was befiehlst du mir? ich muß dir in allem die- nen." -- "Hilf mir vor allen Dingen aus dem Brunnen. Da faßte ihn das schwarze Männ- chen bei der Hand und führte ihn herauf und das blaue Licht nahmen sie mit. Als sie oben waren, sagte der Soldat: "nun schlag mir die alte Hexe todt." Als das Männchen das gethan, offen- barte es ihm die Schätze und das Gold der Hexe, das lud der Soldat auf und nahm es mit sich. Dann sprach das Männchen: "wenn du mich brauchst, so zünde nur deine Pfeife an dem blauen Licht an." Darauf ging der Soldat in die Stadt und in den besten Gasthof, da ließ er sich schöne Kleider machen und ein Zimmer prächtig einrich- ten. Wie das fertig war, rief er sein Männchen und sprach: "der König hat mich fortgeschickt und mich hungern lassen, weil ich seine Dienste nicht mehr thun konnte, nun bring' mir die Königs- tochter heut Abend hierher, die soll mir aufwar- ten und thun, was ich ihr heiße." Das Männ- chen sprach: "das ist ein gefährlich Ding." Doch ging es hin und holte die Königstochter schlafend aus ihrem Bett und brachte sie dem Soldaten, dem mußte sie nun gehorchen und thun, was er wollte; am Morgen vor Hahnenschrei trug sie das schwarze Männchen wieder zurück. Als sie auf- gestanden war, erzählte sie ihrem Vater: "ich habe diese Nacht einen wunderlichen Traum ge- habt, als wär' ich weggeholt worden und die
was befiehlſt du mir? ich muß dir in allem die- nen.“ — „Hilf mir vor allen Dingen aus dem Brunnen. Da faßte ihn das ſchwarze Maͤnn- chen bei der Hand und fuͤhrte ihn herauf und das blaue Licht nahmen ſie mit. Als ſie oben waren, ſagte der Soldat: „nun ſchlag mir die alte Hexe todt.“ Als das Maͤnnchen das gethan, offen- barte es ihm die Schaͤtze und das Gold der Hexe, das lud der Soldat auf und nahm es mit ſich. Dann ſprach das Maͤnnchen: „wenn du mich brauchſt, ſo zuͤnde nur deine Pfeife an dem blauen Licht an.“ Darauf ging der Soldat in die Stadt und in den beſten Gaſthof, da ließ er ſich ſchoͤne Kleider machen und ein Zimmer praͤchtig einrich- ten. Wie das fertig war, rief er ſein Maͤnnchen und ſprach: „der Koͤnig hat mich fortgeſchickt und mich hungern laſſen, weil ich ſeine Dienſte nicht mehr thun konnte, nun bring’ mir die Koͤnigs- tochter heut Abend hierher, die ſoll mir aufwar- ten und thun, was ich ihr heiße.“ Das Maͤnn- chen ſprach: „das iſt ein gefaͤhrlich Ding.“ Doch ging es hin und holte die Koͤnigstochter ſchlafend aus ihrem Bett und brachte ſie dem Soldaten, dem mußte ſie nun gehorchen und thun, was er wollte; am Morgen vor Hahnenſchrei trug ſie das ſchwarze Maͤnnchen wieder zuruͤck. Als ſie auf- geſtanden war, erzaͤhlte ſie ihrem Vater: „ich habe dieſe Nacht einen wunderlichen Traum ge- habt, als waͤr’ ich weggeholt worden und die
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was befiehlſt du mir? ich muß dir in allem die-
nen.“ — „Hilf mir vor allen Dingen aus dem
Brunnen. Da faßte ihn das ſchwarze Maͤnn-
chen bei der Hand und fuͤhrte ihn herauf und das
blaue Licht nahmen ſie mit. Als ſie oben waren,
ſagte der Soldat: „nun ſchlag mir die alte Hexe
todt.“ Als das Maͤnnchen das gethan, offen-
barte es ihm die Schaͤtze und das Gold der Hexe,
das lud der Soldat auf und nahm es mit ſich.
Dann ſprach das Maͤnnchen: „wenn du mich
brauchſt, ſo zuͤnde nur deine Pfeife an dem blauen
Licht an.“ Darauf ging der Soldat in die Stadt
und in den beſten Gaſthof, da ließ er ſich ſchoͤne
Kleider machen und ein Zimmer praͤchtig einrich-
ten. Wie das fertig war, rief er ſein Maͤnnchen
und ſprach: „der Koͤnig hat mich fortgeſchickt und
mich hungern laſſen, weil ich ſeine Dienſte nicht
mehr thun konnte, nun bring’ mir die Koͤnigs-
tochter heut Abend hierher, die ſoll mir aufwar-
ten und thun, was ich ihr heiße.“ Das Maͤnn-
chen ſprach: „das iſt ein gefaͤhrlich Ding.“ Doch
ging es hin und holte die Koͤnigstochter ſchlafend
aus ihrem Bett und brachte ſie dem Soldaten,
dem mußte ſie nun gehorchen und thun, was er
wollte; am Morgen vor Hahnenſchrei trug ſie das
ſchwarze Maͤnnchen wieder zuruͤck. Als ſie auf-
geſtanden war, erzaͤhlte ſie ihrem Vater: „ich
habe dieſe Nacht einen wunderlichen Traum ge-
habt, als waͤr’ ich weggeholt worden und die
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/190>, abgerufen am 22.12.2024.
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