Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Narr!' dachte der Bruder Lustig bei sich, und stieß seinen Cameraden in die Seite, und sprach, 'sei doch nicht so dumm, wenn du nichts willst, so brauch ich doch was.' Der heil. Petrus aber wollte nichts; doch weil der König sah daß der andere gerne was wollte, ließ er ihm vom Schatzmeister seinen Ranzen mit Gold anfüllen.

Sie zogen darauf weiter, und wie sie in einen Wald kamen, sprach der heil. Petrus zum Bruder Lustig 'jetzt wollen wir das Gold theilen.' 'Ja,' antwortete er, 'das wollen wir thun.' Da theilte der heil. Petrus das Gold, und theilte es in drei Theile. Dachte der Bruder Lustig 'was er wieder für einen Sparren im Kopf hat! macht drei Theile, und unser sind zwei!' Der heil. Petrus aber sprach 'nun habe ich genau getheilt, ein Theil für mich, ein Theil für dich, und ein Theil für den, der das Herz vom Lamm gegessen hat.' 'O, das hab ich gegessen,' antwortete der Bruder Lustig, und strich geschwind das Gold ein, 'das kannst du mir glauben.' 'Wie kann das wahr sein,' sprach der heil. Petrus, 'ein Lamm hat ja kein Herz.' 'Ei was, Bruder, wo denkst du hin! ein Lamm hat ja ein Herz, so gut wie jedes Thier, warum sollte das allein keins haben?' 'Nun, es ist schon gut,' sagte der heil. Petrus, 'behalt das Gold allein, aber ich bleibe nicht mehr bei dir, und will meinen Weg allein gehen.' 'Wie du willst, Bruderherz,' antwortete der Soldat, 'leb wohl.'

Da gieng der heil. Petrus eine andere Straße, Bruder Lustig aber dachte 'es ist gut, daß er abtrabt, es ist doch ein wunderlicher Heiliger.' Nun hatte er zwar Geld genug, wußte

Narr!’ dachte der Bruder Lustig bei sich, und stieß seinen Cameraden in die Seite, und sprach, ‘sei doch nicht so dumm, wenn du nichts willst, so brauch ich doch was.’ Der heil. Petrus aber wollte nichts; doch weil der König sah daß der andere gerne was wollte, ließ er ihm vom Schatzmeister seinen Ranzen mit Gold anfüllen.

Sie zogen darauf weiter, und wie sie in einen Wald kamen, sprach der heil. Petrus zum Bruder Lustig ‘jetzt wollen wir das Gold theilen.’ ‘Ja,’ antwortete er, ‘das wollen wir thun.’ Da theilte der heil. Petrus das Gold, und theilte es in drei Theile. Dachte der Bruder Lustig ‘was er wieder für einen Sparren im Kopf hat! macht drei Theile, und unser sind zwei!’ Der heil. Petrus aber sprach ‘nun habe ich genau getheilt, ein Theil für mich, ein Theil für dich, und ein Theil für den, der das Herz vom Lamm gegessen hat.’ ‘O, das hab ich gegessen,’ antwortete der Bruder Lustig, und strich geschwind das Gold ein, ‘das kannst du mir glauben.’ ‘Wie kann das wahr sein,’ sprach der heil. Petrus, ‘ein Lamm hat ja kein Herz.’ ‘Ei was, Bruder, wo denkst du hin! ein Lamm hat ja ein Herz, so gut wie jedes Thier, warum sollte das allein keins haben?’ ‘Nun, es ist schon gut,’ sagte der heil. Petrus, ‘behalt das Gold allein, aber ich bleibe nicht mehr bei dir, und will meinen Weg allein gehen.’ ‘Wie du willst, Bruderherz,’ antwortete der Soldat, ‘leb wohl.’

Da gieng der heil. Petrus eine andere Straße, Bruder Lustig aber dachte ‘es ist gut, daß er abtrabt, es ist doch ein wunderlicher Heiliger.’ Nun hatte er zwar Geld genug, wußte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0532" n="483"/>
Narr!&#x2019; dachte der Bruder Lustig bei sich, und stieß seinen Cameraden in die Seite, und sprach, &#x2018;sei doch nicht so dumm, wenn du nichts willst, so brauch ich doch was.&#x2019; Der heil. Petrus aber wollte nichts; doch weil der König sah daß der andere gerne was wollte, ließ er ihm vom Schatzmeister seinen Ranzen mit Gold anfüllen.</p><lb/>
        <p>Sie zogen darauf weiter, und wie sie in einen Wald kamen, sprach der heil. Petrus zum Bruder Lustig &#x2018;jetzt wollen wir das Gold theilen.&#x2019; &#x2018;Ja,&#x2019; antwortete er, &#x2018;das wollen wir thun.&#x2019; Da theilte der heil. Petrus das Gold, und theilte es in drei Theile. Dachte der Bruder Lustig &#x2018;was er wieder für einen Sparren im Kopf hat! macht drei Theile, und unser sind zwei!&#x2019; Der heil. Petrus aber sprach &#x2018;nun habe ich genau getheilt, ein Theil für mich, ein Theil für dich, und ein Theil für den, der das Herz vom Lamm gegessen hat.&#x2019; &#x2018;O, das hab ich gegessen,&#x2019; antwortete der Bruder Lustig, und strich geschwind das Gold ein, &#x2018;das kannst du mir glauben.&#x2019; &#x2018;Wie kann das wahr sein,&#x2019; sprach der heil. Petrus, &#x2018;ein Lamm hat ja kein Herz.&#x2019; &#x2018;Ei was, Bruder, wo denkst du hin! ein Lamm hat ja ein Herz, so gut wie jedes Thier, warum sollte das allein keins haben?&#x2019; &#x2018;Nun, es ist schon gut,&#x2019; sagte der heil. Petrus, &#x2018;behalt das Gold allein, aber ich bleibe nicht mehr bei dir, und will meinen Weg allein gehen.&#x2019; &#x2018;Wie du willst, Bruderherz,&#x2019; antwortete der Soldat, &#x2018;leb wohl.&#x2019;</p><lb/>
        <p>Da gieng der heil. Petrus eine andere Straße, Bruder Lustig aber dachte &#x2018;es ist gut, daß er abtrabt, es ist doch ein wunderlicher Heiliger.&#x2019; Nun hatte er zwar Geld genug, wußte
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[483/0532] Narr!’ dachte der Bruder Lustig bei sich, und stieß seinen Cameraden in die Seite, und sprach, ‘sei doch nicht so dumm, wenn du nichts willst, so brauch ich doch was.’ Der heil. Petrus aber wollte nichts; doch weil der König sah daß der andere gerne was wollte, ließ er ihm vom Schatzmeister seinen Ranzen mit Gold anfüllen. Sie zogen darauf weiter, und wie sie in einen Wald kamen, sprach der heil. Petrus zum Bruder Lustig ‘jetzt wollen wir das Gold theilen.’ ‘Ja,’ antwortete er, ‘das wollen wir thun.’ Da theilte der heil. Petrus das Gold, und theilte es in drei Theile. Dachte der Bruder Lustig ‘was er wieder für einen Sparren im Kopf hat! macht drei Theile, und unser sind zwei!’ Der heil. Petrus aber sprach ‘nun habe ich genau getheilt, ein Theil für mich, ein Theil für dich, und ein Theil für den, der das Herz vom Lamm gegessen hat.’ ‘O, das hab ich gegessen,’ antwortete der Bruder Lustig, und strich geschwind das Gold ein, ‘das kannst du mir glauben.’ ‘Wie kann das wahr sein,’ sprach der heil. Petrus, ‘ein Lamm hat ja kein Herz.’ ‘Ei was, Bruder, wo denkst du hin! ein Lamm hat ja ein Herz, so gut wie jedes Thier, warum sollte das allein keins haben?’ ‘Nun, es ist schon gut,’ sagte der heil. Petrus, ‘behalt das Gold allein, aber ich bleibe nicht mehr bei dir, und will meinen Weg allein gehen.’ ‘Wie du willst, Bruderherz,’ antwortete der Soldat, ‘leb wohl.’ Da gieng der heil. Petrus eine andere Straße, Bruder Lustig aber dachte ‘es ist gut, daß er abtrabt, es ist doch ein wunderlicher Heiliger.’ Nun hatte er zwar Geld genug, wußte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Herzogin Anna Amalia Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-07-24T14:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1840/532
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 4. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1840, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1840/532>, abgerufen am 21.11.2024.