sich' nicht halten konnte und er sich hin legte und schlief so fest als wär' er von Stein. Um zwei Uhr kam die Rabe und hatte vier schwarze Hengste und die Kutsche und alles war schwarz; sie war aber in voller Trauer und sprach: "ich weiß doch schon, daß er schläft und mich nicht erlösen kann." Als sie zu ihm kam, lag er da und schlief fest, sie rüttelte ihn und rief ihn, aber sie konnt' ihn nicht aufwecken, er schlief in einem fort. Da legte sie ein Brot neben ihn hin, davon konnte er so viel essen, als er wollte, es wurde nicht all'; dann ein Stück Fleisch, davon konnt' er auch so viel essen, als er wollte, es wurde nicht all'; zum dritten eine Flasche Wein, davon konnt' er trin- ken, so viel er wollte, es wurde nicht all'. Darnach nahm sie ihren goldenen Ring vom Finger und steckt ihm den an und war ihr N[am]e darein ge- graben, und endlich legte sie einen Brief hin, darin stand, was sie ihm gegeben hatte und daß es nie all' würde und es stand auch darin: "ich sehe wohl, daß du mich hier nicht erlösen kannst, willst du mich aber noch erlösen, so komm nach dem goldenen Schloß von Stromberg, da kannst du es, das weiß ich gewiß." Und wie sie ihm das alles gegeben hatte, setzte sie sich in ihren Wagen und fuhr weg in das goldene Schloß von Strom- berg.
Als der Mann aufwachte, und sah, daß er geschlafen hatte, ward er von Herzen traurig und
ſich’ nicht halten konnte und er ſich hin legte und ſchlief ſo feſt als waͤr’ er von Stein. Um zwei Uhr kam die Rabe und hatte vier ſchwarze Hengſte und die Kutſche und alles war ſchwarz; ſie war aber in voller Trauer und ſprach: „ich weiß doch ſchon, daß er ſchlaͤft und mich nicht erloͤſen kann.“ Als ſie zu ihm kam, lag er da und ſchlief feſt, ſie ruͤttelte ihn und rief ihn, aber ſie konnt’ ihn nicht aufwecken, er ſchlief in einem fort. Da legte ſie ein Brot neben ihn hin, davon konnte er ſo viel eſſen, als er wollte, es wurde nicht all’; dann ein Stuͤck Fleiſch, davon konnt’ er auch ſo viel eſſen, als er wollte, es wurde nicht all’; zum dritten eine Flaſche Wein, davon konnt’ er trin- ken, ſo viel er wollte, es wurde nicht all’. Darnach nahm ſie ihren goldenen Ring vom Finger und ſteckt ihm den an und war ihr N[am]e darein ge- graben, und endlich legte ſie einen Brief hin, darin ſtand, was ſie ihm gegeben hatte und daß es nie all’ wuͤrde und es ſtand auch darin: „ich ſehe wohl, daß du mich hier nicht erloͤſen kannſt, willſt du mich aber noch erloͤſen, ſo komm nach dem goldenen Schloß von Stromberg, da kannſt du es, das weiß ich gewiß.“ Und wie ſie ihm das alles gegeben hatte, ſetzte ſie ſich in ihren Wagen und fuhr weg in das goldene Schloß von Strom- berg.
Als der Mann aufwachte, und ſah, daß er geſchlafen hatte, ward er von Herzen traurig und
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ſich’ nicht halten konnte und er ſich hin legte und
ſchlief ſo feſt als waͤr’ er von Stein. Um zwei Uhr
kam die Rabe und hatte vier ſchwarze Hengſte
und die Kutſche und alles war ſchwarz; ſie war
aber in voller Trauer und ſprach: „ich weiß doch
ſchon, daß er ſchlaͤft und mich nicht erloͤſen kann.“
Als ſie zu ihm kam, lag er da und ſchlief feſt, ſie
ruͤttelte ihn und rief ihn, aber ſie konnt’ ihn nicht
aufwecken, er ſchlief in einem fort. Da legte ſie
ein Brot neben ihn hin, davon konnte er ſo viel
eſſen, als er wollte, es wurde nicht all’; dann
ein Stuͤck Fleiſch, davon konnt’ er auch ſo viel
eſſen, als er wollte, es wurde nicht all’; zum
dritten eine Flaſche Wein, davon konnt’ er trin-
ken, ſo viel er wollte, es wurde nicht all’. Darnach
nahm ſie ihren goldenen Ring vom Finger und
ſteckt ihm den an und war ihr Name darein ge-
graben, und endlich legte ſie einen Brief hin, darin
ſtand, was ſie ihm gegeben hatte und daß es nie
all’ wuͤrde und es ſtand auch darin: „ich ſehe
wohl, daß du mich hier nicht erloͤſen kannſt, willſt
du mich aber noch erloͤſen, ſo komm nach dem
goldenen Schloß von Stromberg, da kannſt du
es, das weiß ich gewiß.“ Und wie ſie ihm das
alles gegeben hatte, ſetzte ſie ſich in ihren Wagen
und fuhr weg in das goldene Schloß von Strom-
berg.
Als der Mann aufwachte, und ſah, daß er
geſchlafen hatte, ward er von Herzen traurig und
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/78>, abgerufen am 22.12.2024.
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