fiel ihm sein Vater ein, und sein Herz wurde bewegt, und er wünschte ihn einmal heimzusuchen. Die Königin wollte ihn aber nicht fortlassen, und sagte 'ich weiß schon daß es mein Unglück ist,' er ließ ihr aber keine Ruhe bis sie einwilligte. Beim Abschied gab sie ihm noch einen Wünschring, und sprach 'nimm diesen Ring, und steck ihn an deinen Finger, so wirst du alsbald dahin, wo du dich hinwünschest, versetzt, nur mußt du mir versprechen daß du ihn nicht gebrauchst, mich von hier weg zu deinem Vater zu wünschen.' Er versprach ihr das, steckte den Ring an seinen Finger, und wünschte sich heim vor die Stadt, wo sein Vater lebte. Jm Augenblick befand er sich auch dort, und wollte in die Stadt, wie er aber vors Thor kam, wollten ihn die Schildwachen nicht einlassen, weil er so seltsam und reich gekleidet war. Da gieng er auf einen Berg, wo ein Schäfer hütete, tauschte mit diesem die Kleider, und zog den alten Schäferrock an, und gieng also ungestört in die Stadt ein. Als er zu seinem Vater kam, gab er sich zu erkennen, der aber glaubte nimmermehr daß er sein Sohn wäre, und sagte er hätte zwar einen Sohn gehabt, der aber wäre längst todt, doch weil er sehe daß er ein armer dürftiger Schäfer wäre, so wollte er ihm einen Teller voll zu essen geben. Da sprach der Schäfer zu seinen Eltern 'ich bin wahrhaftig euer Sohn, wißt ihr kein Mal an meinem Leibe, woran ihr mich erkennen könnt?' 'Ja,' sagte die Mutter, 'unser Sohn hatte eine Himbeere unter dem rechten Arm.' Er streifte das Hemd zurück, da sahen sie die Himbeere unter seinem rechten Arm, und zweifelten nicht mehr daß es ihr Sohn wäre. Darauf
fiel ihm sein Vater ein, und sein Herz wurde bewegt, und er wuͤnschte ihn einmal heimzusuchen. Die Koͤnigin wollte ihn aber nicht fortlassen, und sagte ‘ich weiß schon daß es mein Ungluͤck ist,’ er ließ ihr aber keine Ruhe bis sie einwilligte. Beim Abschied gab sie ihm noch einen Wuͤnschring, und sprach ‘nimm diesen Ring, und steck ihn an deinen Finger, so wirst du alsbald dahin, wo du dich hinwuͤnschest, versetzt, nur mußt du mir versprechen daß du ihn nicht gebrauchst, mich von hier weg zu deinem Vater zu wuͤnschen.’ Er versprach ihr das, steckte den Ring an seinen Finger, und wuͤnschte sich heim vor die Stadt, wo sein Vater lebte. Jm Augenblick befand er sich auch dort, und wollte in die Stadt, wie er aber vors Thor kam, wollten ihn die Schildwachen nicht einlassen, weil er so seltsam und reich gekleidet war. Da gieng er auf einen Berg, wo ein Schaͤfer huͤtete, tauschte mit diesem die Kleider, und zog den alten Schaͤferrock an, und gieng also ungestoͤrt in die Stadt ein. Als er zu seinem Vater kam, gab er sich zu erkennen, der aber glaubte nimmermehr daß er sein Sohn waͤre, und sagte er haͤtte zwar einen Sohn gehabt, der aber waͤre laͤngst todt, doch weil er sehe daß er ein armer duͤrftiger Schaͤfer waͤre, so wollte er ihm einen Teller voll zu essen geben. Da sprach der Schaͤfer zu seinen Eltern ‘ich bin wahrhaftig euer Sohn, wißt ihr kein Mal an meinem Leibe, woran ihr mich erkennen koͤnnt?’ ‘Ja,’ sagte die Mutter, ‘unser Sohn hatte eine Himbeere unter dem rechten Arm.’ Er streifte das Hemd zuruͤck, da sahen sie die Himbeere unter seinem rechten Arm, und zweifelten nicht mehr daß es ihr Sohn waͤre. Darauf
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fiel ihm sein Vater ein, und sein Herz wurde bewegt, und er wuͤnschte ihn einmal heimzusuchen. Die Koͤnigin wollte ihn aber nicht fortlassen, und sagte ‘ich weiß schon daß es mein Ungluͤck ist,’ er ließ ihr aber keine Ruhe bis sie einwilligte. Beim Abschied gab sie ihm noch einen Wuͤnschring, und sprach ‘nimm diesen Ring, und steck ihn an deinen Finger, so wirst du alsbald dahin, wo du dich hinwuͤnschest, versetzt, nur mußt du mir versprechen daß du ihn nicht gebrauchst, mich von hier weg zu deinem Vater zu wuͤnschen.’ Er versprach ihr das, steckte den Ring an seinen Finger, und wuͤnschte sich heim vor die Stadt, wo sein Vater lebte. Jm Augenblick befand er sich auch dort, und wollte in die Stadt, wie er aber vors Thor kam, wollten ihn die Schildwachen nicht einlassen, weil er so seltsam und reich gekleidet war. Da gieng er auf einen Berg, wo ein Schaͤfer huͤtete, tauschte mit diesem die Kleider, und zog den alten Schaͤferrock an, und gieng also ungestoͤrt in die Stadt ein. Als er zu seinem Vater kam, gab er sich zu erkennen, der aber glaubte nimmermehr daß er sein Sohn waͤre, und sagte er haͤtte zwar einen Sohn gehabt, der aber waͤre laͤngst todt, doch weil er sehe daß er ein armer duͤrftiger Schaͤfer waͤre, so wollte er ihm einen Teller voll zu essen geben. Da sprach der Schaͤfer zu seinen Eltern ‘ich bin wahrhaftig euer Sohn, wißt ihr kein Mal an meinem Leibe, woran ihr mich erkennen koͤnnt?’‘Ja,’ sagte die Mutter, ‘unser Sohn hatte eine Himbeere unter dem rechten Arm.’ Er streifte das Hemd zuruͤck, da sahen sie die Himbeere unter seinem rechten Arm, und zweifelten nicht mehr daß es ihr Sohn waͤre. Darauf
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fiel ihm sein Vater ein, und sein Herz wurde bewegt, und er wuͤnschte ihn einmal heimzusuchen. Die Koͤnigin wollte ihn aber nicht fortlassen, und sagte ‘ich weiß schon daß es mein Ungluͤck ist,’ er ließ ihr aber keine Ruhe bis sie einwilligte. Beim Abschied gab sie ihm noch einen Wuͤnschring, und sprach ‘nimm diesen Ring, und steck ihn an deinen Finger, so wirst du alsbald dahin, wo du dich hinwuͤnschest, versetzt, nur mußt du mir versprechen daß du ihn nicht gebrauchst, mich von hier weg zu deinem Vater zu wuͤnschen.’ Er versprach ihr das, steckte den Ring an seinen Finger, und wuͤnschte sich heim vor die Stadt, wo sein Vater lebte. Jm Augenblick befand er sich auch dort, und wollte in die Stadt, wie er aber vors Thor kam, wollten ihn die Schildwachen nicht einlassen, weil er so seltsam und reich gekleidet war. Da gieng er auf einen Berg, wo ein Schaͤfer huͤtete, tauschte mit diesem die Kleider, und zog den alten Schaͤferrock an, und gieng also ungestoͤrt in die Stadt ein. Als er zu seinem Vater kam, gab er sich zu erkennen, der aber glaubte nimmermehr daß er sein Sohn waͤre, und sagte er haͤtte zwar einen Sohn gehabt, der aber waͤre laͤngst todt, doch weil er sehe daß er ein armer duͤrftiger Schaͤfer waͤre, so wollte er ihm einen Teller voll zu essen geben. Da sprach der Schaͤfer zu seinen Eltern ‘ich bin wahrhaftig euer Sohn, wißt ihr kein Mal an meinem Leibe, woran ihr mich erkennen koͤnnt?’ ‘Ja,’ sagte die Mutter, ‘unser Sohn hatte eine Himbeere unter dem rechten Arm.’ Er streifte das Hemd zuruͤck, da sahen sie die Himbeere unter seinem rechten Arm, und zweifelten nicht mehr daß es ihr Sohn waͤre. Darauf
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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/61>, abgerufen am 18.02.2025.
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