Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.Volkslieder der Griechen im Morgenblatt 1819. Nr. 170. 171.). Nachricht darüber hat sich beim Athenäus erhalten (VIII. 60. p. 360.). Nämlich zu Anfang des Frühlings trugen die Kinder auf Rhodus eine Schwalbe herum, sammelten Eßwaaren und sangen ein Lied dabei. Dies nannte man schwalbeln (khelidonizein) und einer der sieben Weisen, Kleobulus aus Lindus, soll bei einer Hungersnoth die Sitte eingeführt haben. Die Schwalbe, die schwarz ist und unten weiß zu werden beginnt, scheint ein Bild von der in das Licht übergehenden Nacht, oder des besiegten Winters zu seyn. Das Lied ist dieses: Die Schwalbe ist wieder
ist wieder gekommen, sie bringet den Frühling und liebliche Tage. Weiß ist sie am Bauche, schwarz am Rücken. Wie? giebst du nicht eine Feige uns aus dem reichen Haus? Eine Schaale mit Wein, ein Körbchen mit Käs und Mehl, Eiersemmeln auch liebet die Schwalbe. Nun, sollen wir was kriegen oder soll'n wir gehn? dein Glück, wenn du uns gibst, wir lassen dich sonst nicht, wir schleppen dir die Thüre mit der Schwelle fort, aber auch die Frau, die drinnen sitzt, die holen wir. Volkslieder der Griechen im Morgenblatt 1819. Nr. 170. 171.). Nachricht daruͤber hat sich beim Athenaͤus erhalten (VIII. 60. p. 360.). Naͤmlich zu Anfang des Fruͤhlings trugen die Kinder auf Rhodus eine Schwalbe herum, sammelten Eßwaaren und sangen ein Lied dabei. Dies nannte man schwalbeln (χελιδονίζειν) und einer der sieben Weisen, Kleobulus aus Lindus, soll bei einer Hungersnoth die Sitte eingefuͤhrt haben. Die Schwalbe, die schwarz ist und unten weiß zu werden beginnt, scheint ein Bild von der in das Licht uͤbergehenden Nacht, oder des besiegten Winters zu seyn. Das Lied ist dieses: Die Schwalbe ist wieder
ist wieder gekommen, sie bringet den Fruͤhling und liebliche Tage. Weiß ist sie am Bauche, schwarz am Ruͤcken. Wie? giebst du nicht eine Feige uns aus dem reichen Haus? Eine Schaale mit Wein, ein Koͤrbchen mit Kaͤs und Mehl, Eiersemmeln auch liebet die Schwalbe. Nun, sollen wir was kriegen oder soll’n wir gehn? dein Gluͤck, wenn du uns gibst, wir lassen dich sonst nicht, wir schleppen dir die Thuͤre mit der Schwelle fort, aber auch die Frau, die drinnen sitzt, die holen wir. <TEI> <text> <front> <div type="preface"> <p><pb facs="#f0044" n="XXXVIII"/> Volkslieder der Griechen im Morgenblatt 1819. Nr. 170. 171.). Nachricht daruͤber hat sich beim Athenaͤus erhalten (<hi rendition="#aq">VIII.</hi> 60. <hi rendition="#aq">p</hi>. 360.). Naͤmlich zu Anfang des Fruͤhlings trugen die Kinder auf Rhodus <hi rendition="#g">eine Schwalbe</hi> herum, sammelten Eßwaaren und sangen ein Lied dabei. Dies nannte man schwalbeln (<foreign xml:lang="grc">χελιδονίζειν</foreign>) und einer der sieben Weisen, Kleobulus aus Lindus, soll bei einer Hungersnoth die Sitte eingefuͤhrt haben. Die Schwalbe, die schwarz ist und unten weiß zu werden beginnt, scheint ein Bild von der in das Licht uͤbergehenden Nacht, oder des besiegten Winters zu seyn. Das Lied ist dieses:</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Die Schwalbe ist wieder</l><lb/> <l>ist wieder gekommen,</l><lb/> <l>sie bringet den Fruͤhling</l><lb/> <l>und liebliche Tage.</l><lb/> <l>Weiß ist sie am Bauche,</l><lb/> <l>schwarz am Ruͤcken.</l><lb/> <l>Wie? giebst du nicht eine Feige</l><lb/> <l>uns aus dem reichen Haus?</l><lb/> <l>Eine Schaale mit Wein,</l><lb/> <l>ein Koͤrbchen mit Kaͤs und Mehl,</l><lb/> <l>Eiersemmeln auch</l><lb/> <l>liebet die Schwalbe.</l><lb/> <l>Nun, sollen wir was kriegen oder soll’n wir gehn?</l><lb/> <l>dein Gluͤck, wenn du uns gibst, wir lassen dich sonst nicht,</l><lb/> <l>wir schleppen dir die Thuͤre mit der Schwelle fort,</l><lb/> <l>aber auch die Frau, die drinnen sitzt, die holen wir.</l><lb/> </lg> </div> </front> </text> </TEI> [XXXVIII/0044]
Volkslieder der Griechen im Morgenblatt 1819. Nr. 170. 171.). Nachricht daruͤber hat sich beim Athenaͤus erhalten (VIII. 60. p. 360.). Naͤmlich zu Anfang des Fruͤhlings trugen die Kinder auf Rhodus eine Schwalbe herum, sammelten Eßwaaren und sangen ein Lied dabei. Dies nannte man schwalbeln (χελιδονίζειν) und einer der sieben Weisen, Kleobulus aus Lindus, soll bei einer Hungersnoth die Sitte eingefuͤhrt haben. Die Schwalbe, die schwarz ist und unten weiß zu werden beginnt, scheint ein Bild von der in das Licht uͤbergehenden Nacht, oder des besiegten Winters zu seyn. Das Lied ist dieses:
Die Schwalbe ist wieder
ist wieder gekommen,
sie bringet den Fruͤhling
und liebliche Tage.
Weiß ist sie am Bauche,
schwarz am Ruͤcken.
Wie? giebst du nicht eine Feige
uns aus dem reichen Haus?
Eine Schaale mit Wein,
ein Koͤrbchen mit Kaͤs und Mehl,
Eiersemmeln auch
liebet die Schwalbe.
Nun, sollen wir was kriegen oder soll’n wir gehn?
dein Gluͤck, wenn du uns gibst, wir lassen dich sonst nicht,
wir schleppen dir die Thuͤre mit der Schwelle fort,
aber auch die Frau, die drinnen sitzt, die holen wir.
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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.
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