thören, und meinte, die schönen Waaren seyen mehr werth, als sein Wunderstein und gab ihn hin. Kaum aber hatte er ihn aus den Händen gegeben, da war auch alles Glück dahin und er saß auf einmal wieder in dem verschlossenen Kasten auf dem Fluß mit einem Krug Wasser und einem Laib Brot. Die treuen Thiere, Maus, Affe und Bär, wie sie sein Unglück sahen, kamen wieder und wollten ihm helfen, aber sie konnten nicht einmal das Schloß aufsprengen, weil's viel fester war, als das erstemal. Da sprach der Bär: "wir müssen den Wunderstein wieder schaffen, oder es ist alles umsonst." Weil nun die Kaufleute in dem Schloß noch wohnten, gingen die Thiere miteinander hin, und wie sie nah dabei kamen, sagte der Bär: "Maus geh hin und guck durch's Schlüsselloch und sieh, was anzufangen ist, du bist klein, dich merkt kein Mensch." Die Maus war willig, kam aber wieder und sagte: "es geht nicht, ich hab' hinein geguckt, der Stein hängt unter dem Spiegel an einen rothem Bändchen und hüben und drüben sitzen ein paar große Katzen mit feurigen Augen, die sollen ihn bewachen." Da sagten die andern: "geh nur wieder hinein und wart' bis der Herr im Bett liegt und schläft, dann schleich dich durch ein Loch hinein und kriech' auf's Bett und zwick' ihn an der Nase und beiß ihm seine Haare ab." Die Maus ging wieder hinein, und that wie die andern gesagt hatten, und der Herr wachte auf,
thoͤren, und meinte, die ſchoͤnen Waaren ſeyen mehr werth, als ſein Wunderſtein und gab ihn hin. Kaum aber hatte er ihn aus den Haͤnden gegeben, da war auch alles Gluͤck dahin und er ſaß auf einmal wieder in dem verſchloſſenen Kaſten auf dem Fluß mit einem Krug Waſſer und einem Laib Brot. Die treuen Thiere, Maus, Affe und Baͤr, wie ſie ſein Ungluͤck ſahen, kamen wieder und wollten ihm helfen, aber ſie konnten nicht einmal das Schloß aufſprengen, weil’s viel feſter war, als das erſtemal. Da ſprach der Baͤr: „wir muͤſſen den Wunderſtein wieder ſchaffen, oder es iſt alles umſonſt.“ Weil nun die Kaufleute in dem Schloß noch wohnten, gingen die Thiere miteinander hin, und wie ſie nah dabei kamen, ſagte der Baͤr: „Maus geh hin und guck durch’s Schluͤſſelloch und ſieh, was anzufangen iſt, du biſt klein, dich merkt kein Menſch.“ Die Maus war willig, kam aber wieder und ſagte: „es geht nicht, ich hab’ hinein geguckt, der Stein haͤngt unter dem Spiegel an einen rothem Baͤndchen und huͤben und druͤben ſitzen ein paar große Katzen mit feurigen Augen, die ſollen ihn bewachen.“ Da ſagten die andern: „geh nur wieder hinein und wart’ bis der Herr im Bett liegt und ſchlaͤft, dann ſchleich dich durch ein Loch hinein und kriech’ auf’s Bett und zwick’ ihn an der Naſe und beiß ihm ſeine Haare ab.“ Die Maus ging wieder hinein, und that wie die andern geſagt hatten, und der Herr wachte auf,
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thoͤren, und meinte, die ſchoͤnen Waaren ſeyen mehr
werth, als ſein Wunderſtein und gab ihn hin. Kaum
aber hatte er ihn aus den Haͤnden gegeben, da
war auch alles Gluͤck dahin und er ſaß auf einmal
wieder in dem verſchloſſenen Kaſten auf dem Fluß
mit einem Krug Waſſer und einem Laib Brot.
Die treuen Thiere, Maus, Affe und Baͤr, wie
ſie ſein Ungluͤck ſahen, kamen wieder und wollten
ihm helfen, aber ſie konnten nicht einmal das
Schloß aufſprengen, weil’s viel feſter war, als
das erſtemal. Da ſprach der Baͤr: „wir muͤſſen
den Wunderſtein wieder ſchaffen, oder es iſt alles
umſonſt.“ Weil nun die Kaufleute in dem Schloß
noch wohnten, gingen die Thiere miteinander hin,
und wie ſie nah dabei kamen, ſagte der Baͤr:
„Maus geh hin und guck durch’s Schluͤſſelloch
und ſieh, was anzufangen iſt, du biſt klein, dich
merkt kein Menſch.“ Die Maus war willig, kam
aber wieder und ſagte: „es geht nicht, ich hab’
hinein geguckt, der Stein haͤngt unter dem Spiegel
an einen rothem Baͤndchen und huͤben und druͤben
ſitzen ein paar große Katzen mit feurigen Augen,
die ſollen ihn bewachen.“ Da ſagten die andern:
„geh nur wieder hinein und wart’ bis der Herr
im Bett liegt und ſchlaͤft, dann ſchleich dich durch
ein Loch hinein und kriech’ auf’s Bett und zwick’
ihn an der Naſe und beiß ihm ſeine Haare ab.“
Die Maus ging wieder hinein, und that wie die
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/132>, abgerufen am 22.12.2024.
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