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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843.

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der König gerade auf der Jagd war, nahm die alte Hexe die Gestalt der Kammerfrau an, trat in die Stube, wo die Königin lag, und sprach zu der Kranken 'kommt, das Bad ist fertig, das soll euch wohlthun und stärken; geschwind, eh es kalt wird.' Jhre Tochter war auch bei der Hand, und sie trugen die schwache Königin in die Badstube, legten sie hinein, giengen schnell fort, und schlossen die Thür ab. Jn der Badstube aber hatten sie ein rechtes Höllenfeuer angemacht, daß die schöne junge Königin bald ersticken mußte.

Als das geschehen war, nahm die Alte ihre Tochter, und setzte ihr eine Haube auf, und legte sie ins Bett an der Königin Stelle. Sie gab ihr auch die Gestalt und das Ansehen der Königin, nur das verlorene Auge konnte sie ihr nicht wieder geben. Damit aber der König es nicht merken sollte, mußte sie sich auf die Seite legen, wo sie kein Auge hatte. Am Abend, als der König heim kam, und hörte daß ihm ein Söhnlein geboren war, freute er sich herzlich, und wollte ans Bett zu seiner lieben Frau gehen, und wollte sehen was sie machte. Da rief die Alte geschwind 'bei Leibe, laßt die Vorhänge zu, die Königin darf noch nicht ins Licht sehen, und muß Ruhe haben.' Der König gieng zurück, und wußte nicht daß eine falsche Königin im Bette lag.

Als es aber Mitternacht war und alles schlief, da sah die Kinderfrau, die in der Kinderstube neben der Wiege saß, und allein noch wachte, wie die Thüre aufgieng, und die rechte Königin herein trat. Sie nahm das Kind aus der Wiege, legte es in ihren Arm, und gab ihm zu trinken. Dann schüttelte sie ihm sein Kißchen, und legte es

der König gerade auf der Jagd war, nahm die alte Hexe die Gestalt der Kammerfrau an, trat in die Stube, wo die Königin lag, und sprach zu der Kranken ‘kommt, das Bad ist fertig, das soll euch wohlthun und stärken; geschwind, eh es kalt wird.’ Jhre Tochter war auch bei der Hand, und sie trugen die schwache Königin in die Badstube, legten sie hinein, giengen schnell fort, und schlossen die Thür ab. Jn der Badstube aber hatten sie ein rechtes Höllenfeuer angemacht, daß die schöne junge Königin bald ersticken mußte.

Als das geschehen war, nahm die Alte ihre Tochter, und setzte ihr eine Haube auf, und legte sie ins Bett an der Königin Stelle. Sie gab ihr auch die Gestalt und das Ansehen der Königin, nur das verlorene Auge konnte sie ihr nicht wieder geben. Damit aber der König es nicht merken sollte, mußte sie sich auf die Seite legen, wo sie kein Auge hatte. Am Abend, als der König heim kam, und hörte daß ihm ein Söhnlein geboren war, freute er sich herzlich, und wollte ans Bett zu seiner lieben Frau gehen, und wollte sehen was sie machte. Da rief die Alte geschwind ‘bei Leibe, laßt die Vorhänge zu, die Königin darf noch nicht ins Licht sehen, und muß Ruhe haben.’ Der König gieng zurück, und wußte nicht daß eine falsche Königin im Bette lag.

Als es aber Mitternacht war und alles schlief, da sah die Kinderfrau, die in der Kinderstube neben der Wiege saß, und allein noch wachte, wie die Thüre aufgieng, und die rechte Königin herein trat. Sie nahm das Kind aus der Wiege, legte es in ihren Arm, und gab ihm zu trinken. Dann schüttelte sie ihm sein Kißchen, und legte es

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[71/0109] der König gerade auf der Jagd war, nahm die alte Hexe die Gestalt der Kammerfrau an, trat in die Stube, wo die Königin lag, und sprach zu der Kranken ‘kommt, das Bad ist fertig, das soll euch wohlthun und stärken; geschwind, eh es kalt wird.’ Jhre Tochter war auch bei der Hand, und sie trugen die schwache Königin in die Badstube, legten sie hinein, giengen schnell fort, und schlossen die Thür ab. Jn der Badstube aber hatten sie ein rechtes Höllenfeuer angemacht, daß die schöne junge Königin bald ersticken mußte. Als das geschehen war, nahm die Alte ihre Tochter, und setzte ihr eine Haube auf, und legte sie ins Bett an der Königin Stelle. Sie gab ihr auch die Gestalt und das Ansehen der Königin, nur das verlorene Auge konnte sie ihr nicht wieder geben. Damit aber der König es nicht merken sollte, mußte sie sich auf die Seite legen, wo sie kein Auge hatte. Am Abend, als der König heim kam, und hörte daß ihm ein Söhnlein geboren war, freute er sich herzlich, und wollte ans Bett zu seiner lieben Frau gehen, und wollte sehen was sie machte. Da rief die Alte geschwind ‘bei Leibe, laßt die Vorhänge zu, die Königin darf noch nicht ins Licht sehen, und muß Ruhe haben.’ Der König gieng zurück, und wußte nicht daß eine falsche Königin im Bette lag. Als es aber Mitternacht war und alles schlief, da sah die Kinderfrau, die in der Kinderstube neben der Wiege saß, und allein noch wachte, wie die Thüre aufgieng, und die rechte Königin herein trat. Sie nahm das Kind aus der Wiege, legte es in ihren Arm, und gab ihm zu trinken. Dann schüttelte sie ihm sein Kißchen, und legte es

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1843, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1843/109>, abgerufen am 21.11.2024.