essen, so thun die kleinen Rüben denselben Dienst, du willst sie dem König bringen und verehren. Also lud er sie auf den Wagen, spannte zwei Och- sen vor, brachte sie an den Hof und schenkte sie dem König. "Ei! sagte der König, was ist das für ein seltsam Ding? mir ist viel wunderliches vor die Augen gekommen, aber so ein Ungethüm noch nicht: aus was für Samen mag die gewach- sen seyn? oder dir geräth's allein, und du bist ein Glückskind." "Ach nein, sagte der Bauer, ein Glückskind bin ich nicht, ich bin ein armer Sol- dat, der sich nicht mehr nähren konnte, darum den Soldatenrock an den Nagel hing und das Land baute; ich habe noch einen Bruder, der ist reich und Euch, Herr König, auch wohlbekannt, ich aber, weil ich nichts habe, bin von aller Welt vergessen." Da empfand der König Mitleid mit ihm und sprach: "Deine Armuth ist vorbei, du sollst so von mir beschenkt werden, daß du wohl deinem reichen Bruder gleich kommst." Also schenkte er ihm eine Menge Gold, Acker, Wie- sen und Heerden, und machte ihn steinreich, so daß des andern Bruders Reichthum gar nicht konnte damit verglichen werden. Als dieser hörte, was sein Bruder mit einer einzigen Rübe erwor- ben hatte, beneidete er ihn und sann hin und her, wie er sich auch ein solches Glück zuwenden könnte. Er wollt's aber noch viel gescheidter anfangen, nahm Gold und Pferde und brachte sie dem Kö-
eſſen, ſo thun die kleinen Ruͤben denſelben Dienſt, du willſt ſie dem Koͤnig bringen und verehren. Alſo lud er ſie auf den Wagen, ſpannte zwei Och- ſen vor, brachte ſie an den Hof und ſchenkte ſie dem Koͤnig. „Ei! ſagte der Koͤnig, was iſt das fuͤr ein ſeltſam Ding? mir iſt viel wunderliches vor die Augen gekommen, aber ſo ein Ungethuͤm noch nicht: aus was fuͤr Samen mag die gewach- ſen ſeyn? oder dir geraͤth’s allein, und du biſt ein Gluͤckskind.“ „Ach nein, ſagte der Bauer, ein Gluͤckskind bin ich nicht, ich bin ein armer Sol- dat, der ſich nicht mehr naͤhren konnte, darum den Soldatenrock an den Nagel hing und das Land baute; ich habe noch einen Bruder, der iſt reich und Euch, Herr Koͤnig, auch wohlbekannt, ich aber, weil ich nichts habe, bin von aller Welt vergeſſen.“ Da empfand der Koͤnig Mitleid mit ihm und ſprach: „Deine Armuth iſt vorbei, du ſollſt ſo von mir beſchenkt werden, daß du wohl deinem reichen Bruder gleich kommſt.“ Alſo ſchenkte er ihm eine Menge Gold, Acker, Wie- ſen und Heerden, und machte ihn ſteinreich, ſo daß des andern Bruders Reichthum gar nicht konnte damit verglichen werden. Als dieſer hoͤrte, was ſein Bruder mit einer einzigen Ruͤbe erwor- ben hatte, beneidete er ihn und ſann hin und her, wie er ſich auch ein ſolches Gluͤck zuwenden koͤnnte. Er wollt’s aber noch viel geſcheidter anfangen, nahm Gold und Pferde und brachte ſie dem Koͤ-
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eſſen, ſo thun die kleinen Ruͤben denſelben Dienſt,
du willſt ſie dem Koͤnig bringen und verehren.
Alſo lud er ſie auf den Wagen, ſpannte zwei Och-
ſen vor, brachte ſie an den Hof und ſchenkte ſie
dem Koͤnig. „Ei! ſagte der Koͤnig, was iſt das
fuͤr ein ſeltſam Ding? mir iſt viel wunderliches
vor die Augen gekommen, aber ſo ein Ungethuͤm
noch nicht: aus was fuͤr Samen mag die gewach-
ſen ſeyn? oder dir geraͤth’s allein, und du biſt ein
Gluͤckskind.“ „Ach nein, ſagte der Bauer, ein
Gluͤckskind bin ich nicht, ich bin ein armer Sol-
dat, der ſich nicht mehr naͤhren konnte, darum
den Soldatenrock an den Nagel hing und das
Land baute; ich habe noch einen Bruder, der iſt
reich und Euch, Herr Koͤnig, auch wohlbekannt,
ich aber, weil ich nichts habe, bin von aller Welt
vergeſſen.“ Da empfand der Koͤnig Mitleid mit
ihm und ſprach: „Deine Armuth iſt vorbei, du
ſollſt ſo von mir beſchenkt werden, daß du wohl
deinem reichen Bruder gleich kommſt.“ Alſo
ſchenkte er ihm eine Menge Gold, Acker, Wie-
ſen und Heerden, und machte ihn ſteinreich, ſo
daß des andern Bruders Reichthum gar nicht
konnte damit verglichen werden. Als dieſer hoͤrte,
was ſein Bruder mit einer einzigen Ruͤbe erwor-
ben hatte, beneidete er ihn und ſann hin und her,
wie er ſich auch ein ſolches Gluͤck zuwenden koͤnnte.
Er wollt’s aber noch viel geſcheidter anfangen,
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/304>, abgerufen am 23.12.2024.
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