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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.

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108.
Hans mein Jgel.

Es war ein reicher Bauer, der hatte mit seiner Frau keine Kinder; öfters, wenn er mit den andern Bauern in die Stadt gieng, spotteten sie, und fragten warum er keine Kinder hätte. Da ward er einmal zornig, und als er nach Haus kam, sprach er 'ich will ein Kind haben, und sollts ein Jgel seyn.' Da kriegte seine Frau ein Kind, das war oben ein Jgel und unten ein Junge, und als sie das Kind sah, erschrack sie und sprach 'siehst du, du hast uns verwünscht.' Da sprach der Mann 'was kann das alles helfen, getauft muß der Junge werden, aber wir können keinen Gevatter dazu nehmen.' Die Frau sprach 'wir können ihn auch nicht anders taufen als Hans mein Jgel.' Als er getauft war, sagte der Pfarrer 'der kann wegen seiner Stacheln in kein ordentlich Bett kommen.' Da ward hinter dem Ofen ein wenig Stroh zurechtgemacht, und Hans mein Jgel darauf gelegt. Er konnte auch an der Mutter nicht trinken, denn er hätte sie mit seinen Stacheln gestochen. So lag er da hinter dem Ofen acht Jahre, und sein Vater war ihn müde, und dachte wenn er nur stürbe; aber er starb nicht, sondern blieb da liegen. Nun trug es sich zu daß in der Stadt ein Markt war, und der Bauer wollte hin gehen, da fragte er seine Frau, was er ihr sollte mitbringen. 'Ein wenig Fleisch, und ein paar Wecke, was zum Haushalt gehört' sprach sie. Darauf fragte er die Magd, die wollte ein paar Toffeln

108.
Hans mein Jgel.

Es war ein reicher Bauer, der hatte mit seiner Frau keine Kinder; oͤfters, wenn er mit den andern Bauern in die Stadt gieng, spotteten sie, und fragten warum er keine Kinder haͤtte. Da ward er einmal zornig, und als er nach Haus kam, sprach er ‘ich will ein Kind haben, und sollts ein Jgel seyn.’ Da kriegte seine Frau ein Kind, das war oben ein Jgel und unten ein Junge, und als sie das Kind sah, erschrack sie und sprach ‘siehst du, du hast uns verwuͤnscht.’ Da sprach der Mann ‘was kann das alles helfen, getauft muß der Junge werden, aber wir koͤnnen keinen Gevatter dazu nehmen.’ Die Frau sprach ‘wir koͤnnen ihn auch nicht anders taufen als Hans mein Jgel.’ Als er getauft war, sagte der Pfarrer ‘der kann wegen seiner Stacheln in kein ordentlich Bett kommen.’ Da ward hinter dem Ofen ein wenig Stroh zurechtgemacht, und Hans mein Jgel darauf gelegt. Er konnte auch an der Mutter nicht trinken, denn er haͤtte sie mit seinen Stacheln gestochen. So lag er da hinter dem Ofen acht Jahre, und sein Vater war ihn muͤde, und dachte wenn er nur stuͤrbe; aber er starb nicht, sondern blieb da liegen. Nun trug es sich zu daß in der Stadt ein Markt war, und der Bauer wollte hin gehen, da fragte er seine Frau, was er ihr sollte mitbringen. ‘Ein wenig Fleisch, und ein paar Wecke, was zum Haushalt gehoͤrt’ sprach sie. Darauf fragte er die Magd, die wollte ein paar Toffeln

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[120/0136] 108. Hans mein Jgel. Es war ein reicher Bauer, der hatte mit seiner Frau keine Kinder; oͤfters, wenn er mit den andern Bauern in die Stadt gieng, spotteten sie, und fragten warum er keine Kinder haͤtte. Da ward er einmal zornig, und als er nach Haus kam, sprach er ‘ich will ein Kind haben, und sollts ein Jgel seyn.’ Da kriegte seine Frau ein Kind, das war oben ein Jgel und unten ein Junge, und als sie das Kind sah, erschrack sie und sprach ‘siehst du, du hast uns verwuͤnscht.’ Da sprach der Mann ‘was kann das alles helfen, getauft muß der Junge werden, aber wir koͤnnen keinen Gevatter dazu nehmen.’ Die Frau sprach ‘wir koͤnnen ihn auch nicht anders taufen als Hans mein Jgel.’ Als er getauft war, sagte der Pfarrer ‘der kann wegen seiner Stacheln in kein ordentlich Bett kommen.’ Da ward hinter dem Ofen ein wenig Stroh zurechtgemacht, und Hans mein Jgel darauf gelegt. Er konnte auch an der Mutter nicht trinken, denn er haͤtte sie mit seinen Stacheln gestochen. So lag er da hinter dem Ofen acht Jahre, und sein Vater war ihn muͤde, und dachte wenn er nur stuͤrbe; aber er starb nicht, sondern blieb da liegen. Nun trug es sich zu daß in der Stadt ein Markt war, und der Bauer wollte hin gehen, da fragte er seine Frau, was er ihr sollte mitbringen. ‘Ein wenig Fleisch, und ein paar Wecke, was zum Haushalt gehoͤrt’ sprach sie. Darauf fragte er die Magd, die wollte ein paar Toffeln

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/136>, abgerufen am 23.11.2024.