Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.Waisenkindern an diesem Tage ein Erbsengericht. Das Fest ist auch in Franken und Thüringen bekannt (wie Eccard fr. orient. I. 438. gleichfalls bezeugt), selbst in Pohlen und in Moskau wird es gefeiert. Oft ist nur einer der Gebräuche herrschend, entweder das Austragen des Strohbildes oder das Eintragen des Sommerbaums. - Jm Holsteinischen, besonders im Flecken Neumünster, tragen die Knaben, wenn sie bei der Sommerverkündigung von Haus zu Haus ziehen, einen todten Fuchs oder eine Krähe voraus. Wahrscheinlich bedeutete diese, so wie der Fuchs, mit dem schon oben Böses gewünscht wurde, nichts anders, als den besiegten bösen Geist, den Winter. S. Schütze Jdiot. III. 165-167. wo auch das Lied, das dabei gesungen wird, mitgetheilt ist. Sie fordern darin milde Gaben in Geld und Speisen*). An einigen Orten, auch in Frankfurt am Main, wird das Fest noch früher, schon Ende Februar, zur Fastnacht gefeiert, wo nämlich der Storch sich zum erstenmal zu zeigen pflegt, dessen Ankunft sonst in mehreren Städten durch den Stadttrompeter feierlich angekündigt wurde; wofür dieser einen Trunk aus dem Stadtkeller ehielt (s. die Alpenrosen für 1817. S. 51.). Der Anhang des W. H. theilt, S. 21., ein Lied aus den Rheingegenden mit, welches zum Theil mit jenem Holsteinischen übereinstimmt. Die Kinder tragen hier bei ihrem Umgang einen gebundenen Hahn, der also die Stelle des Fuchses vertritt. Merkwürdig ist, daß bei den Griechen eine ähnliche Frühlingsfeier statt fand (s. Zell über die *) Das Betteln auf eine Krähe war auch bei den Griechen bekannt; s. Athenäus VIII. 59., der das Volkslied dabei anführt.
Waisenkindern an diesem Tage ein Erbsengericht. Das Fest ist auch in Franken und Thuͤringen bekannt (wie Eccard fr. orient. I. 438. gleichfalls bezeugt), selbst in Pohlen und in Moskau wird es gefeiert. Oft ist nur einer der Gebraͤuche herrschend, entweder das Austragen des Strohbildes oder das Eintragen des Sommerbaums. - Jm Holsteinischen, besonders im Flecken Neumuͤnster, tragen die Knaben, wenn sie bei der Sommerverkuͤndigung von Haus zu Haus ziehen, einen todten Fuchs oder eine Kraͤhe voraus. Wahrscheinlich bedeutete diese, so wie der Fuchs, mit dem schon oben Boͤses gewuͤnscht wurde, nichts anders, als den besiegten boͤsen Geist, den Winter. S. Schuͤtze Jdiot. III. 165-167. wo auch das Lied, das dabei gesungen wird, mitgetheilt ist. Sie fordern darin milde Gaben in Geld und Speisen*). An einigen Orten, auch in Frankfurt am Main, wird das Fest noch fruͤher, schon Ende Februar, zur Fastnacht gefeiert, wo naͤmlich der Storch sich zum erstenmal zu zeigen pflegt, dessen Ankunft sonst in mehreren Staͤdten durch den Stadttrompeter feierlich angekuͤndigt wurde; wofuͤr dieser einen Trunk aus dem Stadtkeller ehielt (s. die Alpenrosen fuͤr 1817. S. 51.). Der Anhang des W. H. theilt, S. 21., ein Lied aus den Rheingegenden mit, welches zum Theil mit jenem Holsteinischen uͤbereinstimmt. Die Kinder tragen hier bei ihrem Umgang einen gebundenen Hahn, der also die Stelle des Fuchses vertritt. Merkwuͤrdig ist, daß bei den Griechen eine aͤhnliche Fruͤhlingsfeier statt fand (s. Zell uͤber die *) Das Betteln auf eine Kraͤhe war auch bei den Griechen bekannt; s. Athenaͤus VIII. 59., der das Volkslied dabei anfuͤhrt.
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Waisenkindern an diesem Tage ein Erbsengericht. Das Fest ist auch in Franken und Thuͤringen bekannt (wie Eccard fr. orient. I. 438. gleichfalls bezeugt), selbst in Pohlen und in Moskau wird es gefeiert. Oft ist nur einer der Gebraͤuche herrschend, entweder das Austragen des Strohbildes oder das Eintragen des Sommerbaums. - Jm Holsteinischen, besonders im Flecken Neumuͤnster, tragen die Knaben, wenn sie bei der Sommerverkuͤndigung von Haus zu Haus ziehen, einen todten Fuchs oder eine Kraͤhe voraus. Wahrscheinlich bedeutete diese, so wie der Fuchs, mit dem schon oben Boͤses gewuͤnscht wurde, nichts anders, als den besiegten boͤsen Geist, den Winter. S. Schuͤtze Jdiot. III. 165-167. wo auch das Lied, das dabei gesungen wird, mitgetheilt ist. Sie fordern darin milde Gaben in Geld und Speisen *). An einigen Orten, auch in Frankfurt am Main, wird das Fest noch fruͤher, schon Ende Februar, zur Fastnacht gefeiert, wo naͤmlich der Storch sich zum erstenmal zu zeigen pflegt, dessen Ankunft sonst in mehreren Staͤdten durch den Stadttrompeter feierlich angekuͤndigt wurde; wofuͤr dieser einen Trunk aus dem Stadtkeller ehielt (s. die Alpenrosen fuͤr 1817. S. 51.). Der Anhang des W. H. theilt, S. 21., ein Lied aus den Rheingegenden mit, welches zum Theil mit jenem Holsteinischen uͤbereinstimmt. Die Kinder tragen hier bei ihrem Umgang einen gebundenen Hahn, der also die Stelle des Fuchses vertritt. Merkwuͤrdig ist, daß bei den Griechen eine aͤhnliche Fruͤhlingsfeier statt fand (s. Zell uͤber die
*) Das Betteln auf eine Kraͤhe war auch bei den Griechen bekannt; s. Athenaͤus VIII. 59., der das Volkslied dabei anfuͤhrt.
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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.
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