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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.

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'Dich will ich schon packen' sprach der Unhold. 'Sachte, sachte, mach dich nicht so breit; so stark wie du bin ich auch, und wohl noch stärker.' 'Das wollen wir sehn,' sprach der Alte, 'bist du stärker als ich, so will ich dich gehn lassen; komm, wir wollens versuchen.' Da führte er ihn durch dunkle Gänge zu einem Schmiedefeuer, nahm eine Axt und schlug den einen Amboß mit einem Schlag in die Erde. 'Das kann ich noch besser' sprach der Junge, und gieng zu dem andern Amboß: der Alte stellte sich neben hin und wollte zusehen, und sein weißer Bart hieng herab. Da faßte der Junge die Axt, spaltete den Amboß auf einen Hieb und klemmte den Bart des Alten mit hinein. 'Nun hab ich dich,' sprach der Junge, 'jetzt ist das Sterben an dir.' Dann faßte er eine Eisenstange und schlug auf den Alten los, bis er wimmerte und bat er möchte aufhören, er wollte ihm große Reichthümer geben. Der Junge zog die Axt raus, und ließ ihn los. Der Alte führte ihn wieder ins Schloß zurück und zeigte ihm in einem Keller drei Kasten voll Gold. 'Davon,' sprach er, 'ist ein Theil den Armen, der andere dem König, der dritte dein.' Jndem schlug es zwölfe, und der Geist verschwand, also daß der Junge im finstern stand. 'Jch werde mir doch heraushelfen können' sprach er, tappte herum, fand den Weg in die Kammer und schlief dort bei seinem Feuer ein. Am andern Morgen kam der König und sagte 'nun wirst du gelernt haben was Gruseln ist?' 'Nein,' antwortete er, 'was ists nur? mein todter Vetter war da, und ein bärtiger Mann ist gekommen, der hat mir da unten viel Geld gezeigt, aber was Gruseln ist hat mir keiner gesagt.' Da sprach der König 'du hast das Schloß erlöst und sollst meine Tochter heirathen.' 'Das ist all recht gut,' antwortete er, 'aber ich weiß noch immer nicht was Gruseln ist.'

Da ward das Gold herauf gebracht und die Hochzeit gefeiert, aber der junge König, so lieb er seine Gemahlin hatte und so

‘Dich will ich schon packen’ sprach der Unhold. ‘Sachte, sachte, mach dich nicht so breit; so stark wie du bin ich auch, und wohl noch stärker.’ ‘Das wollen wir sehn,’ sprach der Alte, ‘bist du stärker als ich, so will ich dich gehn lassen; komm, wir wollens versuchen.’ Da führte er ihn durch dunkle Gänge zu einem Schmiedefeuer, nahm eine Axt und schlug den einen Amboß mit einem Schlag in die Erde. ‘Das kann ich noch besser’ sprach der Junge, und gieng zu dem andern Amboß: der Alte stellte sich neben hin und wollte zusehen, und sein weißer Bart hieng herab. Da faßte der Junge die Axt, spaltete den Amboß auf einen Hieb und klemmte den Bart des Alten mit hinein. ‘Nun hab ich dich,’ sprach der Junge, ‘jetzt ist das Sterben an dir.’ Dann faßte er eine Eisenstange und schlug auf den Alten los, bis er wimmerte und bat er möchte aufhören, er wollte ihm große Reichthümer geben. Der Junge zog die Axt raus, und ließ ihn los. Der Alte führte ihn wieder ins Schloß zurück und zeigte ihm in einem Keller drei Kasten voll Gold. ‘Davon,’ sprach er, ‘ist ein Theil den Armen, der andere dem König, der dritte dein.’ Jndem schlug es zwölfe, und der Geist verschwand, also daß der Junge im finstern stand. ‘Jch werde mir doch heraushelfen können’ sprach er, tappte herum, fand den Weg in die Kammer und schlief dort bei seinem Feuer ein. Am andern Morgen kam der König und sagte ‘nun wirst du gelernt haben was Gruseln ist?’ ‘Nein,’ antwortete er, ‘was ists nur? mein todter Vetter war da, und ein bärtiger Mann ist gekommen, der hat mir da unten viel Geld gezeigt, aber was Gruseln ist hat mir keiner gesagt.’ Da sprach der König ‘du hast das Schloß erlöst und sollst meine Tochter heirathen.’ ‘Das ist all recht gut,’ antwortete er, ‘aber ich weiß noch immer nicht was Gruseln ist.’

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[24/0057] ‘Dich will ich schon packen’ sprach der Unhold. ‘Sachte, sachte, mach dich nicht so breit; so stark wie du bin ich auch, und wohl noch stärker.’ ‘Das wollen wir sehn,’ sprach der Alte, ‘bist du stärker als ich, so will ich dich gehn lassen; komm, wir wollens versuchen.’ Da führte er ihn durch dunkle Gänge zu einem Schmiedefeuer, nahm eine Axt und schlug den einen Amboß mit einem Schlag in die Erde. ‘Das kann ich noch besser’ sprach der Junge, und gieng zu dem andern Amboß: der Alte stellte sich neben hin und wollte zusehen, und sein weißer Bart hieng herab. Da faßte der Junge die Axt, spaltete den Amboß auf einen Hieb und klemmte den Bart des Alten mit hinein. ‘Nun hab ich dich,’ sprach der Junge, ‘jetzt ist das Sterben an dir.’ Dann faßte er eine Eisenstange und schlug auf den Alten los, bis er wimmerte und bat er möchte aufhören, er wollte ihm große Reichthümer geben. Der Junge zog die Axt raus, und ließ ihn los. Der Alte führte ihn wieder ins Schloß zurück und zeigte ihm in einem Keller drei Kasten voll Gold. ‘Davon,’ sprach er, ‘ist ein Theil den Armen, der andere dem König, der dritte dein.’ Jndem schlug es zwölfe, und der Geist verschwand, also daß der Junge im finstern stand. ‘Jch werde mir doch heraushelfen können’ sprach er, tappte herum, fand den Weg in die Kammer und schlief dort bei seinem Feuer ein. Am andern Morgen kam der König und sagte ‘nun wirst du gelernt haben was Gruseln ist?’ ‘Nein,’ antwortete er, ‘was ists nur? mein todter Vetter war da, und ein bärtiger Mann ist gekommen, der hat mir da unten viel Geld gezeigt, aber was Gruseln ist hat mir keiner gesagt.’ Da sprach der König ‘du hast das Schloß erlöst und sollst meine Tochter heirathen.’ ‘Das ist all recht gut,’ antwortete er, ‘aber ich weiß noch immer nicht was Gruseln ist.’ Da ward das Gold herauf gebracht und die Hochzeit gefeiert, aber der junge König, so lieb er seine Gemahlin hatte und so

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857/57>, abgerufen am 24.11.2024.