zum Fest, und alle traten ihr aus dem Weg, denn niemand kannte sie, und meinten nicht anders als daß es eine Königstochter wäre. Der König aber kam ihr entgegen, und reichte ihr die Hand, und tanzte mit ihr, und dachte in seinem Herzen ‘so schön haben meine Augen noch keine gesehen.’ Als der Tanz zu Ende war, verneigte sie sich, und wie sich der König umsah, war sie verschwunden, und niemand wußte wohin. Die </p> </div> </body> </text> </TEI> [420/0469]
heim in das königliche Schloß. Dort wiesen sie ihm ein Ställchen an unter der Treppe, wo kein Tageslicht hinkam, und sagten ‘Rauhthierchen, da kannst du wohnen und schlafen.’ Dann wurde es in die Küche geschickt, da trug es Holz und Wasser, schürte das Feuer, rupfte das Federvieh, belas das Gemüs, kehrte die Asche, und that alle schlechte Arbeit.
Da lebte Allerleirauh lange Zeit recht armselig. Ach, du schöne Königstochter, wie solls mit dir noch werden! Es geschah aber einmal, daß ein Fest im Schloß gefeiert wurde, da sprach sie zum Koch ‘darf ich ein wenig hinauf gehen und zusehen? ich will mich außen vor die Thüre stellen.’ Antwortete der Koch ‘ja geh nur hin, aber in einer halben Stunde mußt du wieder hier sein, und die Asche zusammentragen.’ Da nahm sie ihr Oehllämpchen, gieng in ihr Ställchen, und zog den Pelzrock aus, und wusch sich den Ruß von dem Gesicht und den Händen ab, daß ihre Schönheit hervorkam, nicht anders als wie der helle Tag aus schwarzen Wolken hervor kommt. Dann machte sie die Nuß auf, und holte ihr Kleid hervor, das wie die Sonne glänzte. Und wie das geschehen war, gieng sie hinauf zum Fest, und alle traten ihr aus dem Weg, denn niemand kannte sie, und meinten nicht anders als daß es eine Königstochter wäre. Der König aber kam ihr entgegen, und reichte ihr die Hand, und tanzte mit ihr, und dachte in seinem Herzen ‘so schön haben meine Augen noch keine gesehen.’ Als der Tanz zu Ende war, verneigte sie sich, und wie sich der König umsah, war sie verschwunden, und niemand wußte wohin. Die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-07-24T14:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |