Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1850.Erhaltung der Märchen am thätigsten gezeigt. Die in der Wodana bekannt gemachten, mit der behaglichen Umständlichkeit erzählt, die dem Niederdeutschen eigen ist, erregen das Verlangen nach einer vollständigen Sammlung. Ein Gleiches gilt von den dänischen, deren Werth schon was davon bekannt geworden ist außer Zweifel setzt. Großes Lob verdient die norwegische und die schwedische Sammlung wegen ihrer Reichhaltigkeik, sorgfältigen Auffassung und natürlichen gewandten Erzählung. Jn allen Märchen dieser stammverwandten Völker zeigt sich die größte Übereinstimmung mit den unsrigen, und man kann annehmen daß dieselben Überlieferungen in dem ganzen weiten Bereich zu Hause sind: eine besonders wichtige Bestätigung gewährt das wegen seiner schon im Alterthum bekannten Lösung schwieriger Aufgaben merkwürdige Märchen von der klugen Bauerntochter (Nr 94), das Asbjörnsen im Norden wieder gefunden hat. Ein Unterschied tritt nur insoweit ein, als sie nicht überall vollständig sich erhalten konnten, einzelnes lückenhaft ward und völlig abstarb, oder die Natur der Länder, Bergzüge und weite Ebenen, Sprache, Sitten und Glaube eine Änderung bewirkte. Wenn z. B. bei uns der Geist verschwindet sobald die Mitternacht vorüber ist oder der Hahn kräht, so werden die Riesen im Norden listig hingehalten bis der erste Sonnenstrahl sie berührt, weil sie dann in Stücke zerbersten gleich Steinen, in welche sie nach der Lehre der Edda verwandelt werden. Die Sammlungen in Deutschland liefern häufig nur abweichende Auffassungen schon bekannter Märchen, die immer Werth haben, oder beschränken sich auf gewisse Gegenden, was bei der örtlichen Sage ein größeres Gewicht hat. Amnuthig sind die in den Mundarten des Elsasses, Vorarlsberg und Holsteins nieder geschriebenen, und Auszeichnung verdient das fleißige Buch Panzers, der den Versuch gemacht hat, sie nach ihrem mythischen Jnhalt zu ordnen. Erhaltung der Märchen am thätigsten gezeigt. Die in der Wodana bekannt gemachten, mit der behaglichen Umständlichkeit erzählt, die dem Niederdeutschen eigen ist, erregen das Verlangen nach einer vollständigen Sammlung. Ein Gleiches gilt von den dänischen, deren Werth schon was davon bekannt geworden ist außer Zweifel setzt. Großes Lob verdient die norwegische und die schwedische Sammlung wegen ihrer Reichhaltigkeik, sorgfältigen Auffassung und natürlichen gewandten Erzählung. Jn allen Märchen dieser stammverwandten Völker zeigt sich die größte Übereinstimmung mit den unsrigen, und man kann annehmen daß dieselben Überlieferungen in dem ganzen weiten Bereich zu Hause sind: eine besonders wichtige Bestätigung gewährt das wegen seiner schon im Alterthum bekannten Lösung schwieriger Aufgaben merkwürdige Märchen von der klugen Bauerntochter (Nr 94), das Asbjörnsen im Norden wieder gefunden hat. Ein Unterschied tritt nur insoweit ein, als sie nicht überall vollständig sich erhalten konnten, einzelnes lückenhaft ward und völlig abstarb, oder die Natur der Länder, Bergzüge und weite Ebenen, Sprache, Sitten und Glaube eine Änderung bewirkte. Wenn z. B. bei uns der Geist verschwindet sobald die Mitternacht vorüber ist oder der Hahn kräht, so werden die Riesen im Norden listig hingehalten bis der erste Sonnenstrahl sie berührt, weil sie dann in Stücke zerbersten gleich Steinen, in welche sie nach der Lehre der Edda verwandelt werden. Die Sammlungen in Deutschland liefern häufig nur abweichende Auffassungen schon bekannter Märchen, die immer Werth haben, oder beschränken sich auf gewisse Gegenden, was bei der örtlichen Sage ein größeres Gewicht hat. Amnuthig sind die in den Mundarten des Elsasses, Vorarlsberg und Holsteins nieder geschriebenen, und Auszeichnung verdient das fleißige Buch Panzers, der den Versuch gemacht hat, sie nach ihrem mythischen Jnhalt zu ordnen. <TEI> <text> <front> <div type="preface"> <p><pb facs="#f0067" n="LXI"/> Erhaltung der Märchen am thätigsten gezeigt. Die in der Wodana bekannt gemachten, mit der behaglichen Umständlichkeit erzählt, die dem <hi rendition="#g">Niederdeutschen</hi> eigen ist, erregen das Verlangen nach einer vollständigen Sammlung. Ein Gleiches gilt von den <hi rendition="#g">dänischen</hi>, deren Werth schon was davon bekannt geworden ist außer Zweifel setzt. Großes Lob verdient die <hi rendition="#g">norwegische</hi> und die <hi rendition="#g">schwedische</hi> Sammlung wegen ihrer Reichhaltigkeik, sorgfältigen Auffassung und natürlichen gewandten Erzählung. Jn allen Märchen dieser stammverwandten Völker zeigt sich die größte Übereinstimmung mit den unsrigen, und man kann annehmen daß dieselben Überlieferungen in dem ganzen weiten Bereich zu Hause sind: eine besonders wichtige Bestätigung gewährt das wegen seiner schon im Alterthum bekannten Lösung schwieriger Aufgaben merkwürdige Märchen von der klugen Bauerntochter (Nr 94), das Asbjörnsen im Norden wieder gefunden hat. Ein Unterschied tritt nur insoweit ein, als sie nicht überall vollständig sich erhalten konnten, einzelnes lückenhaft ward und völlig abstarb, oder die Natur der Länder, Bergzüge und weite Ebenen, Sprache, Sitten und Glaube eine Änderung bewirkte. Wenn z. B. bei uns der Geist verschwindet sobald die Mitternacht vorüber ist oder der Hahn kräht, so werden die Riesen im Norden listig hingehalten bis der erste Sonnenstrahl sie berührt, weil sie dann in Stücke zerbersten gleich Steinen, in welche sie nach der Lehre der Edda verwandelt werden.</p><lb/> <p>Die Sammlungen in <hi rendition="#g">Deutschland</hi> liefern häufig nur abweichende Auffassungen schon bekannter Märchen, die immer Werth haben, oder beschränken sich auf gewisse Gegenden, was bei der örtlichen Sage ein größeres Gewicht hat. Amnuthig sind die in den Mundarten des Elsasses, Vorarlsberg und Holsteins nieder geschriebenen, und Auszeichnung verdient das fleißige Buch Panzers, der den Versuch gemacht hat, sie nach ihrem mythischen Jnhalt zu ordnen. </p> </div> </front> </text> </TEI> [LXI/0067]
Erhaltung der Märchen am thätigsten gezeigt. Die in der Wodana bekannt gemachten, mit der behaglichen Umständlichkeit erzählt, die dem Niederdeutschen eigen ist, erregen das Verlangen nach einer vollständigen Sammlung. Ein Gleiches gilt von den dänischen, deren Werth schon was davon bekannt geworden ist außer Zweifel setzt. Großes Lob verdient die norwegische und die schwedische Sammlung wegen ihrer Reichhaltigkeik, sorgfältigen Auffassung und natürlichen gewandten Erzählung. Jn allen Märchen dieser stammverwandten Völker zeigt sich die größte Übereinstimmung mit den unsrigen, und man kann annehmen daß dieselben Überlieferungen in dem ganzen weiten Bereich zu Hause sind: eine besonders wichtige Bestätigung gewährt das wegen seiner schon im Alterthum bekannten Lösung schwieriger Aufgaben merkwürdige Märchen von der klugen Bauerntochter (Nr 94), das Asbjörnsen im Norden wieder gefunden hat. Ein Unterschied tritt nur insoweit ein, als sie nicht überall vollständig sich erhalten konnten, einzelnes lückenhaft ward und völlig abstarb, oder die Natur der Länder, Bergzüge und weite Ebenen, Sprache, Sitten und Glaube eine Änderung bewirkte. Wenn z. B. bei uns der Geist verschwindet sobald die Mitternacht vorüber ist oder der Hahn kräht, so werden die Riesen im Norden listig hingehalten bis der erste Sonnenstrahl sie berührt, weil sie dann in Stücke zerbersten gleich Steinen, in welche sie nach der Lehre der Edda verwandelt werden.
Die Sammlungen in Deutschland liefern häufig nur abweichende Auffassungen schon bekannter Märchen, die immer Werth haben, oder beschränken sich auf gewisse Gegenden, was bei der örtlichen Sage ein größeres Gewicht hat. Amnuthig sind die in den Mundarten des Elsasses, Vorarlsberg und Holsteins nieder geschriebenen, und Auszeichnung verdient das fleißige Buch Panzers, der den Versuch gemacht hat, sie nach ihrem mythischen Jnhalt zu ordnen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-06-03T14:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |