Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite

neben ihm zu Fuß, und das Umsingen durch die ganze Stadt hebt an. Die ältern Schüler singen, die jüngern in Apostel, Heilige, Engel, Könige, Priester, Edelleute, Schneider, Narren und Heiden verkleidet, sammeln an allen Thüren Geschenke ein. Dem Bischof werden zwei Maien, Zuckerbäume und Stangen mit Pretzeln und Bändern vorgetragen. Die Lehrer folgen dem Zug und erhalten dafür eine Pretzel und Geldgabe. Abends gibt der Bischof oder sein Vater einen Schmaus. -- Tob. Petermann gab 1654. zu Dresden zwölf christliche Lieder auf dies Fest heraus, doch ist kein eigentliches Volkslied darunter.

Sommerverkündigung. Frühlingsanfang oder der heil. Sonntag zu Mittfasten, Lätare Jerusalem, der Rosensonntag, wird (nach der alten Ansicht, die das Jahr nur in Winter und Sommer abtheilt), auch der Sommertag genannt und von den Kindern, Knaben und Mädchen, gefeiert. Jn der Pfalz und den umliegenden Gegenden gehen sie an diesem Tag auf den Gassen herum mit hölzernen farbigen Stäben, an welchen eine mit Bändern geschmückte Pretzel hängt, und singen von Haus zu Haus den Sommer an, worüber sich jedermann freut und wofür sie etwas erhalten. Das Lied steht im Anhang zum Wunderhorn S. 39. 40. und abweichend im Morgenblatt 1819. Nr. 171. Noch kennen wir es nach mündlicher Ueberlieferung aus Gernsheim im Darmstädtschen, wo es anhebt:

Stab aus!
dem Winter gehn die Augen aus,
Veilchen, Rosenblumen!

neben ihm zu Fuß, und das Umsingen durch die ganze Stadt hebt an. Die aͤltern Schuͤler singen, die juͤngern in Apostel, Heilige, Engel, Koͤnige, Priester, Edelleute, Schneider, Narren und Heiden verkleidet, sammeln an allen Thuͤren Geschenke ein. Dem Bischof werden zwei Maien, Zuckerbaͤume und Stangen mit Pretzeln und Baͤndern vorgetragen. Die Lehrer folgen dem Zug und erhalten dafuͤr eine Pretzel und Geldgabe. Abends gibt der Bischof oder sein Vater einen Schmaus. — Tob. Petermann gab 1654. zu Dresden zwoͤlf christliche Lieder auf dies Fest heraus, doch ist kein eigentliches Volkslied darunter.

Sommerverkuͤndigung. Fruͤhlingsanfang oder der heil. Sonntag zu Mittfasten, Laͤtare Jerusalem, der Rosensonntag, wird (nach der alten Ansicht, die das Jahr nur in Winter und Sommer abtheilt), auch der Sommertag genannt und von den Kindern, Knaben und Maͤdchen, gefeiert. Jn der Pfalz und den umliegenden Gegenden gehen sie an diesem Tag auf den Gassen herum mit hoͤlzernen farbigen Staͤben, an welchen eine mit Baͤndern geschmuͤckte Pretzel haͤngt, und singen von Haus zu Haus den Sommer an, woruͤber sich jedermann freut und wofuͤr sie etwas erhalten. Das Lied steht im Anhang zum Wunderhorn S. 39. 40. und abweichend im Morgenblatt 1819. Nr. 171. Noch kennen wir es nach muͤndlicher Ueberlieferung aus Gernsheim im Darmstaͤdtschen, wo es anhebt:

Stab aus!
dem Winter gehn die Augen aus,
Veilchen, Rosenblumen!
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div type="preface">
        <p><pb facs="#f0039" n="XXXIII"/>
neben ihm zu Fuß, und das Umsingen durch die ganze Stadt hebt an. Die a&#x0364;ltern Schu&#x0364;ler singen, die ju&#x0364;ngern in Apostel, Heilige, Engel, Ko&#x0364;nige, Priester, Edelleute, Schneider, Narren und Heiden verkleidet, sammeln an allen Thu&#x0364;ren Geschenke ein. Dem Bischof werden zwei Maien, Zuckerba&#x0364;ume und Stangen mit Pretzeln und Ba&#x0364;ndern vorgetragen. Die Lehrer folgen dem Zug und erhalten dafu&#x0364;r eine Pretzel und Geldgabe. Abends gibt der Bischof oder sein Vater einen Schmaus. &#x2014; Tob. Petermann gab 1654. zu Dresden zwo&#x0364;lf christliche Lieder auf dies Fest heraus, doch ist kein eigentliches Volkslied darunter.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Sommerverku&#x0364;ndigung</hi>. Fru&#x0364;hlingsanfang oder der heil. Sonntag zu Mittfasten, La&#x0364;tare Jerusalem, der Rosensonntag, wird (nach der alten Ansicht, die das Jahr nur in Winter und Sommer abtheilt), auch der <hi rendition="#g">Sommertag</hi> genannt und von den Kindern, Knaben und Ma&#x0364;dchen, gefeiert. Jn der Pfalz und den umliegenden Gegenden gehen sie an diesem Tag auf den Gassen herum mit ho&#x0364;lzernen farbigen Sta&#x0364;ben, an welchen eine mit Ba&#x0364;ndern geschmu&#x0364;ckte Pretzel ha&#x0364;ngt, und singen von Haus zu Haus den Sommer an, woru&#x0364;ber sich jedermann freut und wofu&#x0364;r sie etwas erhalten. Das Lied steht im Anhang zum Wunderhorn S. 39. 40. und abweichend im Morgenblatt 1819. Nr. 171. Noch kennen wir es nach mu&#x0364;ndlicher Ueberlieferung aus Gernsheim im Darmsta&#x0364;dtschen, wo es anhebt:</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>Stab aus!</l><lb/>
          <l>dem Winter gehn die Augen aus,</l><lb/>
          <l>Veilchen, Rosenblumen!</l><lb/>
        </lg>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[XXXIII/0039] neben ihm zu Fuß, und das Umsingen durch die ganze Stadt hebt an. Die aͤltern Schuͤler singen, die juͤngern in Apostel, Heilige, Engel, Koͤnige, Priester, Edelleute, Schneider, Narren und Heiden verkleidet, sammeln an allen Thuͤren Geschenke ein. Dem Bischof werden zwei Maien, Zuckerbaͤume und Stangen mit Pretzeln und Baͤndern vorgetragen. Die Lehrer folgen dem Zug und erhalten dafuͤr eine Pretzel und Geldgabe. Abends gibt der Bischof oder sein Vater einen Schmaus. — Tob. Petermann gab 1654. zu Dresden zwoͤlf christliche Lieder auf dies Fest heraus, doch ist kein eigentliches Volkslied darunter. Sommerverkuͤndigung. Fruͤhlingsanfang oder der heil. Sonntag zu Mittfasten, Laͤtare Jerusalem, der Rosensonntag, wird (nach der alten Ansicht, die das Jahr nur in Winter und Sommer abtheilt), auch der Sommertag genannt und von den Kindern, Knaben und Maͤdchen, gefeiert. Jn der Pfalz und den umliegenden Gegenden gehen sie an diesem Tag auf den Gassen herum mit hoͤlzernen farbigen Staͤben, an welchen eine mit Baͤndern geschmuͤckte Pretzel haͤngt, und singen von Haus zu Haus den Sommer an, woruͤber sich jedermann freut und wofuͤr sie etwas erhalten. Das Lied steht im Anhang zum Wunderhorn S. 39. 40. und abweichend im Morgenblatt 1819. Nr. 171. Noch kennen wir es nach muͤndlicher Ueberlieferung aus Gernsheim im Darmstaͤdtschen, wo es anhebt: Stab aus! dem Winter gehn die Augen aus, Veilchen, Rosenblumen!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-15T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/39
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. XXXIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/39>, abgerufen am 21.11.2024.