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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815.

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ten und alles was da war, und fragte, wer die
Riesen hätte ums Leben gebracht. Nun hatte er
einen Hauptmann, der war einäugig und ein häß-
licher Mensch, der sagte, er hätte es gethan. Da
sprach der alte König, so er das vollbracht, sollte
er die Prinzessin heirathen. Die Prinzessin aber
sagte: "lieber Vater, dafür, daß ich den heira-
then soll, will ich lieber in die Welt gehen, soweit
als mich meine Beine tragen." Da sprach der
König, wenn sie den nicht heirathen wollte, sollte
sie die königlichen Kleider ausziehen und Bauern-
kleider anthun, und fortgehen; und sie sollte zu
einem Töpfer gehen und sich einen irden Geschirr-
Handel anfangen. Da thät sie ihre königlichen
Kleider aus und ging zu einem Töpfer und borgte
sich einen Kram irden Werk; versprach ihm auch,
wenn sie's am Abend verkauft hätte, es zu bezah-
len. Nun sagte der König, sie sollte sich an eine
Ecke damit setzten und es verkaufen, dann bestellte
er etliche Bauernwagen, die sollten mitten durch-
fahren, daß alles in tausend Stücke ging. Wie
nun die Prinzessin ihren Kram auf die Straße
hingestellt hatte, kamen die Wagen und zerbra-
chen ihn zu lauter Scherben; fing sie an zu wei-
nen und sprach: "ach Gott! wie will ich nun
den Töpfer bezahlen." Der König aber hatte sie
damit zwingen wollen, den Hauptmann zu heira-
then, statt dessen ging sie wieder zum Töpfer und
fragte ihn, ob er ihr noch einmal borgen wollte.

ten und alles was da war, und fragte, wer die
Rieſen haͤtte ums Leben gebracht. Nun hatte er
einen Hauptmann, der war einaͤugig und ein haͤß-
licher Menſch, der ſagte, er haͤtte es gethan. Da
ſprach der alte Koͤnig, ſo er das vollbracht, ſollte
er die Prinzeſſin heirathen. Die Prinzeſſin aber
ſagte: „lieber Vater, dafuͤr, daß ich den heira-
then ſoll, will ich lieber in die Welt gehen, ſoweit
als mich meine Beine tragen.“ Da ſprach der
Koͤnig, wenn ſie den nicht heirathen wollte, ſollte
ſie die koͤniglichen Kleider ausziehen und Bauern-
kleider anthun, und fortgehen; und ſie ſollte zu
einem Toͤpfer gehen und ſich einen irden Geſchirr-
Handel anfangen. Da thaͤt ſie ihre koͤniglichen
Kleider aus und ging zu einem Toͤpfer und borgte
ſich einen Kram irden Werk; verſprach ihm auch,
wenn ſie’s am Abend verkauft haͤtte, es zu bezah-
len. Nun ſagte der Koͤnig, ſie ſollte ſich an eine
Ecke damit ſetzten und es verkaufen, dann beſtellte
er etliche Bauernwagen, die ſollten mitten durch-
fahren, daß alles in tauſend Stuͤcke ging. Wie
nun die Prinzeſſin ihren Kram auf die Straße
hingeſtellt hatte, kamen die Wagen und zerbra-
chen ihn zu lauter Scherben; fing ſie an zu wei-
nen und ſprach: „ach Gott! wie will ich nun
den Toͤpfer bezahlen.“ Der Koͤnig aber hatte ſie
damit zwingen wollen, den Hauptmann zu heira-
then, ſtatt deſſen ging ſie wieder zum Toͤpfer und
fragte ihn, ob er ihr noch einmal borgen wollte.

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[143/0164] ten und alles was da war, und fragte, wer die Rieſen haͤtte ums Leben gebracht. Nun hatte er einen Hauptmann, der war einaͤugig und ein haͤß- licher Menſch, der ſagte, er haͤtte es gethan. Da ſprach der alte Koͤnig, ſo er das vollbracht, ſollte er die Prinzeſſin heirathen. Die Prinzeſſin aber ſagte: „lieber Vater, dafuͤr, daß ich den heira- then ſoll, will ich lieber in die Welt gehen, ſoweit als mich meine Beine tragen.“ Da ſprach der Koͤnig, wenn ſie den nicht heirathen wollte, ſollte ſie die koͤniglichen Kleider ausziehen und Bauern- kleider anthun, und fortgehen; und ſie ſollte zu einem Toͤpfer gehen und ſich einen irden Geſchirr- Handel anfangen. Da thaͤt ſie ihre koͤniglichen Kleider aus und ging zu einem Toͤpfer und borgte ſich einen Kram irden Werk; verſprach ihm auch, wenn ſie’s am Abend verkauft haͤtte, es zu bezah- len. Nun ſagte der Koͤnig, ſie ſollte ſich an eine Ecke damit ſetzten und es verkaufen, dann beſtellte er etliche Bauernwagen, die ſollten mitten durch- fahren, daß alles in tauſend Stuͤcke ging. Wie nun die Prinzeſſin ihren Kram auf die Straße hingeſtellt hatte, kamen die Wagen und zerbra- chen ihn zu lauter Scherben; fing ſie an zu wei- nen und ſprach: „ach Gott! wie will ich nun den Toͤpfer bezahlen.“ Der Koͤnig aber hatte ſie damit zwingen wollen, den Hauptmann zu heira- then, ſtatt deſſen ging ſie wieder zum Toͤpfer und fragte ihn, ob er ihr noch einmal borgen wollte.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/164>, abgerufen am 22.12.2024.