Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.9. Die himmlische Hochzeit. Es hörte einmal ein armer Bauernjunge in der Kirche, wie der Pfarrer sprach 'wer da will ins Himmelreich kommen, muß immer gerad aus gehen.' Da machte er sich auf, und gieng immer zu, ganz gerade ohne abzuweichen, über Berg und Thal. Endlich führte ihn sein Weg in eine große Stadt, und mitten in die Kirche, wo eben Gottesdienst gehalten wurde. Wie er nun all die Herrlichkeit sah, meinte er nun wäre er im Himmel angelangt, setzte sich hin, und war von Herzen froh. Als der Gottesdienst vorbei war, und der Küster ihn hinausgehen hieß, antwortete er 'nein, ich gehe nicht wieder hinaus, ich bin froh, daß ich endlich im Himmel bin.' Da gieng der Küster zum Pfarrer, und sagte ihm es wäre ein Kind in der Kirche, das wollte nicht wieder heraus weil es glaubte es wäre da im Himmelreich. Der Pfarrer sprach 'wenn es das glaubt, so wollen wir es darin lassen.' Darauf gieng er hin, und fragte ob es auch Lust hätte zu arbeiten. 'Ja,' antwortete der Kleine, 'ans Arbeiten wäre er gewohnt, aber aus dem Himmel gienge er nicht wieder heraus.' Nun blieb er in der Kirche, und als er sah wie die Leute zu dem Muttergottesbild mit dem Jesuskind, das aus Holz geschnitten war, kamen, knieten und beteten, dachte er, 'das ist der liebe + 9. Die himmlische Hochzeit. Es hoͤrte einmal ein armer Bauernjunge in der Kirche, wie der Pfarrer sprach ‘wer da will ins Himmelreich kommen, muß immer gerad aus gehen.’ Da machte er sich auf, und gieng immer zu, ganz gerade ohne abzuweichen, uͤber Berg und Thal. Endlich fuͤhrte ihn sein Weg in eine große Stadt, und mitten in die Kirche, wo eben Gottesdienst gehalten wurde. Wie er nun all die Herrlichkeit sah, meinte er nun waͤre er im Himmel angelangt, setzte sich hin, und war von Herzen froh. Als der Gottesdienst vorbei war, und der Kuͤster ihn hinausgehen hieß, antwortete er ‘nein, ich gehe nicht wieder hinaus, ich bin froh, daß ich endlich im Himmel bin.’ Da gieng der Kuͤster zum Pfarrer, und sagte ihm es waͤre ein Kind in der Kirche, das wollte nicht wieder heraus weil es glaubte es waͤre da im Himmelreich. Der Pfarrer sprach ‘wenn es das glaubt, so wollen wir es darin lassen.’ Darauf gieng er hin, und fragte ob es auch Lust haͤtte zu arbeiten. ‘Ja,’ antwortete der Kleine, ‘ans Arbeiten waͤre er gewohnt, aber aus dem Himmel gienge er nicht wieder heraus.’ Nun blieb er in der Kirche, und als er sah wie die Leute zu dem Muttergottesbild mit dem Jesuskind, das aus Holz geschnitten war, kamen, knieten und beteten, dachte er, ‘das ist der liebe + <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0400" n="384"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">9.<lb/> Die himmlische Hochzeit.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">E</hi>s hoͤrte einmal ein armer Bauernjunge in der Kirche, wie der Pfarrer sprach ‘wer da will ins Himmelreich kommen, muß immer gerad aus gehen.’ Da machte er sich auf, und gieng immer zu, ganz gerade ohne abzuweichen, uͤber Berg und Thal. Endlich fuͤhrte ihn sein Weg in eine große Stadt, und mitten in die Kirche, wo eben Gottesdienst gehalten wurde. Wie er nun all die Herrlichkeit sah, meinte er nun waͤre er im Himmel angelangt, setzte sich hin, und war von Herzen froh. Als der Gottesdienst vorbei war, und der Kuͤster ihn hinausgehen hieß, antwortete er ‘nein, ich gehe nicht wieder hinaus, ich bin froh, daß ich endlich im Himmel bin.’ Da gieng der Kuͤster zum Pfarrer, und sagte ihm es waͤre ein Kind in der Kirche, das wollte nicht wieder heraus weil es glaubte es waͤre da im Himmelreich. Der Pfarrer sprach ‘wenn es das glaubt, so wollen wir es darin lassen.’ Darauf gieng er hin, und fragte ob es auch Lust haͤtte zu arbeiten. ‘Ja,’ antwortete der Kleine, ‘ans Arbeiten waͤre er gewohnt, aber aus dem Himmel gienge er nicht wieder heraus.’ Nun blieb er in der Kirche, und als er sah wie die Leute zu dem Muttergottesbild mit dem Jesuskind, das aus Holz geschnitten war, kamen, knieten und beteten, dachte er, ‘das ist der liebe + </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [384/0400]
9.
Die himmlische Hochzeit.
Es hoͤrte einmal ein armer Bauernjunge in der Kirche, wie der Pfarrer sprach ‘wer da will ins Himmelreich kommen, muß immer gerad aus gehen.’ Da machte er sich auf, und gieng immer zu, ganz gerade ohne abzuweichen, uͤber Berg und Thal. Endlich fuͤhrte ihn sein Weg in eine große Stadt, und mitten in die Kirche, wo eben Gottesdienst gehalten wurde. Wie er nun all die Herrlichkeit sah, meinte er nun waͤre er im Himmel angelangt, setzte sich hin, und war von Herzen froh. Als der Gottesdienst vorbei war, und der Kuͤster ihn hinausgehen hieß, antwortete er ‘nein, ich gehe nicht wieder hinaus, ich bin froh, daß ich endlich im Himmel bin.’ Da gieng der Kuͤster zum Pfarrer, und sagte ihm es waͤre ein Kind in der Kirche, das wollte nicht wieder heraus weil es glaubte es waͤre da im Himmelreich. Der Pfarrer sprach ‘wenn es das glaubt, so wollen wir es darin lassen.’ Darauf gieng er hin, und fragte ob es auch Lust haͤtte zu arbeiten. ‘Ja,’ antwortete der Kleine, ‘ans Arbeiten waͤre er gewohnt, aber aus dem Himmel gienge er nicht wieder heraus.’ Nun blieb er in der Kirche, und als er sah wie die Leute zu dem Muttergottesbild mit dem Jesuskind, das aus Holz geschnitten war, kamen, knieten und beteten, dachte er, ‘das ist der liebe +
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2015-05-11T18:40:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-06-15T16:12:00Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |