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Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811.

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wachsen. Reimar, Walter, Robin, Sonnenburger sind dahin,
Marner, Ofterdingen, Wolfram und Klinsor (deren beider
Gedicht meisterlich) -- Meisner, Meister Conrad sind nun die
besten mit ihrem gemessenen, ebenen Gesang. -- Ich wieder-
hohle hier nicht die vorigen Bemerkungen, sondern füge die
sich aufdringende hinzu, daß wenn wir ausgemachte Meister zum
Theil über verlorenen Minnesang klagen hören, uns Buwen-
bergs Klage (2. 181.) gar nicht befremdet, welchen Docen
für nur Minnesinger zu halten scheint. (S. 458.)

8b. Reinmars Stelle vom Seven bei Adelung 1. 95. welche
Docen 449. dadurch zu schwächen sucht, daß er zwar die
Meister als solche zugibt, über die sich Lütolt erhebt, ihn selbst
aber als keinen darstellt. Das ist wenigstens gezwungen und
mit nichts wahrscheinlich gemacht.

9. Ganzes wichtiges Lied des Hadloub (2. 187.): nirgends
finde man so viel Lieder gesammelt, als im Züricher Buche,
deß prüft man oft da Meistersang, die Singer möchten sich
des Maneßen Hof neigen und sein Lob allerwärts prüfen, er
und sein Sohn werbe nach allem guten und edeln Gesang.
Den Sang, welcher der Frauen Lob mehrt, wollen sie nicht
zergehen lassen. Der Sang komme von edlem Sinne, durch
klare Frauen und edle Minne, der Weiber Süßigkeit treibe
gut Gedicht, und süß Getöne aus den Herzen.

Nichts kann klärer seyn, denn dieses Lied, das noch so
spät den schönen Grund des Meistersangs erkennt. Es denkt
eben so offenbar nur an die Minnelieder unserer eigenen ma-
neßischen Sammlung, als es gewiß nur von Meistersang
spricht.

10. Meister Gervelyn klaget (CXCIV.): manche Neider sin-
gen vor den Herren ohne der Kunst zu haben, diese lassen es
sich gefallen, so lange niemand anders da ist, "wenn aber die
Meister kommen" hat es bald ein Ende. Unter diesen Nei-
dern kann man Volksspielleute verstehen oder schlechte Nachah-

wachſen. Reimar, Walter, Robin, Sonnenburger ſind dahin,
Marner, Ofterdingen, Wolfram und Klinſor (deren beider
Gedicht meiſterlich) — Meiſner, Meiſter Conrad ſind nun die
beſten mit ihrem gemeſſenen, ebenen Geſang. — Ich wieder-
hohle hier nicht die vorigen Bemerkungen, ſondern fuͤge die
ſich aufdringende hinzu, daß wenn wir ausgemachte Meiſter zum
Theil uͤber verlorenen Minneſang klagen hoͤren, uns Buwen-
bergs Klage (2. 181.) gar nicht befremdet, welchen Docen
fuͤr nur Minneſinger zu halten ſcheint. (S. 458.)

8b. Reinmars Stelle vom Seven bei Adelung 1. 95. welche
Docen 449. dadurch zu ſchwaͤchen ſucht, daß er zwar die
Meiſter als ſolche zugibt, uͤber die ſich Luͤtolt erhebt, ihn ſelbſt
aber als keinen darſtellt. Das iſt wenigſtens gezwungen und
mit nichts wahrſcheinlich gemacht.

9. Ganzes wichtiges Lied des Hadloub (2. 187.): nirgends
finde man ſo viel Lieder geſammelt, als im Zuͤricher Buche,
deß pruͤft man oft da Meiſterſang, die Singer moͤchten ſich
des Maneßen Hof neigen und ſein Lob allerwaͤrts pruͤfen, er
und ſein Sohn werbe nach allem guten und edeln Geſang.
Den Sang, welcher der Frauen Lob mehrt, wollen ſie nicht
zergehen laſſen. Der Sang komme von edlem Sinne, durch
klare Frauen und edle Minne, der Weiber Suͤßigkeit treibe
gut Gedicht, und ſuͤß Getoͤne aus den Herzen.

Nichts kann klaͤrer ſeyn, denn dieſes Lied, das noch ſo
ſpaͤt den ſchoͤnen Grund des Meiſterſangs erkennt. Es denkt
eben ſo offenbar nur an die Minnelieder unſerer eigenen ma-
neßiſchen Sammlung, als es gewiß nur von Meiſterſang
ſpricht.

10. Meiſter Gervelyn klaget (CXCIV.): manche Neider ſin-
gen vor den Herren ohne der Kunſt zu haben, dieſe laſſen es
ſich gefallen, ſo lange niemand anders da iſt, „wenn aber die
Meiſter kommen“ hat es bald ein Ende. Unter dieſen Nei-
dern kann man Volksſpielleute verſtehen oder ſchlechte Nachah-

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[90/0100] wachſen. Reimar, Walter, Robin, Sonnenburger ſind dahin, Marner, Ofterdingen, Wolfram und Klinſor (deren beider Gedicht meiſterlich) — Meiſner, Meiſter Conrad ſind nun die beſten mit ihrem gemeſſenen, ebenen Geſang. — Ich wieder- hohle hier nicht die vorigen Bemerkungen, ſondern fuͤge die ſich aufdringende hinzu, daß wenn wir ausgemachte Meiſter zum Theil uͤber verlorenen Minneſang klagen hoͤren, uns Buwen- bergs Klage (2. 181.) gar nicht befremdet, welchen Docen fuͤr nur Minneſinger zu halten ſcheint. (S. 458.) 8b. Reinmars Stelle vom Seven bei Adelung 1. 95. welche Docen 449. dadurch zu ſchwaͤchen ſucht, daß er zwar die Meiſter als ſolche zugibt, uͤber die ſich Luͤtolt erhebt, ihn ſelbſt aber als keinen darſtellt. Das iſt wenigſtens gezwungen und mit nichts wahrſcheinlich gemacht. 9. Ganzes wichtiges Lied des Hadloub (2. 187.): nirgends finde man ſo viel Lieder geſammelt, als im Zuͤricher Buche, deß pruͤft man oft da Meiſterſang, die Singer moͤchten ſich des Maneßen Hof neigen und ſein Lob allerwaͤrts pruͤfen, er und ſein Sohn werbe nach allem guten und edeln Geſang. Den Sang, welcher der Frauen Lob mehrt, wollen ſie nicht zergehen laſſen. Der Sang komme von edlem Sinne, durch klare Frauen und edle Minne, der Weiber Suͤßigkeit treibe gut Gedicht, und ſuͤß Getoͤne aus den Herzen. Nichts kann klaͤrer ſeyn, denn dieſes Lied, das noch ſo ſpaͤt den ſchoͤnen Grund des Meiſterſangs erkennt. Es denkt eben ſo offenbar nur an die Minnelieder unſerer eigenen ma- neßiſchen Sammlung, als es gewiß nur von Meiſterſang ſpricht. 10. Meiſter Gervelyn klaget (CXCIV.): manche Neider ſin- gen vor den Herren ohne der Kunſt zu haben, dieſe laſſen es ſich gefallen, ſo lange niemand anders da iſt, „wenn aber die Meiſter kommen“ hat es bald ein Ende. Unter dieſen Nei- dern kann man Volksſpielleute verſtehen oder ſchlechte Nachah-

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Über den altdeutschen Meistergesang. Göttingen, 1811, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_meistergesang_1811/100>, abgerufen am 21.11.2024.