Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.eines Tages der kleine Moses, den er spielend liebkoste, ihn mit einer Hand beim Bart bis zur Erde niederzog und mit der andern ihm die Krone vom Haupt schlug. Pharao, ergrimmt, will ihn umbringen lassen, die Räthe schlagen ihm aber vor, erst zu versuchen, ob das Kind schon den Gebrauch der Vernunft erlangt habe oder nicht. Es ward ihm ein Becken voll Glut, ein anderes voll Gold hingestellt. Moses wollte zwar nach dem Golde greifen, allein der Erzengel Gabriel leitete ihm die Hand nach der Glut, die er nach dem Mund führte. Dies entschied und Moses war diesmal gerettet. -- Die Weltchronik erzählt in der Casseler Handschrift, Bl. 79 b., etwas abweichend: Pharao habe spielend mit dem Kinde, ihm die Krone aufgesetzt, aber es habe sie zur Erde geworfen, so daß sie in Stücke zersprungen sey. Ein Priester habe dies als eine von Gott geschickte Vorbedeutung angesehen und um nun zu prüfen, ob Absicht oder kindlicher Unverstand Schuld gewesen, sey dem Kind ein glühender Brand vorgehalten worden. Aber es habe kindlich ihn angegriffen und in den Mund gesteckt, wovon es sich verbrannt und weshalb Moses hernach gelispelt. 6. Wenn man Kindern nicht sagen will, wo man das her wisse, wornach sie fragen, so antwortet man wohl: "mein kleiner Finger hat mirs gesagt," (auch im Französischen: "mon petit doigt me l'a dit") Dies finden wir schon in einem altdeutschen Gedicht (Müller Samml. Bd. III. Fragm. und kl. Ged. St. IX. V. 119.):"min minnester ninger mirs verjach." -- eines Tages der kleine Moses, den er spielend liebkoste, ihn mit einer Hand beim Bart bis zur Erde niederzog und mit der andern ihm die Krone vom Haupt schlug. Pharao, ergrimmt, will ihn umbringen lassen, die Raͤthe schlagen ihm aber vor, erst zu versuchen, ob das Kind schon den Gebrauch der Vernunft erlangt habe oder nicht. Es ward ihm ein Becken voll Glut, ein anderes voll Gold hingestellt. Moses wollte zwar nach dem Golde greifen, allein der Erzengel Gabriel leitete ihm die Hand nach der Glut, die er nach dem Mund fuͤhrte. Dies entschied und Moses war diesmal gerettet. — Die Weltchronik erzaͤhlt in der Casseler Handschrift, Bl. 79 b., etwas abweichend: Pharao habe spielend mit dem Kinde, ihm die Krone aufgesetzt, aber es habe sie zur Erde geworfen, so daß sie in Stuͤcke zersprungen sey. Ein Priester habe dies als eine von Gott geschickte Vorbedeutung angesehen und um nun zu pruͤfen, ob Absicht oder kindlicher Unverstand Schuld gewesen, sey dem Kind ein gluͤhender Brand vorgehalten worden. Aber es habe kindlich ihn angegriffen und in den Mund gesteckt, wovon es sich verbrannt und weshalb Moses hernach gelispelt. 6. Wenn man Kindern nicht sagen will, wo man das her wisse, wornach sie fragen, so antwortet man wohl: „mein kleiner Finger hat mirs gesagt,“ (auch im Franzoͤsischen: „mon petit doigt me l’a dit“) Dies finden wir schon in einem altdeutschen Gedicht (Muͤller Samml. Bd. III. Fragm. und kl. Ged. St. IX. V. 119.):„min minnester ninger mirs verjach.“ — <TEI> <text> <front> <div type="preface"> <p><pb facs="#f0014" n="VIII"/> eines Tages der kleine Moses, den er spielend liebkoste, ihn mit einer Hand beim Bart bis zur Erde niederzog und mit der andern ihm die Krone vom Haupt schlug. Pharao, ergrimmt, will ihn umbringen lassen, die Raͤthe schlagen ihm aber vor, erst zu versuchen, ob das Kind schon den Gebrauch der Vernunft erlangt habe oder nicht. Es ward ihm ein Becken voll <hi rendition="#g">Glut</hi>, ein anderes voll <hi rendition="#g">Gold</hi> hingestellt. Moses wollte zwar nach dem Golde greifen, allein der Erzengel Gabriel leitete ihm die Hand nach der Glut, die er nach dem Mund fuͤhrte. Dies entschied und Moses war diesmal gerettet. — Die Weltchronik erzaͤhlt in der Casseler Handschrift, Bl. 79 <hi rendition="#aq">b.</hi>, etwas abweichend: Pharao habe spielend mit dem Kinde, ihm die Krone aufgesetzt, aber es habe sie zur Erde geworfen, so daß sie in Stuͤcke zersprungen sey. Ein Priester habe dies als eine von Gott geschickte Vorbedeutung angesehen und um nun zu pruͤfen, ob Absicht oder kindlicher Unverstand Schuld gewesen, sey dem Kind ein gluͤhender Brand vorgehalten worden. Aber es habe kindlich ihn angegriffen und in den Mund gesteckt, wovon es sich verbrannt und weshalb Moses hernach gelispelt.</p><lb/> <p>6. Wenn man Kindern nicht sagen will, wo man das her wisse, wornach sie fragen, so antwortet man wohl: „mein kleiner Finger hat mirs gesagt,“ (auch im Franzoͤsischen: „<hi rendition="#aq">mon petit doigt me l’a dit</hi>“) Dies finden wir schon in einem altdeutschen Gedicht (Muͤller Samml. Bd. <hi rendition="#aq">III.</hi> Fragm. und kl. Ged. St. <hi rendition="#aq">IX. V.</hi> 119.):„min minnester ninger mirs verjach.“ —</p><lb/> </div> </front> </text> </TEI> [VIII/0014]
eines Tages der kleine Moses, den er spielend liebkoste, ihn mit einer Hand beim Bart bis zur Erde niederzog und mit der andern ihm die Krone vom Haupt schlug. Pharao, ergrimmt, will ihn umbringen lassen, die Raͤthe schlagen ihm aber vor, erst zu versuchen, ob das Kind schon den Gebrauch der Vernunft erlangt habe oder nicht. Es ward ihm ein Becken voll Glut, ein anderes voll Gold hingestellt. Moses wollte zwar nach dem Golde greifen, allein der Erzengel Gabriel leitete ihm die Hand nach der Glut, die er nach dem Mund fuͤhrte. Dies entschied und Moses war diesmal gerettet. — Die Weltchronik erzaͤhlt in der Casseler Handschrift, Bl. 79 b., etwas abweichend: Pharao habe spielend mit dem Kinde, ihm die Krone aufgesetzt, aber es habe sie zur Erde geworfen, so daß sie in Stuͤcke zersprungen sey. Ein Priester habe dies als eine von Gott geschickte Vorbedeutung angesehen und um nun zu pruͤfen, ob Absicht oder kindlicher Unverstand Schuld gewesen, sey dem Kind ein gluͤhender Brand vorgehalten worden. Aber es habe kindlich ihn angegriffen und in den Mund gesteckt, wovon es sich verbrannt und weshalb Moses hernach gelispelt.
6. Wenn man Kindern nicht sagen will, wo man das her wisse, wornach sie fragen, so antwortet man wohl: „mein kleiner Finger hat mirs gesagt,“ (auch im Franzoͤsischen: „mon petit doigt me l’a dit“) Dies finden wir schon in einem altdeutschen Gedicht (Muͤller Samml. Bd. III. Fragm. und kl. Ged. St. IX. V. 119.):„min minnester ninger mirs verjach.“ —
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-06-15T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |