Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.Kette von Schneegänsen in der Gestalt eines Dreiecks fliegen, da sagte er zu dem einen 'nun schieß von jeder Ecke eine herab.' Der thats und vollbrachte damit seinen Probeschuß. Bald darauf kam noch eine Kette angeflogen und hatte die Gestalt der Ziffer Zwei: da hieß der Jäger den andern gleichfalls von jeder Ecke eine herunterholen, und dem gelang sein Probeschuß auch. Nun sagte der Pflegevater 'ich spreche euch frei, ihr seid ausgelernte Jäger.' Darauf giengen die zwei Brüder zusammen in den Wald, rathschlagten mit einander und verabredeten etwas. Und als sie Abends sich zum Essen niedergesetzt hatten, sagten sie zu ihrem Pflegevater 'wir rühren die Speise nicht an, und nehmen keinen Bissen, bevor ihr uns eine Bitte gewährt habt.' Sprach er 'was ist denn eure Bitte?' Sie antworteten 'wir haben nun ausgelernt, wir müssen uns auch in der Welt versuchen, so erlaubt daß wir fortziehen und wandern.' Da sprach der Alte mit Freuden 'ihr redet wie brave Jäger, was ihr begehrt ist mein eigener Wunsch gewesen; zieht aus, es wird euch wohl ergehen.' Darauf aßen und tranken sie fröhlich zusammen. Als der bestimmte Tag kam, schenkte der Pflegevater jedem eine gute Büchse und einen Hund und ließ jeden von seinen gesparten Goldstücken nehmen so viel er wollte. Darauf begleitete er sie ein Stück Wegs und beim Abschied gab er ihnen noch ein blankes Messer und sprach 'wann ihr euch einmal trennt, so stoßt dies Messer am Scheideweg in einen Baum, daran kann einer, wenn er zurückkommt, sehen wie es seinem abwesenden Bruder ergangen ist, denn die Seite, nach welcher dieser ausgezogen ist, rostet, wann er stirbt: so lange er aber lebt, bleibt sie blank.' Die zwei Brüder giengen immer weiter fort und kamen in einen Wald, so groß, daß sie unmöglich in einem Tag heraus konnten. Also blieben sie die Nacht darin und aßen was sie in die Jägertasche gesteckt hatten; sie giengen aber auch noch den zweiten Tag und kamen nicht heraus. Kette von Schneegänsen in der Gestalt eines Dreiecks fliegen, da sagte er zu dem einen ‘nun schieß von jeder Ecke eine herab.’ Der thats und vollbrachte damit seinen Probeschuß. Bald darauf kam noch eine Kette angeflogen und hatte die Gestalt der Ziffer Zwei: da hieß der Jäger den andern gleichfalls von jeder Ecke eine herunterholen, und dem gelang sein Probeschuß auch. Nun sagte der Pflegevater ‘ich spreche euch frei, ihr seid ausgelernte Jäger.’ Darauf giengen die zwei Brüder zusammen in den Wald, rathschlagten mit einander und verabredeten etwas. Und als sie Abends sich zum Essen niedergesetzt hatten, sagten sie zu ihrem Pflegevater ‘wir rühren die Speise nicht an, und nehmen keinen Bissen, bevor ihr uns eine Bitte gewährt habt.’ Sprach er ‘was ist denn eure Bitte?’ Sie antworteten ‘wir haben nun ausgelernt, wir müssen uns auch in der Welt versuchen, so erlaubt daß wir fortziehen und wandern.’ Da sprach der Alte mit Freuden ‘ihr redet wie brave Jäger, was ihr begehrt ist mein eigener Wunsch gewesen; zieht aus, es wird euch wohl ergehen.’ Darauf aßen und tranken sie fröhlich zusammen. Als der bestimmte Tag kam, schenkte der Pflegevater jedem eine gute Büchse und einen Hund und ließ jeden von seinen gesparten Goldstücken nehmen so viel er wollte. Darauf begleitete er sie ein Stück Wegs und beim Abschied gab er ihnen noch ein blankes Messer und sprach ‘wann ihr euch einmal trennt, so stoßt dies Messer am Scheideweg in einen Baum, daran kann einer, wenn er zurückkommt, sehen wie es seinem abwesenden Bruder ergangen ist, denn die Seite, nach welcher dieser ausgezogen ist, rostet, wann er stirbt: so lange er aber lebt, bleibt sie blank.’ Die zwei Brüder giengen immer weiter fort und kamen in einen Wald, so groß, daß sie unmöglich in einem Tag heraus konnten. Also blieben sie die Nacht darin und aßen was sie in die Jägertasche gesteckt hatten; sie giengen aber auch noch den zweiten Tag und kamen nicht heraus. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0347" n="314"/> Kette von Schneegänsen in der Gestalt eines Dreiecks fliegen, da sagte er zu dem einen ‘nun schieß von jeder Ecke eine herab.’ Der thats und vollbrachte damit seinen Probeschuß. Bald darauf kam noch eine Kette angeflogen und hatte die Gestalt der Ziffer Zwei: da hieß der Jäger den andern gleichfalls von jeder Ecke eine herunterholen, und dem gelang sein Probeschuß auch. Nun sagte der Pflegevater ‘ich spreche euch frei, ihr seid ausgelernte Jäger.’ Darauf giengen die zwei Brüder zusammen in den Wald, rathschlagten mit einander und verabredeten etwas. Und als sie Abends sich zum Essen niedergesetzt hatten, sagten sie zu ihrem Pflegevater ‘wir rühren die Speise nicht an, und nehmen keinen Bissen, bevor ihr uns eine Bitte gewährt habt.’ Sprach er ‘was ist denn eure Bitte?’ Sie antworteten ‘wir haben nun ausgelernt, wir müssen uns auch in der Welt versuchen, so erlaubt daß wir fortziehen und wandern.’ Da sprach der Alte mit Freuden ‘ihr redet wie brave Jäger, was ihr begehrt ist mein eigener Wunsch gewesen; zieht aus, es wird euch wohl ergehen.’ Darauf aßen und tranken sie fröhlich zusammen.</p><lb/> <p>Als der bestimmte Tag kam, schenkte der Pflegevater jedem eine gute Büchse und einen Hund und ließ jeden von seinen gesparten Goldstücken nehmen so viel er wollte. Darauf begleitete er sie ein Stück Wegs und beim Abschied gab er ihnen noch ein blankes Messer und sprach ‘wann ihr euch einmal trennt, so stoßt dies Messer am Scheideweg in einen Baum, daran kann einer, wenn er zurückkommt, sehen wie es seinem abwesenden Bruder ergangen ist, denn die Seite, nach welcher dieser ausgezogen ist, rostet, wann er stirbt: so lange er aber lebt, bleibt sie blank.’ Die zwei Brüder giengen immer weiter fort und kamen in einen Wald, so groß, daß sie unmöglich in einem Tag heraus konnten. Also blieben sie die Nacht darin und aßen was sie in die Jägertasche gesteckt hatten; sie giengen aber auch noch den zweiten Tag und kamen nicht heraus. </p> </div> </body> </text> </TEI> [314/0347]
Kette von Schneegänsen in der Gestalt eines Dreiecks fliegen, da sagte er zu dem einen ‘nun schieß von jeder Ecke eine herab.’ Der thats und vollbrachte damit seinen Probeschuß. Bald darauf kam noch eine Kette angeflogen und hatte die Gestalt der Ziffer Zwei: da hieß der Jäger den andern gleichfalls von jeder Ecke eine herunterholen, und dem gelang sein Probeschuß auch. Nun sagte der Pflegevater ‘ich spreche euch frei, ihr seid ausgelernte Jäger.’ Darauf giengen die zwei Brüder zusammen in den Wald, rathschlagten mit einander und verabredeten etwas. Und als sie Abends sich zum Essen niedergesetzt hatten, sagten sie zu ihrem Pflegevater ‘wir rühren die Speise nicht an, und nehmen keinen Bissen, bevor ihr uns eine Bitte gewährt habt.’ Sprach er ‘was ist denn eure Bitte?’ Sie antworteten ‘wir haben nun ausgelernt, wir müssen uns auch in der Welt versuchen, so erlaubt daß wir fortziehen und wandern.’ Da sprach der Alte mit Freuden ‘ihr redet wie brave Jäger, was ihr begehrt ist mein eigener Wunsch gewesen; zieht aus, es wird euch wohl ergehen.’ Darauf aßen und tranken sie fröhlich zusammen.
Als der bestimmte Tag kam, schenkte der Pflegevater jedem eine gute Büchse und einen Hund und ließ jeden von seinen gesparten Goldstücken nehmen so viel er wollte. Darauf begleitete er sie ein Stück Wegs und beim Abschied gab er ihnen noch ein blankes Messer und sprach ‘wann ihr euch einmal trennt, so stoßt dies Messer am Scheideweg in einen Baum, daran kann einer, wenn er zurückkommt, sehen wie es seinem abwesenden Bruder ergangen ist, denn die Seite, nach welcher dieser ausgezogen ist, rostet, wann er stirbt: so lange er aber lebt, bleibt sie blank.’ Die zwei Brüder giengen immer weiter fort und kamen in einen Wald, so groß, daß sie unmöglich in einem Tag heraus konnten. Also blieben sie die Nacht darin und aßen was sie in die Jägertasche gesteckt hatten; sie giengen aber auch noch den zweiten Tag und kamen nicht heraus.
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