Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

es verlosch, stand der Frostige mitten in der Asche, zitterte wie ein Espenlaub, und sprach 'so hab ich mein Lebtage noch nicht gefroren, und wenns länger gedauert hätte, wär ich im Frost erstarrt.'

Nun war keine Ausflucht mehr zu finden, die schöne Jungfrau mußte mit dem Königssohn sich vermählen. Als sie aber nach der Kirche fuhren, sprach die Alte 'ich kanns nimmermehr zugeben,' und schickte ihr Kriegsvolk nach, das sollte alles niedermachen, was ihm vorkäme, und ihr die Tochter zurückbringen. Der Horcher aber hatte die Ohren gespitzt, und die heimlichen Reden der Alten angehört, und sagte es dem Dicken, der wußte Rath, speite einmal oder zweimal aus hinter dem Wagen, da entstand ein groß Wasser, worin die Kriegsvölker stecken blieben und ertranken. Als sie nicht zurückkamen, schickte die Alte ganz geharnischte Reiter, aber der Horcher hörte sie kommen, und band dem einen die Augen auf, der guckte die Feinde ein bischen scharf an, da sprangen sie aus einander wie Glas. Nun fuhren sie ungestört weiter, und als sie in der Kirche verheirathet und eingesegnet waren, nahmen die sechs Diener ihren Abschied, und sprachen 'wir wollen weiter unser Glück in der Welt versuchen.'

Eine halbe Stunde vor dem Schloß war ein Dorf, vor dem hütete ein Schweinehirt seine Herde; wie sie dahin kamen, sprach er zu seiner Frau 'weißt du auch recht wer ich bin? ich bin kein Königssohn, sondern ein Schweinehirt, und der mit der Herde dort, das ist mein Vater, und nun müssen wir zwei auch daran, und ihm helfen hüten.' Dann stieg er mit ihr in ein Wirthshaus ab, und sagte heimlich zu den Wirthsleuten in der Nacht sollten

es verlosch, stand der Frostige mitten in der Asche, zitterte wie ein Espenlaub, und sprach ‘so hab ich mein Lebtage noch nicht gefroren, und wenns länger gedauert hätte, wär ich im Frost erstarrt.’

Nun war keine Ausflucht mehr zu finden, die schöne Jungfrau mußte mit dem Königssohn sich vermählen. Als sie aber nach der Kirche fuhren, sprach die Alte ‘ich kanns nimmermehr zugeben,’ und schickte ihr Kriegsvolk nach, das sollte alles niedermachen, was ihm vorkäme, und ihr die Tochter zurückbringen. Der Horcher aber hatte die Ohren gespitzt, und die heimlichen Reden der Alten angehört, und sagte es dem Dicken, der wußte Rath, speite einmal oder zweimal aus hinter dem Wagen, da entstand ein groß Wasser, worin die Kriegsvölker stecken blieben und ertranken. Als sie nicht zurückkamen, schickte die Alte ganz geharnischte Reiter, aber der Horcher hörte sie kommen, und band dem einen die Augen auf, der guckte die Feinde ein bischen scharf an, da sprangen sie aus einander wie Glas. Nun fuhren sie ungestört weiter, und als sie in der Kirche verheirathet und eingesegnet waren, nahmen die sechs Diener ihren Abschied, und sprachen ‘wir wollen weiter unser Glück in der Welt versuchen.’

Eine halbe Stunde vor dem Schloß war ein Dorf, vor dem hütete ein Schweinehirt seine Herde; wie sie dahin kamen, sprach er zu seiner Frau ‘weißt du auch recht wer ich bin? ich bin kein Königssohn, sondern ein Schweinehirt, und der mit der Herde dort, das ist mein Vater, und nun müssen wir zwei auch daran, und ihm helfen hüten.’ Dann stieg er mit ihr in ein Wirthshaus ab, und sagte heimlich zu den Wirthsleuten in der Nacht sollten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0281" n="271"/>
es verlosch, stand der Frostige mitten in der Asche, zitterte wie ein Espenlaub, und sprach &#x2018;so hab ich mein Lebtage noch nicht gefroren, und wenns länger gedauert hätte, wär ich im Frost erstarrt.&#x2019;</p><lb/>
        <p>Nun war keine Ausflucht mehr zu finden, die schöne Jungfrau mußte mit dem Königssohn sich vermählen. Als sie aber nach der Kirche fuhren, sprach die Alte &#x2018;ich kanns nimmermehr zugeben,&#x2019; und schickte ihr Kriegsvolk nach, das sollte alles niedermachen, was ihm vorkäme, und ihr die Tochter zurückbringen. Der Horcher aber hatte die Ohren gespitzt, und die heimlichen Reden der Alten angehört, und sagte es dem Dicken, der wußte Rath, speite einmal oder zweimal aus hinter dem Wagen, da entstand ein groß Wasser, worin die Kriegsvölker stecken blieben und ertranken. Als sie nicht zurückkamen, schickte die Alte ganz geharnischte Reiter, aber der Horcher hörte sie kommen, und band dem einen die Augen auf, der guckte die Feinde ein bischen scharf an, da sprangen sie aus einander wie Glas. Nun fuhren sie ungestört weiter, und als sie in der Kirche verheirathet und eingesegnet waren, nahmen die sechs Diener ihren Abschied, und sprachen &#x2018;wir wollen weiter unser Glück in der Welt versuchen.&#x2019;</p><lb/>
        <p>Eine halbe Stunde vor dem Schloß war ein Dorf, vor dem hütete ein Schweinehirt seine Herde; wie sie dahin kamen, sprach er zu seiner Frau &#x2018;weißt du auch recht wer ich bin? ich bin kein Königssohn, sondern ein Schweinehirt, und der mit der Herde dort, das ist mein Vater, und nun müssen wir zwei auch daran, und ihm helfen hüten.&#x2019; Dann stieg er mit ihr in ein Wirthshaus ab, und sagte heimlich zu den Wirthsleuten in der Nacht sollten
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[271/0281] es verlosch, stand der Frostige mitten in der Asche, zitterte wie ein Espenlaub, und sprach ‘so hab ich mein Lebtage noch nicht gefroren, und wenns länger gedauert hätte, wär ich im Frost erstarrt.’ Nun war keine Ausflucht mehr zu finden, die schöne Jungfrau mußte mit dem Königssohn sich vermählen. Als sie aber nach der Kirche fuhren, sprach die Alte ‘ich kanns nimmermehr zugeben,’ und schickte ihr Kriegsvolk nach, das sollte alles niedermachen, was ihm vorkäme, und ihr die Tochter zurückbringen. Der Horcher aber hatte die Ohren gespitzt, und die heimlichen Reden der Alten angehört, und sagte es dem Dicken, der wußte Rath, speite einmal oder zweimal aus hinter dem Wagen, da entstand ein groß Wasser, worin die Kriegsvölker stecken blieben und ertranken. Als sie nicht zurückkamen, schickte die Alte ganz geharnischte Reiter, aber der Horcher hörte sie kommen, und band dem einen die Augen auf, der guckte die Feinde ein bischen scharf an, da sprangen sie aus einander wie Glas. Nun fuhren sie ungestört weiter, und als sie in der Kirche verheirathet und eingesegnet waren, nahmen die sechs Diener ihren Abschied, und sprachen ‘wir wollen weiter unser Glück in der Welt versuchen.’ Eine halbe Stunde vor dem Schloß war ein Dorf, vor dem hütete ein Schweinehirt seine Herde; wie sie dahin kamen, sprach er zu seiner Frau ‘weißt du auch recht wer ich bin? ich bin kein Königssohn, sondern ein Schweinehirt, und der mit der Herde dort, das ist mein Vater, und nun müssen wir zwei auch daran, und ihm helfen hüten.’ Dann stieg er mit ihr in ein Wirthshaus ab, und sagte heimlich zu den Wirthsleuten in der Nacht sollten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2017-11-08T15:10:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-01T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/281
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 5. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1843, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1843/281>, abgerufen am 20.05.2024.