Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

schrappen, sie brachte aber nichts davon. Wie nun der Tag anbrach, riefs im Ofen 'mich däucht es ist Tag draußen.' Da antwortete sie 'das däucht mich auch, ich meint ich hörte meines Vaters Hörnchen tüten.' 'So bist du ja eine Schweinehirtentochter, dann geh gleich hinaus, und laß die Königstochter kommen; und sag ihr es sollt ihr widerfahren, was ich ihr versprochen hätte, und wann sie nicht käme, sollte im ganzen Reich alles zerfallen und einstürzen, und kein Stein auf dem andern bleiben.' Als die Königstochter das hörte, fieng sie an zu weinen, es war aber nun nicht anders, sie mußte ihr Versprechen halten. Da nahm sie Abschied von ihrem Vater, steckte ein Messer ein, und gieng zu dem Eisenofen in den Wald hinaus. Wie sie nun angekommen war, hub sie an zu schrappen, und das Eisen gab nach, und wie zwei Stunden vorbei waren, hatte sie schon ein kleines Loch geschabt. Da guckte sie hinein, und sah einen so schönen Königssohn, ach, der glimmerte, daß er ihr recht in der Seele gefiel. Nun da schrappte sie noch weiter fort, und machte das Loch so groß, daß er heraus konnte. Da sprach er 'du bist mein, und ich bin dein, du bist meine Braut, und hast mich erlöst.' Sie bat sich aus daß sie noch einmal dürfte zu ihrem Vater gehen, und der Königssohn erlaubte es ihr, sie sollte aber nicht mehr mit ihrem Vater sprechen als drei Worte, und dann sollte sie wiederkommen. Also gieng sie heim, sie sprach aber mehr als drei Worte, da verschwand alsbald der Eisenofen und war weit weg über gläserne Berge und schneidende Schwerter; doch war der Königssohn erlöst, und nicht mehr darin eingeschlossen.

schrappen, sie brachte aber nichts davon. Wie nun der Tag anbrach, riefs im Ofen ‘mich daͤucht es ist Tag draußen.’ Da antwortete sie ‘das daͤucht mich auch, ich meint ich hoͤrte meines Vaters Hoͤrnchen tuͤten.’ ‘So bist du ja eine Schweinehirtentochter, dann geh gleich hinaus, und laß die Koͤnigstochter kommen; und sag ihr es sollt ihr widerfahren, was ich ihr versprochen haͤtte, und wann sie nicht kaͤme, sollte im ganzen Reich alles zerfallen und einstuͤrzen, und kein Stein auf dem andern bleiben.’ Als die Koͤnigstochter das hoͤrte, fieng sie an zu weinen, es war aber nun nicht anders, sie mußte ihr Versprechen halten. Da nahm sie Abschied von ihrem Vater, steckte ein Messer ein, und gieng zu dem Eisenofen in den Wald hinaus. Wie sie nun angekommen war, hub sie an zu schrappen, und das Eisen gab nach, und wie zwei Stunden vorbei waren, hatte sie schon ein kleines Loch geschabt. Da guckte sie hinein, und sah einen so schoͤnen Koͤnigssohn, ach, der glimmerte, daß er ihr recht in der Seele gefiel. Nun da schrappte sie noch weiter fort, und machte das Loch so groß, daß er heraus konnte. Da sprach er ‘du bist mein, und ich bin dein, du bist meine Braut, und hast mich erloͤst.’ Sie bat sich aus daß sie noch einmal duͤrfte zu ihrem Vater gehen, und der Koͤnigssohn erlaubte es ihr, sie sollte aber nicht mehr mit ihrem Vater sprechen als drei Worte, und dann sollte sie wiederkommen. Also gieng sie heim, sie sprach aber mehr als drei Worte, da verschwand alsbald der Eisenofen und war weit weg uͤber glaͤserne Berge und schneidende Schwerter; doch war der Koͤnigssohn erloͤst, und nicht mehr darin eingeschlossen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0234" n="218"/>
schrappen, sie brachte aber nichts davon. Wie nun der Tag anbrach, riefs im Ofen &#x2018;mich da&#x0364;ucht es ist Tag draußen.&#x2019; Da antwortete sie &#x2018;das da&#x0364;ucht mich auch, ich meint ich ho&#x0364;rte meines Vaters Ho&#x0364;rnchen tu&#x0364;ten.&#x2019; &#x2018;So bist du ja eine Schweinehirtentochter, dann geh gleich hinaus, und laß die Ko&#x0364;nigstochter kommen; und sag ihr es sollt ihr widerfahren, was ich ihr versprochen ha&#x0364;tte, und wann sie nicht ka&#x0364;me, sollte im ganzen Reich alles zerfallen und einstu&#x0364;rzen, und kein Stein auf dem andern bleiben.&#x2019; Als die Ko&#x0364;nigstochter das ho&#x0364;rte, fieng sie an zu weinen, es war aber nun nicht anders, sie mußte ihr Versprechen halten. Da nahm sie Abschied von ihrem Vater, steckte ein Messer ein, und gieng zu dem Eisenofen in den Wald hinaus. Wie sie nun angekommen war, hub sie an zu schrappen, und das Eisen gab nach, und wie zwei Stunden vorbei waren, hatte sie schon ein kleines Loch geschabt. Da guckte sie hinein, und sah einen so scho&#x0364;nen Ko&#x0364;nigssohn, ach, der glimmerte, daß er ihr recht in der Seele gefiel. Nun da schrappte sie noch weiter fort, und machte das Loch so groß, daß er heraus konnte. Da sprach er &#x2018;du bist mein, und ich bin dein, du bist meine Braut, und hast mich erlo&#x0364;st.&#x2019; Sie bat sich aus daß sie noch einmal du&#x0364;rfte zu ihrem Vater gehen, und der Ko&#x0364;nigssohn erlaubte es ihr, sie sollte aber nicht mehr mit ihrem Vater sprechen als drei Worte, und dann sollte sie wiederkommen. Also gieng sie heim, sie sprach aber mehr als drei Worte, da verschwand alsbald der Eisenofen und war weit weg u&#x0364;ber gla&#x0364;serne Berge und schneidende Schwerter; doch war der Ko&#x0364;nigssohn erlo&#x0364;st, und nicht mehr darin eingeschlossen.
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0234] schrappen, sie brachte aber nichts davon. Wie nun der Tag anbrach, riefs im Ofen ‘mich daͤucht es ist Tag draußen.’ Da antwortete sie ‘das daͤucht mich auch, ich meint ich hoͤrte meines Vaters Hoͤrnchen tuͤten.’ ‘So bist du ja eine Schweinehirtentochter, dann geh gleich hinaus, und laß die Koͤnigstochter kommen; und sag ihr es sollt ihr widerfahren, was ich ihr versprochen haͤtte, und wann sie nicht kaͤme, sollte im ganzen Reich alles zerfallen und einstuͤrzen, und kein Stein auf dem andern bleiben.’ Als die Koͤnigstochter das hoͤrte, fieng sie an zu weinen, es war aber nun nicht anders, sie mußte ihr Versprechen halten. Da nahm sie Abschied von ihrem Vater, steckte ein Messer ein, und gieng zu dem Eisenofen in den Wald hinaus. Wie sie nun angekommen war, hub sie an zu schrappen, und das Eisen gab nach, und wie zwei Stunden vorbei waren, hatte sie schon ein kleines Loch geschabt. Da guckte sie hinein, und sah einen so schoͤnen Koͤnigssohn, ach, der glimmerte, daß er ihr recht in der Seele gefiel. Nun da schrappte sie noch weiter fort, und machte das Loch so groß, daß er heraus konnte. Da sprach er ‘du bist mein, und ich bin dein, du bist meine Braut, und hast mich erloͤst.’ Sie bat sich aus daß sie noch einmal duͤrfte zu ihrem Vater gehen, und der Koͤnigssohn erlaubte es ihr, sie sollte aber nicht mehr mit ihrem Vater sprechen als drei Worte, und dann sollte sie wiederkommen. Also gieng sie heim, sie sprach aber mehr als drei Worte, da verschwand alsbald der Eisenofen und war weit weg uͤber glaͤserne Berge und schneidende Schwerter; doch war der Koͤnigssohn erloͤst, und nicht mehr darin eingeschlossen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-15T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/234
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/234>, abgerufen am 21.11.2024.